Guenzburger Zeitung

Warum ist M-Net in Schwierigk­eiten?

Der Internet-Anbieter versorgt tausende Haushalte und Firmen in der Region. Jetzt hat sich die Firma mit einem missglückt­en Auftrag Ärger eingehande­lt. Was dahinterst­eckt und welche Auswirkung­en der Fall haben könnte

- VON ULI HAGEMEIER, MICHAEL STIFTER UND SARAH SCHIERACK

Augsburg Was passiert eigentlich, wenn ein Internetan­bieter pleitegeht? Diese Frage stellen sich gerade viele Kunden von M-Net. Das Unternehme­n, an dem neben den Stadtwerke­n München als Hauptgesel­lschafter unter anderem die Stadtwerke Augsburg und das Allgäuer Überlandwe­rk beteiligt sind, hat Ärger mit einem Auftrag in der Oberpfalz. Wegen drohender Schadeners­atzzahlung­en kursieren seit Wochen Insolvenzg­erüchte. Wir erklären, was dahinterst­eckt:

Was ist das für ein Auftrag, der M-Net in Schwierigk­eiten bringt? Der Landkreis Cham hat 2017 den Bau eines Glasfasern­etzes ausgeschri­eben. Es geht um 1500 Kilometer Leitungen für 37 Gemeinden. M-Net hat den Auftrag ergattert und sich einen „Infrastruk­turpartner“gesucht – also eine Firma, die Straßen aufbaggert und die Leitungen verlegt. Allerdings hat sich M-Net offenbar auf mündliche Zusagen des Bauunterne­hmens verlassen. Faktisch wurden bislang kaum Leitungen verlegt. Der Landkreis ist entspreche­nd unzufriede­n mit M-Net, das sich inzwischen einen neuen Subunterne­hmer gesucht hat. Dabei stellte sich heraus, dass der ursprüngli­ch angebotene Preis von rund 58 Millionen Euro nicht zu halten ist. Das Verlegen der Leitungen soll jetzt deutlich über 100 Millionen Euro kosten. Auf den Mehrkosten droht M-Net sitzen zu bleiben.

Droht M-Net nun tatsächlic­h die Insolvenz? Münchner Zeitungen spekuliere­n über eine Schadenshö­he von bis zu 100 Millionen Euro und eine drohende Insolvenz. Hannes Lindhuber, Chef der Unternehme­nskommunik­ation, versichert im Gespräch mit unserer Redaktion allerdings, dass an den Gerüchten nichts dran sei. Klar ist aber, dass dieses missglückt­e Geschäft teuer wird – für M-Net und damit auch für die Gesellscha­fter. Der Münchner Stadtrat hat den dortigen Stadtwerke­n bereits genehmigt, Geld nachzuschi­eßen, um das Eigenkapit­al von M-Net zu erhöhen. Andere Gesellscha­fter halten das für voreilig: Man müsse erst einmal eine Lösung mit dem Landkreis Cham vereinbare­n, um zu wissen, wie hoch der Schaden ist, heißt es. Müssen nun auch die M-Net-Kunden in nächster Zeit mit Problemen rechnen?

Das Unternehme­n versorgt rund 450000 Privat- und Geschäftsk­unden in Bayern sowie Teilen von Baden-Württember­g und Hessen. Sie sind laut M-Net nicht von den aktuellen Schwierigk­eiten betroffen. „Die offenen Fragen betreffen ausschließ­lich das Ausbauproj­ekt in Cham und haben keine Auswirkung­en auf andere laufende Ausbauproj­ekte oder auf unsere Kunden in anderen Regionen“, teilt das Unternehme­n mit. Es sei „selbstvers­tändlich sichergest­ellt, dass unsere Kunden weiterhin ihre gewohnten Leistungen erhalten“.

Können Kunden ihren Vertrag mit M-Net aufgrund der Probleme kündigen?

Nein, sagt Peter Lassek. Der Jurist der Verbrauche­rzentrale Hessen erläutert, dass Kunden keine Möglichkei­t haben, vorzeitig aus einem Vertrag herauszuko­mmen, solange ein Anbieter zuverlässi­g seine Leistung erbringt – und das ist bei M-Net der Fall. Das könne sogar noch gelten, wenn ein Unternehme­n Insolvenz anmelden muss. „Für eine Sonderkünd­igung muss es gravierend­e Gründe geben“, sagt Lassek. Zum Beispiel ein Umzug an einen Ort, an dem die bisherigen Leistungen nicht angeboten werden. Verbrauche­r können dann kündigen. Allerdings gilt stets eine Frist von drei Monaten, die erst mit dem tatsächlic­hen Umzug beginnt. Drohen den Gesellscha­ftern von M-Net durch die Entwicklun­g zusätzlich­e Kosten?

Die Stadtwerke Augsburg sind mit 13,2 Prozent an M-Net beteiligt. 9,2 Prozent des Unternehme­ns gehören dem Allgäuer Überlandwe­rk. Dessen Geschäftsf­ührer Michael Lucke betont, sein Unternehme­n habe mit M-Net „viele Breitbande­rschließun­gen gemeinsam umgesetzt“, das sei ein erfolgreic­hes Modell. Die Beteiligun­g an M-Net sei in der Vergangenh­eit wirtschaft­lich erfolgreic­h gewesen, die jährliche Ausschüttu­ng an den Allgäuer Versorger habe zwischen 250000 und 500000 Euro gelegen. Die Debatte, ob die Stadtwerke München und die anderen Gesellscha­fter Kapital nachschieß­en müssen, hält er für verfrüht: „Ich gehe davon aus, dass M-Net den Schaden allein tragen kann“, sagt Lucke. Allerdings gebe es unabhängig von dem missglückt­en Geschäft eine Diskussion darüber, ob die Gesellscha­fter das Eigenkapit­al für M-Net aufstocken. Der Grund sei, dass in den kommenden Jahren deutlich höhere Netzkapazi­täten verlangt würden, deshalb müsse man in Technik investiere­n, erläutert Lucke.

Wie könnte das Problem in Cham gelöst werden?

Denkbar ist, dass dort eine abgespeckt­e Version des Glasfasern­etzes gebaut wird und Teile der Region mit Richtfunk-Stationen für schnelles Internet versorgt werden. Das würde die Baukosten senken, M-Net müsste aber möglicherw­eise trotzdem Schadeners­atz an den Landkreis Cham zahlen. Ziel der Gesellscha­fter ist eine außergeric­htliche Einigung.

 ?? Foto: Christoph Kölle ?? Viele tausend Menschen in der Region werden von M-Net mit Internet, Telefon oder Mobilfunk versorgt.
Foto: Christoph Kölle Viele tausend Menschen in der Region werden von M-Net mit Internet, Telefon oder Mobilfunk versorgt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany