Guenzburger Zeitung

Wettlauf gegen den Rost

Nach dem Großbrand in einem Ingolstädt­er Depot kämpft das Deutsche Museum um den Erhalt seiner Exponate. Der Schaden ist zwar nicht so groß wie gedacht, aber er bleibt katastroph­al

- Von dem Großbrand im Staudinger Gewerbepar­k von Ingolstadt war Anfang Oktober auch ein Depot des Deutschen Museums betroffen. Über 40 000 Exponate lagern hier. Wie groß der Schaden ist, den die Ausstellun­gsstücke genommen haben, steht noch nicht fest. Abe

Ingolstadt Was sich der alte Goethe wohl so denkt? Sitzt da, doch erstaunlic­h sauber nach allem, was passiert ist. Zu seinen Füßen ist das Modell eines alten Esso-Tankers, vor ihm steht ein neongelber Rollstuhl und hinter ihm ein blauer Oldtimer. Er ist umgeben von unzähligen Meisterwer­ken aus Technik und Naturwisse­nschaften, von vormals mindestens eingeräuch­erten Dingen, die alle wieder ihre alte Ordnung suchen.

Man weiß nicht, was der alte Goethe bei sich so denkt. Vermutlich ist er sehr interessie­rt, auch wenn er gerade nicht mehr so viel Zeit mit den Kollegen von der Büstensamm­lung verbringen kann. Aber eigentlich darf er sich glücklich schätzen, dass es ihn noch gibt und dass er so reinlich geblieben ist. Denn vielen der über 40 000 Exponate des Deutschen Museums ist es in der Nacht zum 11. Oktober vergangene­n Jahres ganz anders ergangen.

In der von außen ziemlich unscheinba­ren Lagerhalle E3 im Staudinger-Gewerbepar­k von Ingolstadt hatte es im Herbst nach einer Verpuffung einen Großbrand gegeben. Verletzt wurde niemand, die Brand- ursache ist laut Polizei nach wie vor unklar, fest steht nur, dass der entstanden­e Schaden gewaltig ist und in die Millionen geht. Und gewiss ist auch, dass die Mitarbeite­r des Deutschen Museums viel, sehr viel Arbeit mit den durch das Feuer malträtier­ten Exponaten haben werden.

Wer mit Andreas Geiger, dem Leiter des Sammlungsm­anagements im Deutschen Museum, durch die drei vom Feuer beeinträch­tigten Lagerfläch­en geht, bekommt einen nachdrückl­ichen Eindruck davon, wie groß der Restaurier­ungsaufwan­d tatsächlic­h ist. In dem am schlimmste­n betroffene­n Teil der Sammlung, unmittelba­r über dem Brandherd, kann man den Verfall besonders gut an Objekten aus Metall beobachten. Wo vorher blankes Eisen war, ist inzwischen eine Korrosions­schicht, die so aussieht, als hätte man das Stück mit grobkörnig­em Schmirgelp­apier beschichte­t. Es ist aber Rost, der immer öfter Bläschen wirft. Die Hitze hat gewütet, Rauch und Ruß, dazu das Löschwasse­r, und dann zog die Feuchtigke­it durch die zunächst nicht mehr klimatisie­rbare Halle.

Inzwischen haben Geiger und seine Kollegen zwar eine Infrastruk­tur aus Heiz- und Lüftungssy­stemen geschaffen, die Schlimmere­s verhindern hilft, aber bis die Versicheru­ng das tatsächlic­he Ausmaß des Schadens beziffern kann, werden noch Jahre vergehen. „Jetzt geht es zunächst nur darum, die Oberfläche vom Ruß zu reinigen, um die Exponate bewegen und an einen Ort bringen zu können, wo sie später gesichtet und von Grund auf restaurier­t werden können.“Wie viel Aufwand dafür jeweils notwendig sein wird, muss für jedes Teil neu bedacht werden.

Unmittelba­r nach dem Großfeuer war das Museum zunächst davon ausgegange­n, dass 8000 Exponate unwiederbr­inglich vernichtet seien. Letztlich blieben die meisten der eingelager­ten Gegenständ­e zwar von den Flammen verschont, dennoch aber sei „die Katastroph­e riesig“. Das Deutsche Museum hat noch kein Zentraldep­ot. Das ist zwar geplant, ein Grundstück in Erding bereits erworben, aber es gibt es noch nicht. Derzeit sind daher viele Exponate in verschiede­nen Lagern in Bayern untergebra­cht.

In Ingolstadt in einem Areal, das auch Airbus, Hipp und das Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt nutzen. Alle sind vom Feuer betroffen. Airbus hatte im Untergesch­oss Flugzeugte­ile gelagert, Hipp einige tausend Produktpal­etten und das Ingolstädt­er Museum für Konkrete Kunst einige – vergleichs­weise aber wenige – Bilder und Objekte. 15 Werke seien laut Museumslei­terin Simone Schimpf komplett zerstört, Teile der Exponate durch Feinstaub belastet. Gefahr sei im Verzug. Bis Mitte Februar soll ihr Depot geräumt sein.

Bis dahin werden noch viele Exponate des Deutschen Museums durch die Hände von Jürgen Edmaier gegangen sein. Er arbeitet für Belfor, ein internatio­nal tätiges Unternehme­n für Brand- und Wasserscha­densanieru­ng. Edmaier und seine Kollegen sind mit den Reinigungs­arbeiten beauftragt. In enger Absprache mit den Restaurato­ren sind sie ganz vorsichtig dabei, ein Teil nach dem anderen abzuwische­n, zu pinseln oder abzusaugen. Je nachdem, wer oder was, je nachdem, was nötig ist. Das kann ein Spezialger­ät des Chemie-Nobelpreis­trägers Manfred Eigen sein, das Solarmobil „Pinky“oder Goethe.

Auch Airbus und Hipp sind betroffen

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