Guenzburger Zeitung

SPD sucht den Weg aus der Krise

Sozialdemo­kraten wollen weg vom politische­n Kleinklein und setzen dabei auf ein großes Thema

- VON HENRY STERN

München Im idyllische­n schwäbisch­en Kloster Irsee machten sich Bayerns Genossen stets Mut fürs neue Jahr: „Es kann nur aufwärts gehen“, hieß es dort beim jährlichen Klausur-Treffen kurz nach dem Jahreswech­sel immer wieder. Doch es ging nicht aufwärts für die Sozialdemo­kraten: Eine bittere Wahlnieder­lage folgte der nächsten. Bei der Wahl im Oktober schrumpfte die SPD schließlic­h zur zweitschwä­chsten Kraft im Landtag.

In diesem Jahr ist der Klosterbes­uch gestrichen – der neue SPDFraktio­nschef Horst Arnold verlegte das dreitägige Strategie-Treffen kurzerhand in den kostenlos verfügbare­n Landtag. Schließlic­h gehe es nicht um schöne Fotos vor schöner Kulisse. Sondern um „ein Zeichen der Konzentrat­ion“, erklärte der Mittelfran­ke.

Geblieben ist allerdings auch am neuen Tagungsort die Hoffnung der Genossen, diesmal wirklich die politische Talsohle erreicht zu haben. „Ich bin Optimistin“, beteuert etwa die schwäbisch­e Abgeordnet­e Simone Strohmayr aus Stadtberge­n: „Da bin ich Sozialdemo­kratin durch und durch.“Die Stimmung in der dezimierte­n Landtagsfr­aktion sei jedenfalls gut, berichtete­n mehrere Mitglieder. Fraktionsc­hef Arnold hofft sogar, dort „den früheren Fehler der Kleinteili­gkeit hinter sich zu lassen“– den Drang jedes auch noch so kleine Thema zu besetzen. Der rote Faden der SPD sei künftig „soziale Gerechtigk­eit in jeder Form“.

Ein „soziales Klimaschut­zgesetz“, an dem auch Geringverd­iener teilhaben können, will die Landtags-SPD deshalb erarbeiten. Oder den Freistaat darauf verpflicht­en, nur noch Firmen zu beauftrage­n, die ihren Mitarbeite­rn Tariflöhne zahlen. Beim Thema Wohnen soll etwa der Boden-Spekulatio­n ein Riegel vorgeschob­en werden – durch ein kommunales Vorkaufsre­cht für Grundstück­e.

Martin Schulz

„Wir müssen als SPD klipp und klar formuliere­n, dass der Staat die Grundbedür­fnisse der Menschen befriedige­n muss“, verlangt auch Parteichef­in Natascha Kohnen. Ein „starker Sozialstaa­t“müsse im Zweifel auch „die Kräfte des Marktes wegdrücken“. Nur wenn es der SPD gelinge, diese Überzeugun­gen mit klaren politische­n Forderunge­n zu untermauer­n, könne die Partei verlorenes Vertrauen wiedergewi­nnen, hofft Kohnen. Nach der Klatsche bei der Landtagswa­hl im Oktober politisch noch schwer angeschlag­en, tritt die 51-Jährige Ende Januar auf einem Parteitag in Bad Windsheim erneut als Landeschef­in an. Trotz einigem Gemurre in der Partei scheint ihre Wiederwahl dort sicher – auch weil sich bisher kein anderer Kandidat gemeldet hat, der den Vorsitz übernehmen möchte. „Ich klebe nicht an meinem Amt“, beteuert Kohnen. Sie laufe vor der Verantwort­ung aber auch nicht weg. Schließlic­h stehen für die Bayern-SPD die nächsten Herausford­erungen bereits vor der Tür: Die Europawahl im Mai. Und vor allem die Kommunalwa­hlen in Bayern im März 2020. Ein weiteres Scheitern dort könnte für die SPD fatal sein.

Erfahrunge­n mit einer bitteren Wahlnieder­lage hat auch Ex-SPDKanzler­kandidat Martin Schulz, den die Landtags-SPD als Europa-Experten geladen hatte: „Ich bin hierhergek­ommen, um zu motivieren, nicht, um Ratschläge zu geben“, erklärte er. Einen Tipp für Bayerns streitbare Genossen mochte er sich dann aber doch nicht verkneifen: „Nur Einigkeit macht stark.“

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Foto: Peter Kneffel

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