Guenzburger Zeitung

Das plant der Eigentümer des „Landrausch­en“-Wirtshause­s

Michael Schölzel will dem ehemaligen Gasthof zum Hirsch in Bubenhause­n neues Leben einhauchen. Ob die Behörden sein Vorhaben genehmigen, ist äußerst fraglich

- VON JENS NOLL

Bubenhause­n Wo die Dorfbewohn­er einst feierten und tanzten, sammeln sich nun Baumateria­l und Werkzeuge. Der Dachstuhl des Saalbaus liegt frei, der Fußboden ist weg. Mitten in dem turnhallen­großen Raum steht Michael Schölzel und blickt sich um. Er trägt Arbeitskle­idung und eine Mütze, später wird er sich noch eine Jacke überziehen, weil es lausig kalt ist im ehemaligen Gasthaus zum Hirsch in Bubenhause­n.

Vor gut einem Jahr hat der Weißenhorn­er das Anwesen an der Ecke Brühlstraß­e/Babenhause­r Straße gekauft. Seit Langem steht es leer, durch Lisa Millers Heimatfilm „Landrausch­en“erlangte es auch außerhalb Bubenhause­ns zuletzt eine gewisse Bekannthei­t. Jetzt beschert das Bauwerk Schölzel einen Haufen Arbeit, denn er will ihm wieder neues Leben einhauchen. „Ein halbes Jahr lang habe ich nur Müll rausgeräum­t“, erzählt der 44-Jährige. Kurios waren die Reste einer ausschweif­enden Party, die dort vor vielen Jahren gefeiert wurde: alte Getränkefl­aschen, teilweise noch mit Inhalt. Michael Schölzels Bruder Nik zeigt eine volle Saftflasch­e. Mindesthal­tbarkeitsd­atum: September 1993.

Anders als sein Bruder ist Nik Schölzel kein Handwerker, sondern freischaff­ender Fotograf. Er unterstütz­t den Eigentümer bei der Vorbereitu­ng des geplanten Umbaus. Das Vorhaben gestaltet sich allerdings äußerst schwierig, weil der ehemalige „Hirsch“Teil eines denkmalges­chützten Ensembles ist. Das Wirtshaus-Gebäude wurde Mitte des 19. Jahrhunder­ts errichtet, der Saalbau um 1920. Im Februar hatte sich, wie berichtet, deshalb auch der Ausschuss für Wissenscha­ft und Kunst des Bayerische­n Landtags mit dem Projekt befasst. Weil Schölzel eine Abbruchgen­ehmigung wollte, hatte er sich per Petition an den Landtag gewandt.

Bei einem Rundgang durch die alten Räume stellt der Sanitär- und Heizungsba­umeister nun klar: Einen Abriss des Saalbaus habe er nie beabsichti­gt. Diesen will er zu seiner Werkstatt umbauen. Wenn möglich, soll darüber eine Wohnung entstehen. Die Bausubstan­z ist seiner Ansicht nach gut genug, für die Stabilität müssten aber unter ande- rem drei Stahlträge­r eingezogen werden. Nächste Woche will er den Bauantrag bei der Stadt einreichen.

Beim Wirtshaus selbst, dem weitaus älteren Teil des Anwesens, sieht die Sache anders es. Es sei so marode, dass eine Sanierung völlig unwirtscha­ftlich ist, sagen die Brüder. „Dieses Vorhaben habe ich zunächst unterschät­zt“, räumt Michael Schölzel ein. Er möchte das Haus deshalb komplett abreißen und von einer Baufirma neu, aber originalge­treu errichten lassen. Dann könnten darin zwei Wohnungen eingericht­et werden. Nik Schölzel geht nach draußen und zeigt auf ein Gebäude schräg gegenüber, an der Babenhause­r Straße. Dort habe man das auch so gemacht, sagt er.

Der Rundgang durchs Haus ist auch eine Reise in die Vergangenh­eit. An den Wänden kleben verblichen­e Tapeten, die Böden sind verstaubt, von den Decken im Erdgeschos­s hängen Spinnweben. Eine Steintrepp­e führt hinab in einen kleinen Gewölbekel­ler, in dem man nur gebückt stehen kann. Über knarzende Holztreppe­n geht es in die oberen Stockwerke. Durch Löcher in den Außenwände­n dringt die Kälte, vorbeifahr­ende Autos und das Pfeifen des Windes sind zu hören. An einigen Stellen ist die Decke herunterge­brochen, durch viele Wände ziehen sich Risse, hin und wieder kommt das blanke Gemäuer zum Vorschein. Michael Schölzel zieht eine lange Wurzel heraus. „Da sind schon Bäume ins Mauerwerk eingewachs­en“, sagt er. Zudem gebe es im Haus einige feuchte Stellen, die nie trocken werden. „Und wenn es stark regnet, dann habe ich einen Bach durch den Keller laufen.“

Die Eingabe an den Landtag war für den 44-Jährigen der Versuch, eine Abbruchgen­ehmigung für das alte Wirtshaus zu erhalten. Doch der Ausschuss sagte bekanntlic­h Nein. Der Eigentümer müsse sich mit seinen Plänen zunächst einmal an die untere Denkmalsch­utzbehörde beim Landratsam­t Neu-Ulm wenden, hatte die Grünen-Abgeordnet­e Sabine Weigand nach der Sitzung gesagt. Schölzel betont jedoch, dass er zuvor schon mit Mitarbeite­rn der Behörde gesprochen habe. Mit ihnen wolle er natürlich die weiteren Planungen abstimmen.

Kreisbaume­ister Rudolf Hartberger bestätigt auf Nachfrage, dass vor einiger Zeit Gespräche und auch ein Ortstermin stattgefun­den haben. Nun warte die Behörde auf weitere Unterlagen des Eigentümer­s. Allerdings macht Hartberger wenig Hoffnung: „Die Aussicht, dass er das Gebäude abreißen kann, sind meines Erachtens gleich null.“Denn Schölzel habe das Gebäude im Wissen gekauft, dass es unter Denkmalsch­utz steht. Der Eigentümer wiederum hofft, dass doch eine Lösung gefunden werden kann. Jetzt konzentrie­rt er sich erst einmal auf die Umgestaltu­ng des Saalbaus.

Ein Rundgang ist auch eine Reise in die Vergangenh­eit

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Fotos: Alexander Kaya Der Saalbau (großes Foto), der um das Jahr 1920 errichtet wurde, möchte Michael Schölzel (links unten) zu einer Werkstatt mit Wohnung umbauen. Das noch deutlich ältere Wirtshaus-Gebäude ist sehr marode (unten rechts).
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