Wo bleibt der Kampf um die Stammplätze?
Busfahren verbindet. Nicht nur Städte, Dörfer oder Haltestellen. Reisen mit dem Bus verbindet auch die Fahrgäste. Gemeinsames Schimpfen im innerstädtischen Linienverkehr über den unfreundlichen Manni (sie heißen immer Manni) am Steuer schafft jenen oft vermissten gesellschaftlichen Kitt. Nichts bringt Schüler und Lehrer näher zusammen als die Nahtod-Erfahrung auf Klassenreisen. Wenn der Fahrer die Lederhandschuhe überstreift, das Ferrari-Käppi aufsetzt und die Serpentinen in Angriff nimmt, verschwimmen hierarchische Grenzen.
Es ist also erfreulich, dass die deutsche Nationalmannschaft auch weiterhin Bus fährt. Zumindest manchmal. Neu-Sponsor VW übergab gestern das neue Gefährt. Ob der ehemalige besternte TeamTransporter einer neuen Bestimmung zugeführt wurde, ist unbekannt. Allzu viel Zeit werden Neuer und Co. aber nicht im Bus verbringen. Er bringt sie zwar vom Hotel zum Stadion und auch wieder zurück. Wenn die Mannschaft aber am Samstag von Wolfsburg nach Amsterdam reist, steigt sie ins Flugzeug. Das ist nicht nur aus umweltpolitischen Gesichtspunkten schade. Von launigen Kartenrunden in der Business-Klasse ist in der Geschichte der Nationalmannschaft nichts überliefert. Jetzt, da die prestigeträchtige letzte Sitzreihe vakant ist, könnte der Kampf um diesen Stammplatz entbrennen. Zuvor wurde er sicherlich von Klassenclown Thomas und dem coolen Jérôme besetzt. Niemand aber erhebt Anspruch. Bedauern bringt nichts. Es müssen Anreize geschaffen werden, um Busfahren attraktiver zu gestalten. Dem HerbergsJogi beim Streichen der Brotzeit Nivea und Frischkäse zu vertauschen, ist schon lange langweilig. Opa Oli zuzuhören, wie er beim Aufschneiden der Äpfel von einem goldenen Tor vor über 20 Jahren erzählt: ermüdend. Stattdessen ließe sich im Hinterteil des Busses ein Tätowierstudio einrichten. Von Wolfsburg nach Amsterdam könnte sich Leroy Sané ein weiteres Bild seines Lieblingsspielers auf den Oberarm stechen lassen. Für den an finanzieller Absicherung interessierten Profi könnte ein Impulsreferat eines Experten angeboten werden: „Auch für Ihr Konto eine Reise wert – die Virgil Islands.“Nichts ist unmöglich.