Als Edmund Stoiber wird er auch ernst
Wolfgang Krebs liefert im Günzburger Forum einen unterhaltsamen Abend mit all seinen Paraderollen. Warum das Publikum am Ende hörbar durchatmet
Günzburg Das Fazit vorweg: Es war ein unterhaltsamer Abend. Ein Abend voller Parodien, Witze und Kalauer, aber auch ein Abend der politischen Spitzen und der klaren gesellschaftlichen Bekenntnisse. Kurzum: Der Kabarettist Wolfgang Krebs aus Kaufbeuren beherrscht die ganze Klaviatur – nicht nur in seiner aus dem Fernsehen bekannten Paraderolle als stammelnder Edmund Stoiber. „Geh zu, bleib da!“lautet der Titel seines aktuellen Programms, präsentiert am Samstagabend im nicht ganz ausverkauften Forum am Hofgarten in Günzburg. Die Besucher hatten trotzdem ihr Vergnügen.
Der rote Faden des Programms sind die Landflucht und der Drang vor allem der Jungen in die Großstadt. Schorsch Scheberl ist gewissermaßen der Häuptling des letzten verbliebenen Dorfes im schönen Bayernland – Vorsitzender aller Ortsvereine und Eigner einer Holding, die überall ihre wirtschaftlichen Finger drin hat. Gemäß der alten wie bewährten CSU/CSU-Tradition: Eine Hand wäscht die andere. Wolfgang Krebs hält nicht nur der weiß-blauen Gesellschaft den Spiegel vor.
Der Scheberl Schorsch preist die Vorzüge des Landlebens. Statt des Notarztes, der in München auf dem Mittleren Ring im Stau steckt, kommt in seinem Heimatort Untergamskobenzeißgrubengernhaferlverdimmering wenigstens der Tierarzt. Im Gegensatz zur Münchner Wiesn mit ihrem Aperol kommen die Menschen beim Dorffest noch beim Bier zusammen. „Der Rest wird wie immer hinter dem Festzelt erledigt.“Politische Korrektheit ist nicht die bayerische Urtugend. Als Schlagersänger Meggy Montana („Der König der Doppelherzen“) besingt Wolfgang Krebs nicht wie üblich die Liebe, sondern den Bausparvertrag seiner Angebeteten. Im Laufe der Jahre wird die Frau fett, zum Glück auch ihr Konto. Man muss schauen, wo man bleibt. In Bayern zumal.
Edmund Stoiber ist das fleischgewordene Stammeln, Stottern und Verhaspeln. Man schließt die Augen – und hört den ehemaligen Ministerpräsidenten reden. In wirren Ausführungen über Günzburgs gloriose Geschichte hangelt er sich über die Bedrohung durch die Chinesen bis hin zum Versagen seiner Nachfolger. Seehofer und Söder – im Grunde alles Pfeifen, die vergeblich versucht hatten, selbst ihn noch rechts zu überholen. Über den Abend wechselt Wolfgang Krebs in rascher Folge seine Verkleidungen. Mal tritt er als König Ludwig auf, mal als Schlagersänger oder Schorsch Scheberl. Und all die bekannten Figuren.
Wolfgang Krebs besitzt ein beneidenswertes Talent. Wortakrobatisch imitiert er Angela Merkel, Hans-Dietrich Genscher, Günther Beckstein, Papst Benedikt, Hubert Aiwanger, Selfie-Söder und AltBundespräsident Joachim Gauck. Das immer wieder mit entlarvenden Sprechblasen: „Freue mich trotz meiner vielen Termine ganz besonders, heute hier in Günzburg zu sein. Da, wo Bayern am schönsten ist …“
Gegen Ende des Programms wird es dann doch ernsthaft. In Person von Edmund Stoiber hält Wolfgang Krebs ein flammendes Plädoyer für ein geeintes Europa, das sich seiner nationalistischen und rechtsextremen Gegner erwehrt. Ein Deutschland, das der AfD und ihrer Vorstellung von einem Austritt Deutschlands aus der EU, dem Dexit, widersteht. „Schauen Sie sich die Katastrophe in Großbritannien an.“Manche wie Seehofer strebten ein Abkommen mit der populistischen Regierung Italiens an. „Damit das Mittelmeer mehr Flüchtlinge aufnimmt als Europa.“Im Publikum wird hörbar durchgeatmet.