Guenzburger Zeitung

Die Station der Krankenpfl­egeschüler­innen

Wie die Günzburger Kreisklini­k auf neue Weise Praxiserfa­hrungen vermittelt. Eindrücke von der Premiere

- VON TILL HOFMANN

Günzburg Anfangs waren die Skepsis und die Unsicherhe­it groß, berichtet Klinikmana­gement-Direktor Andreas Mugler. Zweieinhal­b Wochen später hat sich das Blatt gewendet. Bei den zwölf Auszubilde­nden der Gesundheit­s- und Krankenpfl­ege (elf junge Frauen, ein junger Mann) überwiegt jetzt der Stolz auf das Geleistete.

Sie haben seit dem 2. Januar eine Schülersta­tion betrieben. Zwischen zwölf und 18 Patienten wurden in dieser Zeit auf der internisti­schen Privatstat­ion behandelt. Heute Nachmittag endet der letzte Tag einer praktische­n Ausbildung, wie sie Krankenpfl­egeschüler so noch nicht an der Günzburger Kreisklini­k erlebt haben. Wie auch? Das war Premiere für das Krankenhau­s. Dabei soll es nicht bleiben.

Der Direktor Klinikmana­gement freut sich, dass er die Chefärzte Dr. Peter Müller und Dr. Ulrich Sauer für das Projekt gewinnen konnte, das den Gesundungs­prozess der Patienten nicht im geringsten gefährden durfte. Die Schüler lernen sehr viel während ihrer dreijährig­en Ausbildung­szeit, sagt Mugler. Eines allerdings nicht: eigenständ­ige Verantwort­ung für eine bestimmte Gruppe Patienten zu übernehmen. „Nach dem Examen folgt der Realitätss­chock in der Praxis.“Das habe er vor knapp einem Jahr bemerkt, als eine Krankheits­welle das Personal so dezimiert hatte, dass die Kreisklini­k vor ernsthafte­n Problemen bei der Patientenv­ersorgung stand. Da mussten dann auch Berufsanfä­ngerinnen verstärkt ran. Die Einser-Noten in der Prüfung hätten gar nichts genutzt, wie Mugler nach eigener Darstellun­g „live mitbekomme­n“hat. „Zwei Kolleginne­n standen völlig überforder­t da.“

Das soll sich nicht wiederhole­n. Der Direktor für das Klinikmana­gement traut den jungen Leuten viel zu. Man müsse sie nur lassen. Und so sind die zwölf Auszubilde­nden (drei Schichten zwischen 6 und 21 Uhr mit jeweils drei Azubis besetzt) bei der Visite in der Schülersta­tion nicht nur dabei gewesen und haben die Ohren gespitzt, wie das bisher der Fall war. Sie haben dem Chefarzt stattdesse­n berichtet über die Entwicklun­g des Patienten, und welche Untersuchu­ngen gelaufen sind. Anweisunge­n des Mediziners und gegebenenf­alls neue Medikation­en mussten die Nachwuchsk­räfte umsetzen. „Administra­tive und steuernde Aufgaben haben die Kranken- und Gesundheit­spfleger so nicht gekannt.“

Über alle Ausbildung­sklassen hinweg haben sich Schülerinn­en und Schüler beteiligt. Der unterschie­dliche Ausbildung­sstand sei nicht hinderlich gewesen, wie Andreas Mugler sagt. Im Gegenteil: „Diejenigen, die kurz vor dem Examen im März stehen, „haben den Anfängern geholfen“.

In abgestufte­r Form konnten die Auszubilde­nden auf freigestel­lte Praxisanle­iterinnen (Krankensch­western mit Spezialaus­bildung) zurückgrei­fen. Zunächst haben die erfahrenen Kräfte auf der Station mitgearbei­tet und standen ständig mit Rat und Tat zur Seite. In der zweiten Woche waren sie noch begleitend sowie bei den Übergaben dabei. Und zum Schluss kamen sie dann noch auf Abruf. Nachtdiens­t hatte während der ganzen Zeit stets eine examiniert­e Fachkraft. Mugler: „Ich wollte keinerlei Risiko für die Patienten eingehen.“

Die Schülersta­tion hat aus seiner Sicht funktionie­rt. Die angehenden Krankensch­western und -pfleger könnten nach dieser Erfahrung nun zu weit mehr als nur zu Hilfsdiens­ten herangezog­en werden. Außerdem sei damit der Beweis erbracht worden, dass nicht nur Großkranke­nhäuser und Uniklinike­n dazu in er Lage sind, so etwas zu organisier­en. „Wir wollen damit deutlich machen, dass wir andere Wege in der Ausbildung gehen“, sagt Mugler, der darauf hofft, dass im Ringen um den Nachwuchs solche Bemühungen der Klinik ein gutes Argument für Günzburg sein können.

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Foto: Mugler/Kreisklini­k Teil des heute zu Ende gehenden Projekts: die Krankenpfl­egeschüler­innen (von links) Nadine Wojcczak, Lena Kugelmann und Nasanin Ahmadi.

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