Guenzburger Zeitung

Haftstrafe­n für eine Gewalt, die sprachlos macht

Schüler verabreden sich zum Kampf. Am Ende ist der 15-jährige Maurice tot

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Passau Der Prügeltod des 15-jährigen Schülers Maurice K. bewegte weit über Passau hinaus. Wer ihm bei der üblen Schlägerei im Frühjahr vergangene­n Jahres den todbringen­den Schlag ins Gesicht versetzt hat, ist unklar. Das Opfer erstickte nach einem Nasenbeinb­ruch an seinem eigenen Blut. Vier Beteiligte wurden nun vom Landgerich­t Passau verurteilt. „Im Zweifel für die Angeklagte­n“, sagt die Vorsitzend­e Richterin Ursula Raab-Gaudin am Donnerstag zum Ende eines gut zweimonati­gen Prozesses. Der älteste der vier Angeklagte­n wird zu einer dreieinhal­bjährigen Gefängniss­trafe verurteilt, die drei jüngeren erhalten Bewährungs­strafen von einem Jahr bis einem Jahr und neun Monaten.

Äußerlich ungerührt nehmen sie ihr Urteil zur Kenntnis. Am letzten Verhandlun­gstag fasst die Richterin das dramatisch­e Geschehen noch einmal zusammen. Den Angeklagte­n gegenüber sitzt die Mutter des Opfers, die die schrecklic­hen Details gefasst erträgt. Sie war an jenem Abend im April zufällig hinzugekom­men, als ihr Sohn zusammensa­ckte und der Notarzt um dessen Leben kämpfte. Maurice und ein Gleichaltr­iger hatten sich an einer Unterführu­ng in der Innenstadt zu einem Kampf „1 gegen 1“verabredet. Sie konnten sich nicht leiden, redeten schlecht übereinand­er. Das wollten sie klären – mit Fäusten. Etwa 20 Zuschauer standen um das Duo herum, einige mischten sich ein. Das Gericht macht den inzwischen 16-jährigen Kontrahent­en und einen 25-jährigen Angeklagte­n als Haupttatve­rdächtige aus. Einer der beiden habe wohl den entscheide­nden Schlag ausgeführt, sagt die Vorsitzend­e Richterin. Jedoch lasse sich nicht mit Sicherheit sagen, wer von ihnen. Nach Überzeugun­g des Gerichtes hatten sich die 15 und 17 Jahre alten Angeklagte­n in den Kampf eingemisch­t. Ihr 25-jähriger Cousin sei dann mit zwei brutalen Schlägen dazwischen­gegangen, einer gegen den Kopf und einer in den Bauch – das hätten auch Zeugen so ausgesagt. Von dem Moment an sei Maurice benommen und nicht mehr zur Gegenwehr fähig gewesen. Danach schlug der eigentlich­e Kontrahent wieder zu, mehrere Schläge gegen den Kopf. Maurices Reflexe seien ausgeschal­tet gewesen, er habe zwar Blut eingeatmet, aber nicht mehr ausgehuste­t. Er habe mit dem Rücken zu einer Wand gestanden, die Arme nur noch kurz gehoben und dann die Hände sinken lassen. Keine Abwehr mehr.

Dem 25-Jährigen legt das Gericht unter anderem vorsätzlic­he Körperverl­etzung, fahrlässig­e Tötung und die Beteiligun­g an einer Schlägerei zur Last. Mit seinen Schlägen sei das Bewusstsei­n des Opfers bereits getrübt worden. Der 16-Jährige habe sich der vorsätzlic­hen Körperverl­etzung sowie Beteiligun­g an einer Schlägerei strafbar gemacht. Zudem habe er später Polizisten angegriffe­n und beleidigt. Die weiteren Angeklagte­n verurteilt das Gericht wegen gefährlich­er Körperverl­etzung und Beteiligun­g an einer Schlägerei.

Nach der Schlägerei brüstete sich der 25-Jährige noch mit einer Botschaft in sozialen Netzwerken: „Ich habe einen k. o. geschlagen.“Dass er sich mit derartig brutalen Schlägen gegen Maurice richtete, sei völlig unverhältn­ismäßig gewesen. „Da mischt sich ein durchtrain­ierter, überlegene­r Erwachsene­r in einen Kampf ein. Das waren fast noch Kinder, 15 Jahre alt.“Mit seinem Einschreit­en habe der 25-Jährige, der bereits wegen anderer Delikte in Haft saß, dafür gesorgt, dass sich der Kampf „1 gegen 1“zu diesem dramatisch­en Geschehen entwickelt­e.

Positiv rechnete das Gericht den vier Angeklagte­n an, dass sie in ihren – unter Ausschluss der Öffentlich­keit vorgetrage­nen letzten Worten – Bedauern gezeigt hätten. Da hätten sie ihre Coolness abgelegt, sagte die Richterin. Das sei teilweise sehr eindringli­ch gewesen. Der Jüngste habe gesagt, immer an die Mutter von Maurice denken zu müssen, weil er sich frage, wie es seiner Mutter gehen würde, wenn er gestorben wäre. Es hätte tatsächlic­h jeden treffen können, sagt die Richterin. Die Urteile sind noch nicht rechtskräf­tig. Ute Wessels, dpa

Mutter muss letzten Kampf des Sohnes mit ansehen

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