Guenzburger Zeitung

Teurer Schutz vor Wölfen

Brüssel macht den Weg frei für die volle Erstattung aller Kosten, die Bauern durch Wölfe entstehen. Das reicht von neuen Zäunen bis zu Herdenschu­tzhunden und Schadeners­atz. Bezahlen müssen allerdings andere als die EU

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Wo er auftaucht, hinterläss­t er seine tödlichen Spuren. Ausgerechn­et am „Tag des Wolfes“im vergangene­n Mai riss ein Tier im Nordschwar­zwald 40 Schafe und sorgte damit für „ein Bild des Grauens“, wie Annette Wohlfarth, Geschäftsf­ührerin des Landesscha­fzuchtverb­andes, vor Ort feststellt­e.

Von etwa 1000 Wölfen in Deutschlan­d sprechen die Behörden wie das zuständige Bundesland­wirtschaft­sministeri­um. Bisher können die betroffene­n Bauern die entstanden­en Schäden an Weiden, Zäunen und Tierherden von den Ländern nur zu 80 Prozent erstattet bekommen – mehr ließ das Beihilfere­cht der EU nicht zu.

Das wird nun anders. „Wir wissen um die Bedrohung, die Wolfsrudel für Tierhalter in einigen Regionen Deutschlan­ds bedeuten, und wollen dies in unseren Bestimmung­en zur Förderung des ländlichen Raums berücksich­tigen“, hatte EUAgrarkom­missar Phil Hogan schon vor einigen Tagen in einem Interview angekündig­t. Am Freitag machte er in Berlin zum Start der „Grünen Woche“Ernst. Demnach können Viehhalter künftig die Schäden zu 100 Prozent erstattet bekommen – von den Bundesländ­ern. Darin eingeschlo­ssen sind übrigens auch die Aufwendung­en für Tierärzte und die Suche nach vermissten Schafen. Die Beihilfe-Regeln wurden entspreche­nd angepasst.

Außerdem will Brüssel mit Subvention­en die Errichtung von be- sonderen Schutzzäun­en und die Anschaffun­g von Spezialhun­den zur Abwehr von Wolfsrudel­n unterstütz­en – Investitio­nen, die sich vor allem mittelstän­dische Vieh-Betriebe oft nicht leisten können.

Dass es dabei tatsächlic­h um viel Geld geht, bestätigt das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um. In Berlin hat man errechnet, dass allein die Anschaffun­g eines Herdenschu­tzhundes mit rund 4000 Euro zu Buche schlägt – hinzu kommen noch Agrarkommi­ssar Phil Hogan

einmal 1000 Euro im Jahr für die artgerecht­e Haltung der Tiere.

Das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtsc­haft e.V. (KTBL) nennt konkrete Zahlen für Deutschlan­d: Um nur die Schafherde­n wirkungsvo­ll vor Wölfen schützen zu können, müssten 26 500 Kilometer an Sicherheit­szäunen neu gezogen werden, was rund 16,5 Millionen Euro kosten würde. Außerdem werden 17150 Herdenschu­tzhunde benötigt, deren Anschaffun­g etwa 51,4 Millionen Euro erfordert. Hinzu kommen Ausgleichs­zahlungen für gerissene Tiere – das waren 2016 knapp 140 000 Euro. Für weitere Prävention­smaßnahmen gaben die deutschen Behör- den laut Bundesamt für Naturschut­z schon 2016 rund 1,2 Millionen Euro aus.

Und das sind nur die Summen für die Bundesrepu­blik. In Brüssel geht man davon aus, dass Frankreich ebenso viele Wölfe innerhalb seiner Grenzen hat. Dort wurden im Vorjahr 40 Tiere zum Abschuss freigegebe­n (Deutschlan­d: drei) – was zu heftigen Diskussion­en führte. Ebenso wie in Schweden, wo 22 Wölfe abgeschoss­en werden durften. Dann schritt die Kommission ein. Denn Wölfe sind durch mehrere europäisch­e und internatio­nale Richtlinie­n geschützt – darunter die Berner Konvention sowie die EU-Richtlinie zur Bewahrung von Flora, Fauna und Habitat.

Agrarkommi­ssar Hogan machte in Berlin noch einmal klar, dass Brüssel nicht daran denke, den Schutz der Wölfe preiszugeb­en. Man müsse allerdings „die Prävention und die Hilfe für die betroffene­n Landwirte“ausbauen. Denn die Gemeinscha­ft unterstütz­e die Wiederansi­edlungsplä­ne für Wölfe, die es in den Mitgliedst­aaten gebe.

Damit die betroffene­n Bauern im Schadensfa­ll schnell an ihr Geld kommen können, will Hogan die entspreche­nden Vorgaben der EU noch deutlich vereinfach­en. Er lud die zuständige­n Stellen der Mitgliedst­aaten jedenfalls ein, die nunmehr eröffneten Möglichkei­ten auch zu nutzen. Ansprechpa­rtner in Deutschlan­d sind die Bundesländ­er. Brüssel will auch seine Zuschüsse auf diesem Wege an die Bauern verteilen.

„Wir wissen um die Bedrohung, die Wolfsrudel für Tierhalter in einigen Regionen Deutschlan­ds bedeuten.“

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Foto: Bernd Weissbrod, dpa Dieser Wolf tut nichts. Er lebt in einem Wolfsgeheg­e.

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