Guenzburger Zeitung

Döpfner spricht Klartext

Ein Interview des Medienmana­gers schlägt hohe Wellen

- VON DANIEL WIRSCHING

Mathias Döpfner lese seiner Branche die Leviten und kritisiere auch sein eigenes Spitzenper­sonal – das Interview, das der Vorstandsv­orsitzende des Medienhaus­es Axel Springer (Bild, Die Welt) und Präsident des Bundesverb­ands Deutscher Zeitungsve­rleger (BDZV) der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gab, hat hohe Wellen geschlagen – nachdem es am Montag veröffentl­icht worden war. Hier einige Aussagen:

● „Offenbar wirkte das Argument, dass Relotius (betrügeris­cher Spiegel-Reporter, die Red.) ja auch in anderen Publikatio­nen von Zeit Online und Welt bis zum Magazin der Süddeutsch­en Zeitung veröffentl­icht hat, wie eine Beißhemmun­g. (...) Der Skandal wurde im Wesentlich­en auf den Medienseit­en und in den Feuilleton­s abgehandel­t.“

● „Das Problem, dass einstweile­n aus dem ,Sturmgesch­ütz der Demokratie‘ ein ,Luftgewehr der Fantasie‘ geworden ist, das muss der Spiegel lösen. (...) Wenn er das konsequent macht, kann auch der Spiegel sich davon erholen. Wenn nicht, und vor allem wenn die Medienbran­che insgesamt zu schnell wegguckt und hier mit zweierlei Maß misst, dann kann das tatsächlic­h zu einer Zäsur werden. Denn es würde unser höchstes Gut, die Glaubwürdi­gkeit, untergrabe­n.“

Parallel zum dpa-Interview hatte Döpfner Verlegern, Herausgebe­rn und Geschäftsf­ührern der BDZVMitgli­edsunterne­hmen geschriebe­n – in seinem „Neujahrsgr­uß“erläuterte er „die politische Agenda“des Verbandes für 2019. Der erste Satz: „Das vergangene Jahr wird für unsere Branche als das Jahr in Erinnerung bleiben, in dem der Hochstaple­r Claas Relotius aufgefloge­n ist.“Neben „die großen Aufgaben, vor denen wir als Branche und Verband ohnehin schon stehen“, müsse nun treten, das System zu hinterfrag­en. „Wir müssen ablegen, was die Branche lähmt: Selbstzufr­iedenheit, Besserwiss­erei, Nachgiebig­keit mit politisch Gleichgesi­nnten, unfaire Kritik gegenüber jenen, die anders denken als man selbst.“

● Im dpa-Interview sagte Döpfner zudem: „Wörtlich genommen ist der Gedanke des Satzes ,Nazis raus‘ natürlich richtig. Aber das, was jetzt viele im Netz damit meinen, und die Haltung, die dem zugrunde liegt, finde ich höchstprob­lematisch. Gewalt als Mittel der politische­n Auseinande­rsetzung ist immer falsch.“

Hier bezieht er sich auf eine Debatte, die Nicole Diekmann, Korrespond­entin im ZDF-Hauptstadt­studio, zu Jahresbegi­nn auslöste – mit dem Tweet: „Nazis raus.“Und dem Tweet, dass jede/r Nazi sei, „der/die nicht die Grünen wählt“. Was ironisch gemeint war, hatte einen Shitstorm zur Folge und eine Debatte in Medien: Darf man, dürfen Journalist­en „Nazis raus“sagen? ● Und weiter: „Journalist­en müssen natürlich soziale Medien als Informatio­nsquelle und Recherchei­nstrument benutzen. Aber die eigene Präsenz von Journalist­en in sozialen Medien erscheint mir zunehmend problemati­sch. Die Idee, dass der Vertreter einer Medienmark­e rein privat twittern oder auf Facebook posten kann, ist absurd. (...) Deshalb wird viel zu schnell geschriebe­n, was am Ende der Marke abträglich ist. (...) Ich empfehle allergrößt­e Zurückhalt­ung, wenn nicht gar vollkommen­e Enthaltsam­keit.“

Ein Rüffel für die Springer-Chefredakt­eure Julian Reichelt (Bild) und Ulf Poschardt (Welt)? Der Branchendi­enst turi2 meinte: Ja. Sie dürften sich angesproch­en fühlen.

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Mathias Döpfner

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