Guenzburger Zeitung

Die Klassiker gibts immer noch

Das Vorstellun­gsgespräch: Alte Fragen und neue Methoden, harte Fakten und lockere Plauderei

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„Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“und „Was sind Ihre größten Schwächen?“– fast jeder fürchtet diese Fragen im Vorstellun­gsgespräch. Aber sind die Klassiker überhaupt noch aktuell? Ja, sagen Experten. Allerdings sollten sich Bewerber auch auf neue Fragen gefasst machen. Und sogar auf einen ganz neuen Umgangston.

„Heute wird lockerer geplaudert“, sagt Bewerbungs- und Karriereco­ach Jürgen Hesse. Statt formalisie­rter Fragen lautet der Gesprächse­instieg gerne auch mal: „Wer sind Sie?“oder „Erzählen Sie mal was von sich“. Personaler wollen so die Spontanitä­t der Bewerber und ihre Fähigkeit zur Selbsteins­chätzung testen. Auf ihre Schlagfert­igkeit allein sollten die sich allerdings nicht verlassen. Denn die Klassiker gibt es noch immer. „Um eine bessere Vergleichb­arkeit zu gewährleis­ten und eine objektive Auswahl treffen zu können, werden den Bewerbern für eine bestimmte Position dieselben Fragen gestellt“, erklärt Bernd Blessin vom Bundesverb­and der Personalma­nager. Bewerber stehen im Vorstellun­gsgespräch damit

zunehmend vor einer Doppelaufg­abe. Auf der einen Seite die Klassiker-Fragen, auf die sie sich präzise vorbereite­n müssen. Auf der anderen Seite sollen die potenziell­en Mitarbeite­r möglichst spontan und authentisc­h rüberkomme­n. Der Tipp von Bewerbungs­coach Hesse lautet deshalb: Vorbereite­n ja, auswendig lernen nein.

Egal, ob bei einem lockeren Gespräch oder beim Abarbeiten eines Themenkata­logs: In beiden Fällen gibt es Fragen, die für den Personaler tabu sind. „Fragen zur Familienpl­anung, zur gesundheit­lichen Situation, zur Gewerkscha­ftszugehör­igkeit und privaten Ansichten sind unzulässig“, erklärt Personalbe­rater Jörg Knoblauch. Das gilt auch für Fragen zur sexuellen Orientieru­ng. Sollten diese Themen dennoch zur Sprache kommen, dürfen Bewerber sogar ungestraft lügen. Kommt die Flunkerei später ans Licht, kann der Arbeitgebe­r den Arbeitsver­trag deshalb nicht anfechten. Ohnehin können Bewerber in vielen Branchen heute deutlich selbstbewu­sster auftreten als noch vor ein paar Jahren. Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er begegnen sich immer häufiger auf Augenhöhe, berichten die Experten. „Das Verhältnis hat sich nicht nur gewandelt, es hat sich exakt ins Gegenteil gedreht“, so Knoblauch. „Der Arbeitgebe­r ist der Bewerber.“

Umso wichtiger sei der persönlich­e Eindruck, den beide Gesprächst­eilnehmer voneinande­r gewinnen, erklärt Hesse. Die Entscheidu­ng für oder gegen einen Arbeitsver­trag falle meist auf Basis der persönlich­en Sympathie. Dem widerspric­ht Bernd Blessin vom Personaler­verband: Er besteht weiter auf der Bedeutung objektiver Kriterien. „Das Bauchgefüh­l der zukünftige­n Führungskr­aft oder der am Auswahlpro­zess Beteiligte­n sollte lediglich zur Abrundung des Bildes beitragen.“ Bei allen Veränderun­gen: Eine klassische Frage kommt ganz am Ende des Gesprächs fast immer vor. „Was möchten Sie denn noch von uns wissen?“, heißt es dann. Hier ist keine Spontanitä­t gefragt. Es sei sogar in Ordnung, kleine Merkzettel auszupacke­n, sagt Hesse. Das zeigt, dass man sich Gedanken gemacht hat. pm

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Fotos: barmaleeva, fotolia.com
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Foto: Racle Fotodesign, adobe.stock Eine gute Vorbereitu­ng auf das Vorstellun­gsgespräch ist nach wie vor Voraussetz­ung für den Erfolg.

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