Muss Gott sich einmal vor seiner Schöpfung rechtfertigen?
Im Buch von Pfarrer Hermann Wohlgschaft geht es diesmal um das Letzte Gericht
Reisensburg Es klingt wie eine Entschuldigung. „Ach, wenn ich doch nur glauben könnte“, schrieb Theodor Storm in einem Brief an seinen Vater. Die Befindlichkeit des norddeutschen Schriftstellers und Juristen Storm (1817-1888) kommen einem in den Sinn – bei der Lektüre des jüngsten Buches von Hermann Wohlgschaft. „Schuld und Versöhnung – Das Letzte Gericht und die größere Hoffnung“heißt das neue Werk des ehemaligen Günzburger Klinikseelsorgers. Man ist geneigt, die Visionen des Geistlichen zu teilen. Würde man sich deren Umsetzung doch von Herzen wünschen.
Auch wer nicht restlos zu glauben vermag – Hermann Wohlgschafts Buch ist die Lektüre wert. Der Autor wirft Fragen von fundamentaler Bedeutung auf und es regt zum Nachdenken an. Weit über theologische Grenzen hinaus. Am Donnerstagabend stellt Wohlgschaft sein Buch bei einer Lesung in Reisensburg vor. In seinen inzwischen zahlreichen Büchern drängt Hermann Wohlgschaft dem Leser keine Gewissheiten auf. Als Geistlicher vertritt er naturgemäß seine religiösen Grundpositionen. Doch er lässt Raum für Fragen, Ungewissheiten und Zweifel. Ob und gegebenenfalls wie es nach dem Tod weitergeht: Auch Hermann Wohlgschaft weiß es nicht. Es herrscht das Prinzip Hoffnung.
In seinem neuen Buch geht der frühere Günzburger Klinikseelsorger Fragen nach, die sich wohl jeder schon gestellt hat. Wenn Gott allmächtig und gleichermaßen gütig ist, wie kann er dann das Böse in der Welt zulassen? Wie kann der Schöpfer gestatten, dass Menschen, die er laut Bibel doch nach seinem Ebenbild geschaffen hat, gemordet, gefoltert, missbraucht und ausgebeutet werden? Ehedem und bis heute sogar von Vertretern der Kirche. Und wie ist es möglich, dass die Täter vielfach ungeschoren und womöglich mit satten Boni davonkommen, derweil die Opfer zeit ihres Lebens unbeachtet leiden? Es ist die alte Theodizee-Frage, auf die noch niemand eine schlüssige Antwort gefunden hat. Hermann Wohlgschaft stellt überraschende Fragen: Könnte es sein, dass Gott sich am Ende der Tage vor seiner eigenen Schöpfung rechtfertigen muss? Und er geht der Frage nach, wie groß der Anteil menschlicher Schuld am Übel dieser Welt ist. Dabei stellt sich die Frage: Hat der Mensch trotz seiner Beschränkungen die Freiheit des Handelns und ein Gewissen, ist er zu Reue, Wiedergutmachung und – das besonders – zur Vergebung fähig? Warum ist Vergebung für ein gelingendes Leben so wichtig?
Der Autor erläutert abschließend die biblisch begründete Hoffnung eines „Letzten Gerichts“, das – wo und wie auch immer – nicht als Hinrichtung, sondern als Ausrichtung auf Gott zu verstehen sei, für Täter und Opfer gleichermaßen. Dieses Gericht, so Wohlgschaft, sei zugleich die Voraussetzung für eine „Neue Schöpfung“in für uns irdische nicht fassbaren Sphären, aber unabdingbar gegründet auf einer unvergänglichen Liebe.
OEine Lesung bietet Hermann Wohlgschaft am Donnerstag, 14. Februar. Beginn ist um 19.30 Uhr im Pfarrsaal Reisensburg. Das Buch „Schuld und Versöhnung“, ISBN 978-3-429-05372-7, ist erschienen im Echter-Verlag und kostet 16,90 Euro.