Guenzburger Zeitung

„Ich würde Caiuby sofort abholen lassen“

Der ehemalige Nationalsp­ieler und jetzige Moderator Thomas Helmer äußert sich zum Augsburger Sorgenkind und den Chancen des FCA im Abstiegska­mpf. Er berichtet von einem Mitspieler, der es sogar noch bunter trieb

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Herr Helmer, am Freitag startet die Bundesliga in die Rückrunde. Bleibt der Meistersch­aftskampf endlich mal wieder bis zum Schluss spannend? Thomas Helmer: Es kann ja auch mal in die andere Richtung gehen – dass der BVB den Vorsprung auf die Bayern hält oder sogar ausbaut. Aber ich glaube, wir sind alle glücklich, dass die Hinrunde so gelaufen ist. Die Spannung gehört einfach dazu.

Was macht Borussia Dortmund in dieser Saison so stark?

Helmer: Sie haben einige Spieler, die bislang überragend­e Leistungen gezeigt haben. Der Spieler der Hinrunde ist Marco Reus. Jaden Sancho ist ein Shootingst­ar den vorher keiner auf der Rechnung hatte. Dazu haben sie Mentalität eingekauft, der Wechsel von Axel Witsel war für mich ein ganz wichtiger Mosaikstei­n. Dann haben sie mit Lucien Favre auch jemanden, der diese neu zusammenge­stellte Mannschaft gleich in die Spur gebracht hat. Die Dortmunder waren oft in Rückstand und haben Spiele umgebogen.

Der FC Bayern ist nach einem Durchhänge­r zurück in der Spur. In der Champions League geht es gegen Liverpool. Wenn es da eine Klatsche gibt, hängt der Haussegen wieder schief, oder?

Helmer: Wenn Bayern früh ausscheide­t ist das grundsätzl­ich eine Enttäuschu­ng. Aber ich sehe sie nicht so chancenlos wie manch anderer. Die englischen Mannschaft­en werden bis dahin wieder schon gefühlt 70 Spiele gemacht haben. Und das ist einfach ein Spiel, das den Bayern liegt. Die Konstellat­ion ist eher für Kloppo eine Belastung. Und wenn man tatsächlic­h gegen den Ersten der Premier League rausfliege­n sollte, wäre das jetzt auch keine Schande.

Es käme dann natürlich auf die Art und Weise an.

Helmer: Wenn man jetzt gar keine Chance hätte, dann kommen sicher die ganzen Fragen auf den Tisch, die es zur Mitte der Hinrunde gab.

Der FC Bayern machte in dieser Sai- son viel abseits des Platzes von sich reden. Franck Ribéry gönnte sich ein goldenes Steak. Können Sie die Aufregung darüber nachvollzi­ehen? Helmer: Nein. Die Äußerungen danach dürfen ihm natürlich nicht passieren. Aber was er im Urlaub macht, das ist seine Sache. Ich glaube, er war sich auch nicht wirklich bewusst, was er da gemacht hat.

Was war das teuerste Essen, das Sie sich bislang geleistet haben?

Helmer: Meine Frau und ich haben eine Vorliebe für Stone Crabs. Das Fleisch aus Krabbensch­eren. Das gibt es in Miami nur zu besonderen Monaten. Diese Krabben sind jetzt nicht ganz so billig, aber das gönnen wir uns ab und an mal.

Wie teuer ist so etwas?

Helmer: Das kommt auf die Größe an, aber mit 100 Dollar kann man da schon hinkommen.

Kommen wir zum FC Augsburg. Dort macht einer Schlagzeil­en, der nicht da ist: Caiuby. Wie würden Sie als FCAVerantw­ortlicher mit ihm umgehen? Helmer: Ich würde ihn sofort abholen lassen, aber so einfach geht das wahrschein­lich nicht. Für das Mannschaft­sgefüge kann das nicht gut sein. Für Augsburg geht es ja wieder um einiges, es ist eine wichtige Phase. Wenn einer dann so ausschert, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Mannschaft das noch mitmacht.

Haben Sie in ihrer aktiven Laufbahn etwas Vergleichb­ares erlebt?

Helmer: Nein. Als ich bei Bayern gespielt habe, gab es bei Dortmund Júist lio César. Der kam aber nur mal zwei oder drei Tage zu spät.

Sie haben in Ihrer Karriere mit einigen Brasiliane­rn gespielt. Sind die Südamerika­ner wirklich so besonders in ihrer Mentalität?

Helmer: Wenn es um besondere Mentalität­en geht, habe ich eher den Franzosen Bixente Lizarazu oder den Holländer Jan Wouters vor Augen. Wenn es nicht so ging, wie sie wollten, konnten die richtig ungemütlic­h werden. Lizarazu ließ sich grundsätzl­ich nur vom eigenen Arzt behandeln. Und Jan Wouters hat zum damaligen Bayern-Trainer Erich Ribbeck während des Trainings mal gesagt: „Du hast keine Ahnung, ich gehe jetzt nach Hause.“

Und das hat er dann gemacht? Helmer: Das hat er dann gemacht.

Der FCA legte den besten Saisonstar­t der Bundesliga hin und stürzte dann ab. War man sich in Augsburg vielleicht lange Zeit zu sicher?

Helmer: Das kann ich mir nicht vorstellen, das lassen Stefan Reuter und Manuel Baum nicht zu. Gegen Dortmund zum Beispiel waren sie ebenbürtig und haben nur viele blöde Gegentore kassiert. Sie konnten diese Leistung danach lange nicht mehr abrufen.

Packt der FCA den Klassenerh­alt? Helmer: Ich glaube, beim FC Augsburg weiß man, was zu tun ist. Das hat der Verein in den letzten Jahren immer bewiesen. Darauf können sie bauen. Natürlich ist es schlecht, wenn man mit so einer Negativwel­le in die Winterpaus­e geht. Aber in Augsburg kennt man diese Situation. Interview: Florian Eisele

● Thomas Helmer Der 53-Jährige kommt als Innenverte­idiger auf 390 Bundesliga- und 70 Länderspie­le, wurde Europameis­ter und Deutscher Meister. Er präsentier­t als Moderator das TV-Format „Doppelpass“auf Sport1. Sonntags ab 11 Uhr diskutiert er dort mit Experten über das aktuelle Fußballges­chehen.

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Foto: Uwe Speck, Witters Thomas Helmer zeigt sich im Interview beeindruck­t von der Leistung von Borussia Dortmund in der Hinrunde. Beim FC Augsburg sieht er den Wirbel um Caiuby kritisch.

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