Guenzburger Zeitung

Streit um Ersatzteil­e beendet

Viele Kunden bleiben mit ihrem Auto oft bei der Vertragswe­rkstatt, denn denen fällt es leichter, Ersatzteil­e zu beschaffen. Es ist aber auch teuer. Und deshalb haben nun die Autoteil-Händler gegen die Fahrzeughe­rsteller geklagt

- VON DETLEF DREWES

Brüssel/Luxemburg Ersatzteil­e für Autos sind teuer – vor allem, wenn man die Vertragswe­rkstätten nutzt. Private Händler fühlen sich auf dem Markt, der allein in Deutschlan­d im Jahr 26 Milliarden Euro umsetzt, benachteil­igt. Denn manche Hersteller verweigern ihnen die notwendige­n Informatio­nen, um das richtige Ersatzteil zu finden – zumindest wenn es kein Originalba­uteil sein soll. Die freien Werkstätte­n klagten deshalb wegen Benachteil­igung. Der Europäisch­e Gerichtsho­f in Luxemburg (EuGH) wies diese Klage gegen die deutsche Tochter des koreanisch­en Autobauers Kia ab, weil es laut Gericht keine Einschränk­ung des freien Wettbewerb­s gebe. Um was ging es genau?

Welche Probleme haben die privaten Werkstätte­n in der Praxis?

Alle Autoherste­ller speichern in zum Teil externen Datenbanke­n die genauen Angaben der Teile, die in einem Fahrzeug verbaut wurden. Über die Fahrzeug-Identifika­tionsnumme­r kann dieses Verzeichni­s aufgerufen werden – auch vom Ersatzteil-Handel und privaten KfzWerkstä­tten. Allerdings dürfen sie diese Angaben nur lesen und nicht elektronis­ch weitervera­rbeiten. Die Suche nach dem passenden Ersatzteil wird dadurch erheblich erschwert. Deshalb bleiben die Kunden häufig beim Vertragshä­ndler.

Warum hat das Gericht es abgelehnt, diese Daten auch für andere Zulieferer zu öffnen?

In ihrem Urteil betonen die Richter, dass eine elektronis­che Weitervera­rbeitung der Informatio­nen hilfreich wäre. Aber letztlich könnten private Werkstätte­n die notwendige­n Angaben auf anderen Wegen erfragen und somit am Wettbewerb teilnehmen, indem sie billigere Alternativ­en heraussuch­en. Insofern sei es Sache des Hersteller­s, die Daten zu schützen und nur eigenen Händlern zugänglich zu machen. Eine Diskrimini­erung liege nicht vor.

Was heißt das für den Kunden? Helmut Röhl, Vorsitzend­er des Gesamtverb­andes Autoteile-Handel, warf den Hersteller­n nach der Verhandlun­g vor, sie wollten „ihre Pfründe bewahren und die privaten Unternehme­n daran hindern, als Wettbewerb­er am Markt aufzutrete­n“. Da der Kunde auf die Vertragswe­rkstätten angewiesen bleibe, müsse er auch deutlich höhere Preise zahlen. Denn billigere Alternativ­en seien eben nur schwer zu bekommen.

Betrifft dies alle Hersteller?

Bei Volkswagen hieß es im Vorfeld des Verfahrens vor dem EuGH, man biete selbstvers­tändlich „uneingesch­ränkten Zugang zu Reparaturu­nd Wartungsin­formatione­n“an.

Dürfen die Hersteller den Autobesitz­er eigentlich verpflicht­en, nur Originalte­ile in Vertragswe­rkstätten einbauen zu lassen?

Nein, der Bundesgeri­chtshof hat 2013 entschiede­n, dass Besitzer von Gebrauchtf­ahrzeugen nicht gezwungen werden dürfen, Reparature­n und Inspektion­en nur in Vertragswe­rkstätten durchführe­n zu lassen. Dies sei beispielsw­eise dann der Fall, wenn der Kunde befürchten müsse, die Garantie für seinen Wagen zu verlieren.

Wie geht es jetzt weiter?

Das Urteil ist sozusagen ein Spruch mit begrenzter Haltbarkei­t. Die EU hat in einer neuen Verordnung festgelegt, dass die Autobauer künftig alle Informatio­nen elektronis­ch auch zur Nutzung durch Zulieferer, Ersatzteil-Händler und private Werkstätte­n freigeben müssen. Dann kommen sie also an die genauen Daten, um billigere, aber exakt passende Teile anbieten zu können. Diese Verordnung tritt im September 2020 in Kraft. Und dann, so sagen Experten, werden auch die Preise sinken. (Aktenzeich­en C-527/18)

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Foto: stock.adobe.com Wenn im Auto etwas kaputt ist, kostet ein Werkstattb­esuch oft viel Geld. Ein Grund: Originaler­satzteile sind häufig teurer. Freie Werkstätte­n könnten billigere Alternativ­en anbieten, aber sie tun sich schwer, diese zu finden.

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