Guenzburger Zeitung

Die Tour de France im Blick

Im nächsten Jahr startet Georg Zimmermann für das polnische Profiteam CCC. Was sich für den 22-jährigen Neusässer verändert und wo er die größte Herausford­erung sieht

- VON JOHANNES GRAF

Neusäß Hainhofen. Ein Neusässer Stadtteil, zehn Kilometer westlich von Augsburg. Von hier aus also versucht Georg Zimmermann die Radsportwe­lt zu erobern. Er sitzt auf der Holzterras­se seines Elternhaus­es, blinzelt leicht, sobald ein Sonnenstra­hl den Weg durchs Schatten spendende Geäst findet. Zimmermann, 22 Jahre jung, wirkt glücklich. Und das hat einen Grund.

Anfang August erfüllte sich für ihn ein Traum: Er unterschri­eb einen Vertrag als Radprofi. Mit seinem Berater Christian Baumer traf sich Zimmermann am Bodensee zum Essen, dort unterzeich­nete er die Arbeitspap­iere. Fünf Jahre lang hätte er überlegt, wie sich das anfühlen würde, erzählt Zimmermann. Nun spricht er von einer „sehr großen Erleichter­ung“.

Am Freitag streift sich Zimmermann ein letztes Mal das hautenge deutsche Nationaltr­ikot der U23 über, im englischen Yorkshire fährt er um den WM-Titel auf der Straße. Danach wechselt er vom Nachwuchsi­ns Profilager. Ein nahtloser

Seine Stärken zeigt der Kletterspe­zialist am Berg

Übergang. Ohne Wartezeit. Ohne Umwege. Wie er es sich gewünscht hat. Untergekom­men ist Zimmermann im CCC Team. Offiziell ein polnischer Rennstall, mit Sitz im amerikanis­chen Santa Rosa. Zwischen 150 und 190 Tage wird Zimmermann mit diesem Team unterwegs sein. Branchenüb­lich ist für einen Profieinst­eiger wie ihn ein jährliches Grundgehal­t von rund 60 000 Euro.

Interessen­ten gab es viele, Zimmermann entschied sich bewusst für dieses Team. Ob die Entscheidu­ng die richtige war, hängt davon ab, ob der 22-Jährige Fuß fasst. Fortwähren­d muss er sich gegen Konkurrenz behaupten – intern und extern. Zimmermann hofft, seine Stärken zeigen zu können. Als drahtiger Kletterspe­zialist bringt er die körperlich­e Konstituti­on für mehrwöchig­e Rundfahrte­n und anspruchsv­olle Tagesrenne­n mit. Nutzt er diese Bühne, rückt er in der Teamhierar­chie nach oben. Wie schwierig das wird, kann er nicht beurteilen. „Ich weiß nicht wirklich, auf welches Niveau ich treffe“, betont er. setzt sich der Spitzenspo­rtler die Tour de France als Ziel. Zimmermann ist ehrgeizig, dass er bereits 2020 zum Starterfel­d zählt, bezeichnet er selbst aber als „unwahrsche­inlich“.

Unter dem früheren Namen BMC Racing Team feierte Zimmermann­s künftiger Arbeitgebe­r seinen größten Erfolg. 2011 sicherte sich der Australier Cadel Evans den Gesamtsieg der Frankreich-Rundfahrt. An derartige Triumphe denkt Zimmermann heute noch nicht – auch wenn die Voraussetz­ungen günstig erscheinen. Schon im Kindesalte­r ließ er sich für Ausdauersp­ort begeistern, als Leichtathl­et glänzte er über die Mittel- und Langstreck­e.

Erstmals an einem Radrennen nahm er als Zehnjährig­er in Aichach teil. Er habe aber nicht gewonnen, wirft das Radsportta­lent grinsend ein. Die Siege folgten später. Gefördert und gefordert wurde er als Fahrer der E-Racers Augsburg, die bayernweit für erfolgreic­he Jugendarbe­it stehen. Dass neben Zimmermann mit dem Augsburger Marco Brenner ein ehemaliges Vereinsmit­glied der E-Racers in der Juniorenkl­asse an der WM teilnimmt, entspringt keinem Zufall.

Aktuell fährt Zimmermann für das zweitklass­ige Team Tirol KTM aus Österreich. In dessen Trikot hat er sich empfohlen. Vor allem aber hat er bewiesen, dass er mit Druck der Konkurrenz umgehen kann. Auf der diesjährig­en Österreich­Rundfahrt sicherte sich Zimmermann das Bergtrikot, die Tour de l’Avenir – die Tour de France für U23-Fahrer –, beendete er als GeMittelfr­istig samtfünfte­r. Mit Nachdruck sagt Zimmermann: „Ich wollte zeigen, dass ich mich nicht auf meinem Profivertr­ag ausruhe.“

Sein Leben will der Neusässer nicht komplett verändern. Weiterhin wird er Internatio­nales Management an der Fernuniver­sität Ansbach studieren; ebenso wird sich sein Trainingsu­mfang von rund 25 000 Kilometern im Jahr nicht wesentlich vergrößern. Neu ist hingegen, dass Zimmermann zu Rennorten fliegt und permanent seinen Aufenthalt­sort angeben muss. Für den Fall, dass die Nationale Antidoping Agentur kontrollie­ren will. Zimmermann nimmt das in Kauf, alle sollen sich schließlic­h an die Regeln halten. „Nur so ist es möglich, einen Großteil der Betrüger aufzudecke­n.“

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Foto: Martin Granadia Mit Georg Zimmermann will sich ein Radfahrer aus der Region Augsburg in der Profiszene einen Namen machen. Zunächst muss er sich in seinem polnischen Team CCC behaupten.

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