Schüler setzen Zeichen für den Klimaschutz
Die Protestbewegung der Schüler im Landkreis hat dazu geführt, dass sich die Bildungseinrichtungen nachhaltig mit dem Thema auseinandersetzen
Die Protestbewegung der Schüler hat dazu geführt, dass sich die Schulen nachhaltig mit dem Thema auseinandersetzen.
Günzburg Die Debatte um die Protestbewegung der Schüler „Fridays for Future“(„Freitage für die Zukunft“) hat auch an den Schulen im Landkreis Günzburg einen Stein ins Rollen gebracht: Zum zweiten Mal haben Jugendliche zu einer Klimaschutz-Demonstration aufgerufen, dieses Mal außerhalb der Schulzeit.
Um Punkt 13 Uhr befanden sich gefühlt mehr Polizeibeamte als Demonstranten im Bereich der Absperrung rund um den Brunnen am Günzburger Marktplatz. Anhaltender Regen und Wind luden nicht gerade zum Demonstrieren ein. Im Lauf der folgenden halben Stunde versammelten sich dann knapp hundert Schüler und viele Erwachsene, auch ältere Jahrgänge, die gut beschirmt dem Wetter trotzten. Die teils schön gestalteten Plakate hielten der Nässe nicht lange stand.
Der generationenübergreifende Protest am Marktplatz war aber nicht die einzige Aktion am gestrigen Tag. Während an Maria-WardGymnasium und -Realschule „Klimafasten“angesagt ist, haben an der Dominikus-Zimmermann-Realschule Schüler und Lehrer gemeinsam einen großen Projekttag rund um das Thema Klima organisiert. „Unsere Schüler demonstrieren quasi innerhalb der Schule. Es ist unser Zeichen, Solidarität in Sachen Klimaschutz zu zeigen“, betonte Schulleiterin Roswitha Schön.
Im Februar hatten drei MariaWard-Gymnasiastinnen erstmals in Günzburg eine Demonstration initiiert, zu der mehr als 300 Schüler von Maria-Ward-Gymnasium und -Realschule, Dossenberger Gymnasium und Dominikus-Zimmermann-Realschule aus Günzburg sowie aus dem St.-Thomas-Gymnasium Wettenhausen kamen. Für Diskussion hatte ihr Protest vor allem deswegen gesorgt, weil er während der Schulzeit stattfand. Dies müsse als „unentschuldigtes Fehlen“gewertet werden, was nicht ohne Konsequenzen bleiben dürfe. Die betroffenen Schulleiter sahen jedoch von Sanktionen ab. Stattdessen wollten sie die Demonstration positiv nutzen und weitere, schulübergreifende Klimaschutzprojekte anstoßen. Noch im Februar hatten die Schulleiter davon gesprochen, erste Schritte so bald wie möglich in die Tat umzusetzen, spätestens jedoch zum gestrigen „Friday for Future“aktiv zu werden. Dass es sich nicht um leere Versprechungen handelt, beweisen die vielfältigen Aktionen, die seitdem gestartet wurden.
● Maria-Ward-Gymnasium und -Realschule Weil Schulleiter Christian Hörtrich sich gefreut hatte, dass seine Schüler „politisches Bewusstsein zeigen“, wollte er niemanden „bestrafen“, zumal das Thema Klima an der Schule groß geschrieben werde. Hörtrich wollte umgehend den Effekt der Demonstration nutzen und regte in Anlehnung an das christliche Fasten nach der Faschingszeit ein sogenanntes Klimafasten an. Seine Idee, sich der Initiative der Kirchen anzuschließen und sieben Wochen lang jede Woche ein neues Thema aktiv mitzuleben, sei es Energie zu sparen, auf fairen Konsum zu achten oder umweltfreundliche Verkehrsmittel zu wählen, sei bei Schülern, Eltern und Lehrern bestens angekommen, berichtete Hörtrich auf Anfrage. Deshalb sei das Vorhaben noch in den Faschingsferien gestartet worden. Erste Übung sei es gewesen, in sich zu gehen und über Klimaschutz zu reflektieren. Zu Beginn dieser Woche wurde es konkreter. Nun gilt es, auf den Energiehaushalt zu achten. Nicht nur auf Plakaten wird auf die jeweilige Aktion aufmerksam gemacht, Hörtrich erinnert die Schüler auch immer wieder über Lautsprecherdurchsagen daran. Wichtig ist dem Rektor dabei, dass den Schülern nichts „aufgestülpt“wird, das Ganze beruhe auf Eigeninitiative und Eigenverantwortung. „Ich kann und will gar nicht nachprüfen, ob die Schüler an der Aktion mitmachen. Es geht ganz einfach darum, dass wir uns an der eigenen Nase fassen und etwas tun“, so Hörtrich. Die zwei Schulen seien in Sachen Klimaschutz schon sehr fortgeschritten, durch die Schülerdemonstrationen sei das Thema aber neu entfacht worden. Seiner Ansicht nach ist durchaus schon spürbar, dass eine andere Einstellung vorherrsche.
● Dominikus-Zimmermann-Realschule 23 Schüler der zehnten Klassen hatten laut Schulleiterin Roswitha Schön im Februar demonstriert, und den Unterricht gehörig durcheinandergewirbelt. Da das Anliegen der Schüler aber ein gutes gewesen sei, sollten sie nicht bestraft werden, stattdessen sollte sich die Schülermitverantwortung (SMV), die Vertretung der Kinder und Jugendlichen, Gedanken über ein schulübergreifendes Projekt machen. „Nur Hinstehen und Plakate hochhalten, ist nicht genug“, betonte Schön. Was die Schüler für den gestrigen Tag auf die Beine gestellt haben, kann sich in ihren Augen durchaus sehen lassen. 230 Schüler waren involviert, lediglich die Siebtklässler fehlten aufgrund eines Skikurses. Die Themen hatten die Mädchen und Buben selbst vorgeschlagen, le- diglich bei der Umsetzung musste das Lehrerkollegium helfend eingreifen. Während beispielsweise die jüngeren Schüler damit befasst waren, mitgebrachtes Plastik zu sortieren und wiederzuverwerten, beschäftigten sich die Sechsklässler im Englischunterricht damit, wie sie Müll vermeiden können, andere sammelten im Freien weggeworfenen Müll ein. Wieder andere säten Samen für eine Wildblumenwiese auf dem Schulgelände an und die Neunt- und Zehntklässler bereiteten ein klimafreundliches Pausenessen vor. Roswitha Schön ist stolz auf ihre Schüler und darauf, dass die Einrichtung mit diesem Tag ein Ausrufezeichen setzen konnte. Schluss soll jetzt aber noch lange nicht sein: „Das ist jetzt die Herausforderung und unsere Aufgabe, dass wir dranbleiben, dass es in den Köpfen fest verankert ist“, betonte die Rektorin.
● Dossenberger-Gymnasium Die 100 Schüler ab der neunten Klasse aufwärts, die sich im Februar an der Demonstration beteiligt hatten, mussten die ausgefallene Unterrichtszeit – etwa zwei Schulstunden – „wieder reinarbeiten“. Das hatte Schulleiter Peter Lang klipp und klar mit den Schülern im Vorfeld besprochen. Dies sollte in Form eines Projektnachmittags in der schulfreien Zeit geschehen. Wie der stellvertretende Schulleiter Georg Ruß auf Nachfrage mitteilte, haben die Neuntklässler diesen Tag bereits vor den Faschingsferien selbst organisiert und Ziele erarbeitet, wie der Klimaschutz vor Ort gestärkt werden kann. Außerdem setzten sie an diesem Nachmittag einen Elternbrief auf, den die Schule in dieser Woche verschickt hat. Darin hätten die Schüler unter anderem angeregt, mal öfter das Auto stehen zu lassen oder darauf zu achten, Plastikmüll zu vermeiden. In der nächsten Zeit folgt laut Ruß noch der Projekttag der Zehntklässler und der Oberstufe.
● St.-Thomas-Gymnasium Wettenhausen Inhaltlich steht Schulleiter Andreas Eberle „voll und ganz“hinter der Protestbewegung der Schüler. Schließlich sei die „Bewahrung der Schöpfung gerade uns als katholischer Einrichtung ein ganz wichtiges Anliegen“. Dies müsse jedoch unbedingt jenseits von Parteipolitik erfolgen. Sein Wunsch, dass sich seine Schule noch vor der Klimaschutz-Aktion im März positioniert und eine gemeinsame Aktion auf die Beine stellt, erfüllte sich zwar nicht. Doch die SMV war in der Zwischenzeit keineswegs untätig, Mitte dieser Woche stellte sie Eberle Pläne für einen Projekttag vor, die den Rektor begeistert hätten. „Es freut mich sehr, dass die Initiative von den Schülern selbst kommt, dass es nichts Aufgesetztes ist“, betont Eberle. So denken die Schüler beispielsweise an eine Baumpflanzaktion oder an einen Tausch von gut erhaltender, aber gebrauchter Kleidung. In der nächsten Woche sollen die Ideen in einer Klassensprecherversammlung vorgestellt werden. Jede Klasse darf dann ein Thema auswählen, mit dem sie sich intensiv beschäftigt. Auch den Elternbeirat möchte Eberle für diese Aktion mit ins Boot holen. Der Schulleiter ist sich sicher, dass „hier etwas Nachhaltiges wachsen wird“. »Diese Woche
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