Guenzburger Zeitung

Schadeners­atz nach Suizid auf den Schienen?

- VON MARIA HEINRICH VON MARIA HEINRICH

Im Prozess um Schadeners­atz für einen Lokführer nach einem Suizid zeichnet sich ein Vergleich ab. Laut Vorschlag der Vorsitzend­en Richterin soll die Haftpflich­tversicher­ung des Toten 70 000 Euro Schadeners­atz an den Lokführer zahlen. Im Gegenzug soll der seine Klage zurückzieh­en. In dem Rechtsstre­it geht es um einen Vorfall aus dem Jahr 2013. Damals wurde ein Mann am Bahnhof in Freising von einem Zug erfasst und getötet. Der Zugführer, dessen Bahn den Mann überrollte, erlitt einen Schock und war mehrfach krankgesch­rieben. Er wurde schließlic­h von seinem Arbeitgebe­r entlassen, weil alle Wiedereing­liederungs­versuche scheiterte­n. Bayern ist beliebt wie nie. Eindrucksv­olle Natur, vielfältig­e Kultur, gelebte Tradition und eine attraktive Wirtschaft locken immer mehr Menschen an, um zwischen Spessart und Alpen, zwischen Fichtelgeb­irge und Allgäu zu leben. Die bayerische Bevölkerun­g wird kontinuier­lich größer. Mittlerwei­le hat die Anzahl der bayerische­n Bürger die 13-Millionen-Marke geknackt – und es werden weiterhin mehr.

Diese Menschen brauchen in Bayern auch ein Zuhause, deshalb nimmt mit dem Bevölkerun­gszuwachs gleichzeit­ig auch der Bedarf an Wohnraum zu. Zum Stichtag am 31. Dezember 2017 standen den Bayern über sechs Millionen Wohnungen zur Verfügung, mehr als

61 000 neue Wohnungen wurden fertiggest­ellt – ein Plus von 13,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Laut Innenminis­ter Joachim Herrmann ist das der höchste Wert seit dem Jahr 2000. Er zieht einen Vergleich: „Binnen eines Jahres sind damit in Bayern in etwa so viele neue Wohnungen entstanden, wie es insgesamt in der Stadt Erlangen gibt.“

Neben Wohnraum wird im Freistaat auch die Infrastruk­tur immer mehr gefördert. Verkehrswe­g Nummer eins ist die Straße. Um Schäden auszubesse­rn, veraltete Verkehrswe­ge auszuweite­n und neue Trassen zu bauen, investiert der Freistaat verstärkt. Seit dem Jahr 2000 steigert er die jährlichen Ausgaben von 171,6 Millionen auf über 300 Millionen Euro. Das ist ein Plus von mehr als 76 Prozent. Für Joachim Herrmann ist das notwendig. „Schließlic­h sind Bayerns Straßen stark belastet.“

Auf dem Arbeitsmar­kt sieht es in Bayern gut aus – vor allem, wenn man Bayern mit dem Rest der Republik vergleicht. Die guten wirt- schaftlich­en Voraussetz­ungen bescheren dem Freistaat eine niedrige Arbeitslos­enquote – der Wert sank von 2017 auf 2018 von 3,2 auf 2,9 Prozent. Mit dem Nachbarlan­d Baden-Württember­g teilt sich Bayern damit die niedrigste­n Quoten im Vergleich zu den restlichen Bundesländ­ern. Im bundesweit­en Schnitt waren im vergangene­n Jahr 5,2 Prozent der Menschen ohne Arbeit.

Vieles verbessert sich in Sachen Wohnen, Verkehr und Arbeit. Gerade Familien scheinen sich daher in Bayern immer wohler zu fühlen. In den vergangene­n Jahren stieg die Geburtenra­te pro Frau auf durchschni­ttlich 1,56 Kinder an. Wie viele Babys auf die Welt kamen, steht ebenfalls im Statistisc­hen Jahrbuch 2018: 126 191 Neugeboren­e sind dort verzeichne­t.

Für diese Kinder soll im Freistaat ein attraktive­s Betreuungs­angebot geschaffen werden. Mittlerwei­le gibt es insgesamt 9430 Einrichtun­gen mit über 600 000 genehmigte­n Plätzen für mehr als 500 000 Kinder. Laut Statistisc­hem Jahrbuch ein Plus von 24 Prozent an Betreuungs­plätzen. Bayern ist beliebt wie nie. Doch der Boom wirft auch seine Schatten auf das Bundesland. Wohnungsno­t, soziale Ungerechti­gkeit und die Verkehrswe­nde sind nur einige Bereiche, die zu sozialen und politische­n Brennpunkt­themen werden und das Leben für viele Bürger in Bayern schwierig gestalten.

Eines davon ist die wachsende Nachfrage nach bezahlbare­m Wohnraum. Obwohl viele neue Wohnungen gebaut werden, können sich viele Leute die Mieten nicht leisten. Im Schnitt müssen die Bürger 27 Prozent ihres Nettoeinko­mmens für die Miete abgeben. Man kann davon ausgehen: Gerade in Städten und Ballungsrä­umen dürfte dieser Wert noch deutlich höher liegen.

Auch auf den Straßen wird es enger. Die Anzahl der zugelassen­en Fahrzeuge wächst seit Jahrzehnte­n kontinuier­lich. Das ist angesichts von Feinstaubb­elastung, Stickoxidg­renzwerten und der Zunahme von Kohlenstof­fdioxid, das den Treibhause­ffekt verstärkt, eine negative Bayern ist beliebt – nicht zuletzt wegen seiner großartige­n Natur, wie sie zum Beispiel in den Bergen zu finden ist. Entwicklun­g. Um die Umwelt zu schonen, sollen nach dem Wunsch der Politik immer mehr Menschen auf den öffentlich­en Nahverkehr umsteigen, doch nach wie vor fahren die Bürger lieber Auto. Zum 1. Januar 2018 wurden knapp zehn Millionen Fahrzeuge verzeichne­t – gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von zwei Prozent. Das Bayerische Innenminis­terium geht davon aus, dass die Anzahl weiter ansteigen wird.

Angespannt ist auch die Situation zwischen Männern und Frauen auf dem Arbeitsmar­kt. Die Gehaltssch­ere zwischen den Geschlecht­ern ist weit offen. Ein vollbeschä­ftigter Arbeitnehm­er verdiente zum 31. Dezember 2017 im Durchschni­tt ungefähr 3940 Euro brutto im Monat – Frauen bekamen im Schnitt 18 Prozent weniger ausgezahlt. Das Statistisc­he Jahrbuch zeigt außerdem, dass es Frauen häufig gar nicht schaffen, ein höheres Gehaltsniv­eau zu erreichen als Männer. Die aktuellen Zahlen belegen: Frauen sind in den Gehaltsstu­fen zwischen 500 Euro und 1500 Euro deutlich in der Überzahl. Für Männer ist es dagegen eine Seltenheit, dass sie im Schnitt weniger als 2500 Euro verdienen. Ein Gehalt über 4500 Euro erreichen siebenmal so viele Männer wie Frauen.

Gesundheit­lich könnte es den Bayern auch besser gehen. 51 Prozent der Bayern sind zu dick – zumindest, wenn man sich an den Body-Mass-Index-Kriterien orientiert. Hinzu kommt, dass mehr als 21 Prozent der Bürger über 15 Jahre regelmäßig rauchen. Männer zünden sich häufiger eine Zigarette an als Frauen und fangen auch früher an – im Schnitt mit 17,4 Jahren. Dabei ist nachgewies­en: Übergewich­t und Nikotinkon­sum erhöhen das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankung­en – laut Jahrbuch die häufigste Todesursac­he der Bayern.

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Foto: Ralf Lienert

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