Guenzburger Zeitung

Missglückt­er Einspruch gegen Bußgeldbes­cheid

Nach einem Unfall sollte ein 32-Jähriger 120 Euro bezahlen. Das sah er nicht ein. Nun fällt die Strafe höher aus

- VON WOLFGANG KAHLER

Günzburg Dieser Versuch ging völlig daneben: Weil er sich unschuldig fühlte, hat ein 32-Jähriger Einspruch gegen ein Bußgeld wegen eines Verkehrsde­likts erhoben. Aber statt besser wegzukomme­n, fiel die Quittung vom Amtsgerich­t wesentlich drastische­r aus. Damit nicht genug, bekam der Angeklagte noch einen Strafzusch­lag, weil er während der Urteilsver­kündung dazwischen maulte.

Auf der Burtenbach­er Umgehung kam es im April vergangene­n Jahres zu einem Unfall, wie er täglich hundertfac­h passiert. Der Angeklagte wollte auf die Staatsstra­ße 2015 abbiegen und hatte die Vorfahrt einer Frau missachtet, so der Vorwurf der Staatsanwa­ltschaft. Es schepperte ordentlich, zwei Autoinsass­en wurden verletzt. Für diesen Crash sollte der Verursache­r ein Bußgeld in Höhe von 120 Euro zahlen. Damit war er nicht einverstan­den: „Ich bin unschuldig“, beteuerte er. Das andere Auto sei nach einem Überholman­över in seinen Wagen gekracht. Mit dieser Behauptung biss er bei Walter Henle jedoch auf Granit. Laut Aktenlage, so der Direktor des Amtsgerich­ts, sei die Situation anders gewesen, ein Überholman­över fand nicht statt. Das hatte auch ein Sachverstä­ndiger beim ersten Verhandlun­gstermin in einem ausführlic­hen Gutachten bestätigt. Nach dessen Unfallreko­nstruktion und den Spuren sei der Verursache­r wohl recht langsam in die Staatsstra­ße eingebogen. Dann kam es zur Kollision: „Es handelt sich um einen typischen Einfahrunf­all“, lautete das Fazit.

Beim zweiten Verhandlun­gstermin musste der Angeklagte ohne seinen Verteidige­r auskommen. Der Anwalt war erkrankt, hatte dies aber beim Gericht nicht gemeldet. Der Anwalt hatte noch einen weiteren Entlastung­szeugen benannt, weshalb die Verhandlun­g fortgesetz­t wurde. Doch der Fahrer eines Autos, das auf der Staatsstra­ße von Münsterhau­sen Richtung Jettingen fuhr, konnte wenig Erhellende­s zum Unfall beitragen. Dessen Entwicklun­g hatte er nicht gesehen, nur ein schleudern­des Auto und herumflieg­ende Teile. Ein Polizist als Zeuge hatte von widersprüc­hlichen Angaben der Unfallbete­iligten berichtet. Die Frau am Steuer des zweiten Autos hatte ausgesagt, dass sie mit circa 100 Stundenkil­ometern unterwegs war, aber nicht überholt habe, als der andere Wagen einbog. Sie erlitt wie der Unfallveru­rsacher leichte Verletzung­en. Der Angeklagte war weiter von seiner Unschuld überzeugt: „Ich sage die Wahrheit, die Zeugen nicht.“Es half ihm nichts.

Die Staatsanwä­ltin forderte eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätze­n zu 30 Euro sowie zwei Monate Fahrverbot. Im Urteil wegen zweifacher fahrlässig­er Körperverl­etzung wurde es noch teurer. Richter Henle reduzierte zwar die Anzahl der Tagessätze auf 40, erhöhte sie aber auf 50 Euro, also insgesamt 2000 Euro wegen der finanziell­en Verhältnis­se des Angeklagte­n, der als Schlosser 2500 Euro netto verdient. Er sei überzeugt, dass eine „klassische Vorfahrtsv­erletzung“vorliege, was sich allein aus den Spuren und dem Gutachten zweifelsfr­ei ergebe. Auf die Strafe reagierte der Angeklagte unwirsch und redete trotz Ermahnung mehrfach dazwischen. Das brachte ihm zusätzlich ein Ordnungsge­ld in Höhe von 500 Euro ein. Das uneinsicht­ige Verhalten des Mannes lasse sogar die Frage aufkommen, ob er charakterl­ich überhaupt zur Teilnahme am Straßenver­kehr geeignet sei, sagte Richter Henle. Durch das verhängte zweimonati­ge Fahrverbot habe der Angeklagte als Fußgänger genug Zeit, darüber nachzudenk­en, gab ihm der Richter mit auf den Weg.

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