S. H. schreibt über S. H.
Die Amerikanerin und ihr großes Thema: Wie Frauen klein gemacht werden
ums Leben gekommen, die Frau will sich offenbar an ihrem brutalen Ex-Mann rächen, der Gärtner spielt eine Rolle…
Sehr wirr also diese Story, die sich erst zu klären beginnt, nachdem sie in einer Notlage die Nachbarin näher kennengelernt hat. S. H. wird einen Verehrer, den sie auf einer Party kennengelernt hat, nicht mehr los. Mit ungutem Gefühl lässt sie sich nach Hause eskortieren, gelähmt von männlichem Autoritätsgehabe, und dann steht er plötzlich im Appartement, schleudert sie gegen die Bücherwand. „In dem Moment, in dem er mich packte, verlor ich meine Grenzen, weil er nicht an sie glaubte.“Zur Vergewaltigung kommt es nur deswegen nicht, weil in der Nachbarwohnung Lucy mit dem Besenstiel fest an die Wand klopft. Frau plus Besen = Hexe. Die wird der jungen S. H. dann also ihre Geschichte erzählen.
Klingt immer noch wirr? Das ist es auch. Eine grandiose Wirrnis, aus der Siri Hustvedt ihrer S. H. einen Weg hinaus bahnt und zugleich zur Detektivin der eigenen Geschichte wird. Wie wurde S. H. zu S. H.? „Die Welt liebt starke Männer und hasst starke Frauen“, wird der jungen S. H. erklärt, bevor die anfängt sich zu wehren: Mit Worten und Wissen…und im Übrigen gestärkt mit dem guten Gefühl, das einem ein kleines Springmesser in der Hosentasche geben kann.
Man kann „Damals“als Memoir lesen, als einen literarisch Beitrag zur #MeToo-Debatte, als Ermutigungswerk, stellenweise dann aber auch als Ermüdungswerk mit langen Reflektionsschleifen. Ihr großes Thema formuliert die US-Autorin jedoch mit zorniger Klarheit: Frauen, haltet euch nicht an von Männern gemachte Regeln. Wehrt euch! Gegen männliche Bevormundung, gegen das Kleindrücken. Die starke Siri Hustvedt wird, weil sie darüber so kluge Romane verfasst, dann doch sehr geliebt. Für dieses Buch aber vermutlich doch eher von Frauen. Stefanie Wirsching Siri Hustvedt: Damals
A. d. Engl. von Uli Aumüller und Grete Osterwald, Rowohlt, 448 Seiten, 24 Euro