Warum ist M-Net in Schwierigkeiten?
Der Internet-Anbieter versorgt tausende Haushalte und Firmen in der Region. Jetzt hat sich die Firma mit einem missglückten Auftrag Ärger eingehandelt. Was dahintersteckt und welche Auswirkungen der Fall haben könnte
Augsburg Was passiert eigentlich, wenn ein Internetanbieter pleitegeht? Diese Frage stellen sich gerade viele Kunden von M-Net. Das Unternehmen, an dem neben den Stadtwerken München als Hauptgesellschafter unter anderem die Stadtwerke Augsburg und das Allgäuer Überlandwerk beteiligt sind, hat Ärger mit einem Auftrag in der Oberpfalz. Wegen drohender Schadenersatzzahlungen kursieren seit Wochen Insolvenzgerüchte. Wir erklären, was dahintersteckt:
Was ist das für ein Auftrag, der M-Net in Schwierigkeiten bringt? Der Landkreis Cham hat 2017 den Bau eines Glasfasernetzes ausgeschrieben. Es geht um 1500 Kilometer Leitungen für 37 Gemeinden. M-Net hat den Auftrag ergattert und sich einen „Infrastrukturpartner“gesucht – also eine Firma, die Straßen aufbaggert und die Leitungen verlegt. Allerdings hat sich M-Net offenbar auf mündliche Zusagen des Bauunternehmens verlassen. Faktisch wurden bislang kaum Leitungen verlegt. Der Landkreis ist entsprechend unzufrieden mit M-Net, das sich inzwischen einen neuen Subunternehmer gesucht hat. Dabei stellte sich heraus, dass der ursprünglich angebotene Preis von rund 58 Millionen Euro nicht zu halten ist. Das Verlegen der Leitungen soll jetzt deutlich über 100 Millionen Euro kosten. Auf den Mehrkosten droht M-Net sitzen zu bleiben.
Droht M-Net nun tatsächlich die Insolvenz? Münchner Zeitungen spekulieren über eine Schadenshöhe von bis zu 100 Millionen Euro und eine drohende Insolvenz. Hannes Lindhuber, Chef der Unternehmenskommunikation, versichert im Gespräch mit unserer Redaktion allerdings, dass an den Gerüchten nichts dran sei. Klar ist aber, dass dieses missglückte Geschäft teuer wird – für M-Net und damit auch für die Gesellschafter. Der Münchner Stadtrat hat den dortigen Stadtwerken bereits genehmigt, Geld nachzuschießen, um das Eigenkapital von M-Net zu erhöhen. Andere Gesellschafter halten das für voreilig: Man müsse erst einmal eine Lösung mit dem Landkreis Cham vereinbaren, um zu wissen, wie hoch der Schaden ist, heißt es. Müssen nun auch die M-Net-Kunden in nächster Zeit mit Problemen rechnen?
Das Unternehmen versorgt rund 450000 Privat- und Geschäftskunden in Bayern sowie Teilen von Baden-Württemberg und Hessen. Sie sind laut M-Net nicht von den aktuellen Schwierigkeiten betroffen. „Die offenen Fragen betreffen ausschließlich das Ausbauprojekt in Cham und haben keine Auswirkungen auf andere laufende Ausbauprojekte oder auf unsere Kunden in anderen Regionen“, teilt das Unternehmen mit. Es sei „selbstverständlich sichergestellt, dass unsere Kunden weiterhin ihre gewohnten Leistungen erhalten“.
Können Kunden ihren Vertrag mit M-Net aufgrund der Probleme kündigen?
Nein, sagt Peter Lassek. Der Jurist der Verbraucherzentrale Hessen erläutert, dass Kunden keine Möglichkeit haben, vorzeitig aus einem Vertrag herauszukommen, solange ein Anbieter zuverlässig seine Leistung erbringt – und das ist bei M-Net der Fall. Das könne sogar noch gelten, wenn ein Unternehmen Insolvenz anmelden muss. „Für eine Sonderkündigung muss es gravierende Gründe geben“, sagt Lassek. Zum Beispiel ein Umzug an einen Ort, an dem die bisherigen Leistungen nicht angeboten werden. Verbraucher können dann kündigen. Allerdings gilt stets eine Frist von drei Monaten, die erst mit dem tatsächlichen Umzug beginnt. Drohen den Gesellschaftern von M-Net durch die Entwicklung zusätzliche Kosten?
Die Stadtwerke Augsburg sind mit 13,2 Prozent an M-Net beteiligt. 9,2 Prozent des Unternehmens gehören dem Allgäuer Überlandwerk. Dessen Geschäftsführer Michael Lucke betont, sein Unternehmen habe mit M-Net „viele Breitbanderschließungen gemeinsam umgesetzt“, das sei ein erfolgreiches Modell. Die Beteiligung an M-Net sei in der Vergangenheit wirtschaftlich erfolgreich gewesen, die jährliche Ausschüttung an den Allgäuer Versorger habe zwischen 250000 und 500000 Euro gelegen. Die Debatte, ob die Stadtwerke München und die anderen Gesellschafter Kapital nachschießen müssen, hält er für verfrüht: „Ich gehe davon aus, dass M-Net den Schaden allein tragen kann“, sagt Lucke. Allerdings gebe es unabhängig von dem missglückten Geschäft eine Diskussion darüber, ob die Gesellschafter das Eigenkapital für M-Net aufstocken. Der Grund sei, dass in den kommenden Jahren deutlich höhere Netzkapazitäten verlangt würden, deshalb müsse man in Technik investieren, erläutert Lucke.
Wie könnte das Problem in Cham gelöst werden?
Denkbar ist, dass dort eine abgespeckte Version des Glasfasernetzes gebaut wird und Teile der Region mit Richtfunk-Stationen für schnelles Internet versorgt werden. Das würde die Baukosten senken, M-Net müsste aber möglicherweise trotzdem Schadenersatz an den Landkreis Cham zahlen. Ziel der Gesellschafter ist eine außergerichtliche Einigung.