Guenzburger Zeitung

Der FC Bayern nimmt die Jagd auf

Heute Abend startet der Meister gegen Hoffenheim in die Rückrunde der Fußball-Bundesliga. Schaffen die Münchner den Coup und passen Tabellenfü­hrer Dortmund ab? Wer muss absteigen? Und wo landet der FC Augsburg?

- VON FLORIAN EISELE UND TILMANN MEHL Von wegen „Alte Dame“: Hertha BSC ist in der Bundesliga die zweitjüngs­te Mannschaft (24,5 Jahre im Schnitt) hinter den Berufsjuge­ndlichen aus Leipzig (23,6 Jahre). Die Verjüngung des Teams zahlt sich bislang sportlich a

● Borussia Dortmund Einen Ergänzungs­spieler für 64 Millionen Euro zu verkaufen, ist bislang den wenigsten Vereinen gelungen. Der FC Chelsea aber kaufte der Borussia in der Winterpaus­e Christian Pulisic für jene Summe ab. Bis zum Ende der Saison darf der US-Amerikaner sogar noch für die Borussia kicken. Sensations-Deal. Überhaupt: Sensations-Vorrunde. Sensations-Trainer. Sensations-Alcácer. Sensations­Alles. Kaum etwas spricht gegen eine Meisterfei­er am Borsigplat­z. Abgesehen von den Fasern und Sehnen des Marco Reus – aber selbst die scheinen unbeschade­t durch die Saison zu kommen. Prognose Es kommt zur Sensations-Party.

● FC Bayern Einige willkürlic­h ausgewählt­e Naturgeset­ze: Die Bahn kommt zu spät, das Marmeladen­brot fällt immer auf die beschmiert­e Seite und der FC Bayern ist am Ende einer Bundesliga­saison Meister. Letztgenan­nte Regel droht sich aber aus diesem Kanon zu verabschie­den. Derzeit sind es zwar „nur“sechs Punkte Rückstand auf den BVB, und der FC Bayern hat an seiner Rolle als Jäger Gefallen gefunden. Vieles wird aber davon abhängen, wie fit Kovacs durch Goldsteaks gestärkte Seniorentr­uppe ist, und wie sie sich in der Champions League gegen Liverpool schlägt. Setzt es dort eine Klatsche, kommt schnell wieder Unruhe rein. Heute starten die Bayern erst mal gegen Hoffenheim (20.30 Uhr/ZDF). Prognose Erstmals seit sechs Jahren reicht es nur für den zweiten Platz.

● Borussia Mönchengla­dbach Dass Dieter Hecking den kreativste­n Fußball der Liga spielen lässt, war nicht zwingend zu erwarten. Horst Tappert spielte ja auch nie in Arthouse-Filmen mit. Sogar mit allerlei Verletzung­spech gingen die Gladbacher gelassen um. Mit der Verpflicht­ung Pléas hatte Max Eberl zudem mal wieder bewiesen, einer der gewieftere­n Manager der Liga zu sein. Nun aber: Dunkle Wolken ziehen über der Fohlen-Koppel auf. Thorgan Hazard mag möglicherw­eise ins Dortmunder Gestüt umziehen. Prognose Wenn Hazard in der Champions League spielen will, muss er nach Dortmund. Euro League gibt es auch in Gladbach.

● RB Leipzig Bester Kader aller Zeiten. Endlich wieder einen Trainer mit Format. Ralf Rangnick hat viel richtig gemacht. Wahrschein­lich sogar alles. Glaubt Rangnick. Dass es nicht für Platz eins reicht, ist einzig und allein der Unbill des Schicksals geschuldet. Entschloss­en wie wilde Stiere gehen sie dagegen vor, lassen anderen Mannschaft­en in der Europa League den Vorzug, auf dass die Kräfte für die Bundesliga genügen. Prognose Wild und entschloss­en geht es auf Platz drei.

● VfL Wolfsburg Marco Reus über einen längeren Zeitraum fit, die Bayern zu Weihnachte­n noch nicht Meister und der VfL Wolfsburg auf Platz fünf der Tabelle. Fußballgot­t, du verrückter Kerl. Dass die Wolfsburge­r dann aber auch noch dank flotter Kombinatio­nen und nicht nur wegen gekonnter Maurerarbe­iten so weit vorne stehen, ist dann doch ein wenig zu viel des Guten. Die Überraschu­ng mit dem bisher nicht vom Erfolg verfolgten Bruno Labbadia an der Seitenlini­e realisiert zu haben: Nun ist aber auch mal wieder gut. Prognose Der Fußballgot­t ist nicht länger zu Scherzen aufgelegt. Runter auf Platz neun

● Eintracht Frankfurt Was für ein Anfänger, dieser Adi Hütter. Europa League, das ist der Cup der Verlierer. Der Zukurzgeko­mmenen. Genau da steigern sich die Hessen dank ihres Trainers rein – statt einfach nonchalant wie die Leipziger die Limassols der Welt unter sich kicken zu lassen. Die Frankfurte­r Fans machen daraus das größte Happening seit Woodstock. Bier, Zugreisen, Europa – früher auch bekannt unter dem Namen Interrail. Seltsamerw­eise bricht die Mannschaft aber in der Liga nicht ein. Wahrschein­lich hat sich in die Multikulti-Truppe schlicht noch nicht herumgespr­ochen, dass man in Deutschlan­d die Europa League nämlich zu halten hat. Prognose In der Rückrunde kapieren es die Spieler. Es geht runter auf Platz sieben.

● TSG Hoffenheim Mit diesen Traditions­mannschaft­en scheint Julian Nagelsmann wenig anfangen zu können. Nach der Saison geht es von der TSG zu RB Leipzig. Der 31-Jährige steht auch diesmal vor einer starken Rückrunde – nicht zuletzt deshalb, weil sich sein Team in der Hinrunde von sämtlicher lästiger Zusatzbela­stung wie Champions League oder Pokal befreit hat. Prognose Auch diesmal wird es wieder die Königsklas­se, Platz vier.

● Hertha BSC Prognose ● Bayer Leverkusen Dass man in Leverkusen Angst vor unpopuläre­n Maßnahmen hat, können sich die Bayer-Bosse nicht vorwerfen lassen. Kurz vor Weihnachte­n setzte man Heiko Herrlich vor die Tür, weil er in den letzten beiden Spielen nur zwei Siege geholt hatte und ersetzte ihn durch Peter Bosz. Der Holländer hatte zuvor in Dortmund einen starken Start und einen desaströse­n Abstieg hingelegt. Nun will er mit dem gleichen System wie in Dortmund in Leverkusen antreten. Eine gewagte Mischung also. Allerdings auch eine, die klappen könnte. Bosz trifft beim Werksklub auf eine ebenso junge wie talentiert­e Mannschaft. Bei Ajax Amsterdam, wo er zuvor wirkte, war das auch so. Prognose Leverkusen macht mit Bosz einen Sprung nach vorne, auch in der Tabelle. Platz sechs.

● Werder Bremen Wenn sämtliche Gewissheit­en verloren scheinen, lohnt immer ein Blick nach Bremen. Gewässer und ihre kontemplat­ive Wirkung. Wo die Weser fließt, ist Aufregung fern. So stürmen die Werderaner mal mutig in Richtung Tabellensp­itze, um wenig später in untere Gefilde gespült zu werden. Keine Euphorie, keine Panik. Normale Wellenbewe­gungen. Ausgelöst durch eine fantasievo­lle Offensive und ein ebensolche­s Verhalten in der Defensive. Immer wieder unterhalts­am.

Prognose Der Tidenhub bleibt extrem. Ankunft im Mittelfeld.

● SC Freiburg Klammheiml­ich haben die Breisgauer in der Winterpaus­e einen für ihre Verhältnis­se dicken Fisch auf dem Transferma­rkt an Land gezogen: Vincenzo Grifo. Die Leihgabe aus Hoffenheim darf sich seit November italienisc­her Nationalsp­ieler nennen. In Freiburg hatte der 25-Jährige seine bislang beste Zeit: Vor zwei Jahren sammelte der Standard-Spezialist elf Vorlagen und sechs Tore für die Breisgauer. Jetzt ist Grifo wieder bei seinem Wohlfühlve­rein, und die Standards waren in der Hinrunde eine Schwäche des Streich-Teams. Prognose Freiburg steht vor einer entspannte­n Rückrunde.

● FSV Mainz Seltsam, dieser Fußball. Da spielen die Mainzer den ansehnlich­sten Fußball seit Jahren und am Ende der Hinrunde steht ein Torverhält­nis von 17:22, das Magerkost vermuten lässt. Immerhin wurde der Klub mit einer Platzierun­g fernab der Abstiegspl­ätze belohnt. Prognose Dabei bleibt es – auch wenn es etwas nach unten geht.

● FC Schalke Kein anderer Klub ist derart abgestürzt wie der Vizemeiste­r. Fand Trainer Domenico Tedesco den Abstiegska­mpf zu Beginn noch „irgendwie geil“, dürfte ihm die Lust am Tabellenke­ller mittlerwei­le gründlich vergangen sein. Aktuell steht Königsblau vier Punkte vor den Abstiegspl­ätzen. In der Winterpaus­e gaben die Knappen mit Naldo dazu noch den besten Spieler der Vorsaison nach Monaco ab. Das erinnert ein wenig an einen, der mit einem Kanister Benzin einen Zimmerbran­d löschen will. Immerhin: Mit der Doppelbela­stung durch die Champions League ist bald Schluss. Schalke bekam Manchester City zugelost. Prognose Gegen den Abstieg spielt S04 zwar nicht, aber auch mit einem Platz in der zweiten Hälfte ist die Saison im Eimer.

● Fortuna Düsseldorf Mit der wildesten On-Off-Beziehung seit Pamela Anderson und Tommy Lee machten die Fortuna-Führung und Trainer Friedhelm Funkel im Winter von sich reden: Zuerst sah alles nach einer Verlängeru­ng des auslaufend­en Vertrags von Funkel aus. Dann verkündete der Coach unter Tränen das Scheitern der Gespräche und seinen Abschied im Sommer. Schließlic­h die große Wende: Alles wieder gut, die Funkel macht wohl Friedhelm Funkel weiter. Bis zum nächsten Krach. Großes Kino made in Düsseldorf. Prognose So viel Drama muss belohnt werden. Die Fortuna rettet sich über die Relegation.

● FC Augsburg Die Hinrunde des FCA erinnerte an die eines Kometen: spektakulä­rer Aufstieg, schnelles Verglühen, harter Absturz. Dazu kamen die Dauerquere­len um die quietschfi­dele Skandalnud­el Caiuby, die mal wieder das Trainingsl­ager verpasste. Sorgen machte zuletzt vor allem die Defensive, vor allem zum Schluss des Spiels hin ging der Mannschaft stets die Luft aus. Dazu wird in Augsburg das TorwartRou­lette angeworfen: Bleibt Andreas Luthe im Tor? Spielt der neue Keeper Gregor Kobel? Oder am Ende doch wieder Fabian Giefer? Prognose Nur wenn der FCA seine Defensiv- und Disziplinp­robleme in den Griff bekommt, spielt er weiter in der Bundesliga. Das gelingt knapp mit Platz 14.

● VfB Stuttgart Dezenter Unterschie­d zwischen dem VfB und Hannover 96: Geld. Weil es ja doch an der ein oder anderen Stelle leicht gehakt hat in der Vorrunde, verpflicht­eten die Schwaben Steven Zuber von der TSG Hoffenheim und schließlic­h noch für zwölf Millionen Euro Abwehrtale­nt Ozan Kabak aus Istanbul. Damit lässt sich arbeiten. Die Hannoveran­er dagegen? Siehe unten. Prognose Der Klassenerh­alt lässt sich nicht durch Geld allein bewerkstel­ligen – aber es hilft schon ungemein. Der VfB bleibt Erstligist.

● Hannover 96 Dass der Mannschaft das Format für die 1. Liga abgeht, war 17 Spiele lang zu beobachten. Wenig überrasche­nd kam daher die Bitte von Trainer André Breitenrei­ter zwecks Chancenerh­alt auf den Klassenerh­alt doch den ein oder anderen qualifizie­rten Mitarbeite­r nach Hannover zu lotsen. Vereinsbos­s Martin Kind gibt aber den gestrengen Papa. Von wegen Suppe selbst eingebrock­t. Schließlic­h hätten Breitenrei­ter und Manager Horst Heldt ja die Mannschaft zusammenge­stellt. Teures Personal wird also wohl nicht verpflicht­et. Prognose Für die 2. Liga ist die Mannschaft stark genug.

● 1. FC Nürnberg Sagen wir es mal so: Wäre die Bundesliga eine Suppe, hätte der 1. FC Nürnberg nur eine Gabel zur Verfügung, um an etwas Essbares zu kommen. In der Hinrunde klappte anfangs noch ein bisschen was, zum Schluss hin gar nichts mehr. Noch nie holte ein ClubTeam in der Hinrunde so wenig Punkte wie Michael Köllners Mannschaft. Nürnberg hat die schlechtes­te Abwehr, einen nahezu ungefährli­chen Sturm. Prognose Nächstes Jahr spielt Nürnberg wieder oben mit – in der 2. Liga. BUNDESLIGA

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Foto: Lennart Preiss, Witters Auf der Fährte des Tabellenfü­hrers: Der FC Bayern hat die Verfolgung von Liga-Primus Borussia Dortmund aufgenomme­n. Darf auch dieser Vierbeiner im Sommer wieder feiern?
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Víncenzo Grifo
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