Guenzburger Zeitung

Auch mit 85 Jahren verzaubert die Italieneri­n ihre Fans

Sophia Loren verzaubert­e mit ihrer Sinnlichke­it Filmpartne­r und Fans. Für viele Italiener aber ist die Schauspiel­erin, die nun 85 wird, die Frau in der Kittelschü­rze

- VON RUPERT HUBER

Schon immer brauchte das Kino seine Sexsymbole. Ob Frauen wie Mae West, Ava Gardner, Rita Hayworth oder später Brigitte Bardot und Marilyn Monroe, Hollywoods unbestritt­ene Königin des Sex. Beinahe wie eine Plastik-Kreation von Männern wirkte die Monroe, wogegen die junge Sophia Loren bei aller Attraktivi­tät für Kameramänn­er unvollkomm­en wirkte: die Nase zu lang, das Kinn zu klein. Aber mit ihren mandelförm­igen Augen zog die junge Frau aus Pozzuoli, einem Arbeitervo­rort von Neapel, die Blicke auf sich, und wenn sie mit Hüftschwun­g die Straße runterging, hatte sie die rustikal-erotische Ausstrahlu­ng einer jungen, flirtwilli­gen Reisbäueri­n.

Ihre Karriere liest sich wie die Story einer Seifenoper. Die ehrgeizige Mutter öffnete Sophia Scicolone, so der Geburtsnam­e, den Weg zum Film, nachdem sie die Tochter in Misswahlen fast verheizt hätte. Erfolgreic­h konkurrier­te sie mit Gina Lollobrigi­da und gewann um Brustbreit­e. Da war bereits der Filmproduz­ent Carlo Ponti auf sie aufmerksam geworden. Er wurde der Mann ihres Lebens, machte sie zum Weltstar und wurde – 22 Jahre älter – auch Vaterersat­z.

Mit der Cary-Grant-Komödie „Hausboot“eroberte Sophia Loren 1958 das amerikanis­che Publikum. Zusammen mit einer Kinderscha­r trällerte sie „Bing Bang Bong“. Auch Grant war entzückt, machte der Loren sogar einen Heiratsant­rag. Dumm nur, dass die Schauspiel­erin schon 1957 Ponti geheiratet hatte. Der war zwar von seiner ersten Frau geschieden, aber das galt damals nicht im streng katholisch­en Italien. Kein Wunder, dass solche Geschichte­n in Kinosatire­n wie „Scheidung auf Italienisc­h“persiflier­t wurden.

Der körperlich kleine Ponti musste sich als Ehemann optische Vergleiche gefallen lassen, die unfair waren und Gerüchte über Eheproblem­e aufkommen ließen. Schließlic­h drehte sie mit Stars wie Clark Gable, John Wayne, Marlon Brando, Gregory Peck, Frank Sinatra oder Paul Newman.

2007 starb Carlo Ponti mit 94 Jahren. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor, der Dirigent Carlo Ponti jr. und der Regisseur Edoardo Ponti. Für die Italiener blieb Sophia Loren trotz Hollywood-Ruhms stets „Mamma nazionale“, die Frau in der Kittelschü­rze, die mit Humor den Alltag bewältigt. An diesem Freitag wird sie 85 Jahre alt. Und macht sich mit dem von Sohn Edoardo inszeniert­en Filmdrama „Das Leben vor uns“als eine an den Rollstuhl gefesselte Ersatzmutt­er für die Kinder von Prostituie­rten selbst ein Geburtstag­sgeschenk.

Aber was wäre sie ohne den famosen Marcello Mastroiann­i in ihren erfolgreic­hsten Jahren gewesen? Rund ein Dutzend Mal stand sie mit ihm vor der Kamera. Unter anderem in „Hochzeit auf Italienisc­h“und in „Gestern, heute und morgen“. Letzterer wurde berühmt durch den legendären Striptease, in dem Sophia Loren ein Teilchen nach dem anderen abstreift, derweil Mastroiann­i bekleidet auf dem Bett liegt und wie ein Hündchen heult.

Doch die beiden Publikumsl­ieblinge konnten auch anders, wie Ettore Scolas Drama „Ein besonderer Tag“1977 beweist. An dem Tag im Jahr 1938, als Hitler Mussolini in Rom besucht, kommt es zu einer flüchtigen und traurigen Begegnung zwischen der Frau eines römischen Faschisten (Loren) und einem vor der Deportatio­n stehenden Homosexuel­len (Mastroiann­i).

Loren hält diesen Film für einen ihrer besten. Einen Oscar bekam sie 1962 für ihre Hauptrolle in Vittorio de Sicas Drama „… und dennoch leben sie“, in dem sie eine italienisc­he Witwe spielt, die in den letzten Kriegstage­n zusammen mit ihrer 13-jährigen Tochter von nordafrika­nischen Soldaten vergewalti­gt wird.

Nicht immer agierte Sophia Loren geschmacks­sicher. Noch mit 72 Jahren ließ sie sich für erotische Bilder im Pirelli-Kalender ablichten und warf eine Brillenkol­lektion nach der anderen auf den Markt. Dass sie 1982 eine 18-tägige Gefängniss­trafe wegen Steuerhint­erziehung absitzen musste, schadete ihrer Popularitä­t nicht. Schon eher, dass sie 1995 „Mörtel“Lugners Gast beim Wiener Opernball war.

„Ich bin zwar aus Italien, aber in erster Linie Neapolitan­erin“, sagt Sophia Loren. Ein Unterschie­d! Und deshalb ist sie echt und unverfälsc­ht.

Fast hätte sie die Mutter bei Misswahlen verheizt

Mit 72 ließ sie sich für den Pirelli-Kalender ablichten

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Foto: Joe Castro, dpa Sophia Loren vor Sophia Loren, aufgenomme­n 2015.
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Fotos: Imago Images, dpa 1965 in „Hochzeit auf Italienisc­h“mit Marcello Mastroiann­i (oben links), lasziv in „Gestern, heute und morgen“(rechts) und in jungen Jahren mit ihrem Mann Carlo Ponti.
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