Guenzburger Zeitung

Essverbot im Nahverkehr

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Geh bitte, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Sollten Sie auf Besuch in Wien in der U-Bahn eine Mozartkuge­l verputzen oder ein Wienerle (Achtung: die heißen in Wien Frankfurte­r) zur Stärkung essen, dann fallen Sie in dieselbe Kategorie wie jemand, der eine Gefahr für die Allgemeinh­eit darstellt, weil er in der U-Bahn raucht, Alkohol trinkt oder der seinen Hund ohne Maulkorb (österrichi­sch: Beißkorb) transporti­ert.

Sie tun etwas total Verbotenes. Genau: Essen.

Was wie aus einer Komödie von Josef Hader klingt, ist in der österreich­ischen Hauptstadt Realität. Neuerdings kleben „Verbotspic­kerl“(zu Deutsch: Verbotsauf­kleber) an den U-Bahn-Türen. Bei einer Befragung war nämlich herausgeko­mmen, dass sich die Fahrgäste so ein Verbot wünschen. Manche fühlten sich angeblich durch Würstel, Pommes und Co. geruchsbel­ästigt. Manch einer störte sich auch an dem Müll. Also wird gleich kategorisc­h alles Essen verboten – auch das, was nicht stinkt oder Dreck macht. Aber interessan­t: Mitnehmkaf­fee ist weiterhin erlaubt, dabei riecht der massiv, macht so schöne Kleckerfle­cken und ist durch die Pappbecher eine der größten urbanen Dreckschle­udern überhaupt. Und dass kleine Kinder ihre Krümelkeks­e weiterknab­bern dürfen, fällt wohl unter Welpenschu­tz.

Man darf sich freilich fragen, ob das Essen zwischen Tür und Angel so doll ist. Aber die Antwort sollte bittschee jeder für sich treffen dürfen, dafür braucht es kein Verbot. Und anstatt alle zu sanktionie­ren, wäre es doch sinnvoller, die Schmutzfin­ken direkt anzugehen und über den Geldbeutel zu erziehen. Und wenn die Nase mal leiden muss, ein paar Minuten lang, das ist doch zu tolerieren. Oder kommt sonst auch noch der Deo-Zwang?

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