Physiker planen Megaprojekt
Unweit von Genf liegt unter der Erde eine der komplexesten Maschinen der Menschheit. Ihre Erneuerung sprengt alle Dimensionen
Der bestehende Teilchenbeschleuniger (Large Hadron Collider, LHC) mit seinem 27 Kilometer langen Tunnel (links). Im Vergleich dazu die neue, vorgeschlagene Anlage (grün). Sie sieht einen 100 Kilometer langen ringförmigen Tunnel teils unter dem Genfer See vor.
Unter der Erde im schweizerisch-französischen Grenzgebiet liegt eine der größten und komplexesten Forschungsanlagen der Menschheit, der Teilchenbeschleuniger der Europäischen Organisation für Kernforschung (Cern). Die Liste der Dinge, die Wissenschaftler hier entdeckt und erfunden haben, liest sich beeindruckend: Der Brite Tim Berners-Lee schuf 1989 zum Beispiel das Internet, als er am Cern forschte. Größter Erfolg in der jüngeren Vergangenheit war der Nachweis des Higgs Bosons, das letzte Element, das im sogenannten Standardmodell der Teilchenphysik noch fehlte. Dafür gab es 2013 den Nobelpreis für Physik.
Nun planen die Physiker an der Großanlage der Grundlagenforschung ein Zukunftsprojekt mit gigantischen Ausmaßen – und Kosten. Falls ihre Pläne umgesetzt werden, entsteht unweit von Genf ein 100 Kilometer langer ringförmiger Tunnel teils unter dem Genfer See. In dem Future-Circular Collider (FCC) genannten Teilchenbeschleuniger, für den insgesamt 24 Milliarden Euro veranschlagt sind, würden frühestens ab Ende der 2030er Jahre Elektronen und Positronen auf Kollisionskurs gebracht. Zum Vergleich: Der bestehende Teilchenbeschleuniger LHC hat einen 27 Kilometer langen Tunnel. „Das Projekt würde sich im Genfer Becken gut realisieren lassen“, sagte Studienleiter Michael Benedikt zur Veröffentlichung einer entsprechenden Konzeptstudie in Genf. Die existierenden Anlagen könnten weiter genutzt werden, etwa als Vorbeschleuniger.
Die Cern-Physiker suchen unter anderem Erkenntnisse über die ersten Nanosekunden nach dem Urknall und der Entstehung des Universums. Denn das Standardmodell beschreibt zwar alle bekannten Elementarteilchen und Prozesse, die das beobachtbare Universum bilden. Aber es deckt nur fünf Prozent der im Universum vorhandenen Materie ab. Welche Regeln und Gesetze gelten für die restlichen 95 Prozent? Man weiß es nicht. Keiner kann erklären, woraus dunkle Materie besteht, warum es mehr Materie als Antimaterie gibt oder woher Neutrinos ihre Masse erhalten. Der Bau immer noch gigantischer Anlagen gilt den Physikern als der einzige Weg, mehr über diese Grundfragen des Universums herauszufinden. Damit ließen sich, so hoffen sie, weitere, bislang unbekannte Teilchen nachweisen.
Der bestehende LHC-Beschleuniger dürfte noch 20 Jahre laufen, sagte Benedikt. Er wurde im Dezember für zweijährige Wartungsarbeiten abgeschaltet. Parallel wird bereits an einem Ausbau mit stärkeren Magneten gearbeitet, dem sogenannten HiLumi-LHC-Projekt. Es soll 2025 fertig sein. Die Physiker wollen damit die Zahl der Protonenkollisionen pro Sekunde von einer Rund 1,3 Millionen Tonnen genießbare Nahrungsmittel landen allein in Bayern jedes Jahr im Abfall. Um gegen diese Verschwendung anzugehen, haben Wissenschaftler mehrerer Hochschulen und Forschungseinrichtungen aus Bayern einen mobilen Lebensmittel-Scanner entwickelt, der berührungsfrei feststellen kann, ob ein Lebensmittel noch genießbar ist. Herzstück des Geräts ist ein Nahinfrarot (NIR)-Sensor, der den Reifegrad des Nahrungsmittels bestimmt und ermittelt, wie viele und welche Inhaltsstoffe es enthält.
Dazu strahlt der Scanner punktgenau Infrarotlicht auf das zu untersuchende Produkt und misst anschließend das Spektrum des reflektierten Lichts. Die absorbierten Wellenlängen lassen Rückschlüsse auf fünf Milliarden erhöhen. Zunächst würden in dem neuen Tunnel Elektronen und Positronen zur Kollision gebracht. Der FCC wäre dabei bis zu 100000-mal leistungsfähiger als bisherige Anlagen am Cern, so Benedikt. Nach 15 Jahren Betrieb könne die Maschine durch einen Protonen-Beschleuniger ersetzt werden, der sowohl bei Kollisionsenergie als auch bei der Anzahl der Kollisionen etwa zehn mal so leistungsfähig wäre wie das HiLumiProjekt. Der Protonenbeschleuniger würde denselben 100 Kilometer langen Tunnel nutzen.
Die Cern-Physiker haben ihr Konzept im Rahmen der zurzeit diskutierten neuen europäischen Strategie für Teilchenphysik vorgelegt. Bis 2020 wollen Wissenschaftler aus ganz Europa Empfehlungen geben, wie die Teilchenphysik vorangebracht werden kann. Ob der neue Teilchenbeschleuniger tatsächlich gebaut wird, müssten die 22 Mitgliedsstaaten des Cern entscheiden. Das Projekt würde in der ersten Phase neun Milliarden Euro kosten. Der Protonenbeschleuniger, der nach 2055 in Betrieb gehen könnte, würde etwa weitere 15 Milliarden Euro kosten.
Christiane Oelrich, dpa/maz- Sollte das 24 Milliarden-Euro-Projekt verwirklicht werden – hier eine Simulation –, würden ab Ende der 2030er Jahre Elektronen und Positronen auf Kollisionskurs gebracht werden. auf die chemische Zusammensetzung der Ware zu. Auch die Echtheit oft gefälschter Produkte, wie etwa Lachs oder Olivenöl, lässt sich so überprüfen, da jedes Lebensmittel ein charakteristisches Profil hat, das der Scanner mit gespeicherten Profilen abgleichen kann. Dieses Profil verändert sich, wenn das Produkt altert oder, wie bei Hackfleisch, von Mikroben besiedelt wird. Über eine Smartphone-App können die Daten auch für Laien verständlich dargestellt werden. In mehreren Supermärkten soll das Gerät nun getestet werden, auch um zu lernen, wie es von Verbrauchern angenommen wird. Das Gerät kann noch mehr: Wird es entsprechend trainiert, unterscheidet es auch Hölzer, Mineralien oder Kunststoffe. Es gibt immer mehr große Kanäle und Leitungen, die Süßwasser aus wasserreichen Regionen dorthin transportieren, wo es als Trinkwasser oder für Industrie und Landwirtschaft benötigt wird. 34 MegaAnlagen existieren bereits, 76 weitere sind in Planung oder werden gebaut; Forscher der Uni Tübingen und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben in Frontiers in Environmental Science diese WassertransferMegaprojekte (WTMP) erstmals systematisch erfasst. In China und den USA sind WTMP bereits etabliert. Ein knapp 1500 km langer Kanal etwa verbindet Chinas wasserreichen Süden mit dem durstigen Norden. Aber es gibt auch negative Folgen, vor allem in Gebieten, denen Wasser entnommen wird: Wasser geht verloren durch Verdunstung oder Lecks, Regionen versalzen, Schadstoffe und invasive Arten breiten sich aus. Länder, die sich ein Flusseinzugsgebiet teilen, streiten um das Nass. Als WTMP gelten Projekte, die über eine Milliarde US-Dollar kosten, mindestens 190 Kilometer überwinden oder mehr als 0,23 km³ Wasser pro Jahr transportieren. Wenn alle im Bau befindlichen und geplanten Großprojekte fertiggestellt sind, werden sie zusammen 1910 km³ Wasser transportieren – 26-mal so viel, wie jedes Jahr den Rhein hinunterfließt – und über 80 000 Kilometer lang sein. Die Kosten aller Vorhaben werden auf 2700 Milliarden US-Dollar geschätzt. Mit der Arbeit wird es leichter, Kosten und Folgen neuer Megaprojekte einzuschätzen.