Guenzburger Zeitung

Ein Lechsteg sorgt für Ärger

Eine Radfahrer- und Fußgängerb­rücke in Landsberg wird mehr als dreimal so teuer wie ursprüngli­ch gedacht. Wie konnte das nur passieren?

- VON GERALD MODLINGER

Landsberg Beim Faschingsu­mzug war die Sache mit der teuren neuen Lechbrücke in Landsberg ja noch ganz lustig. Da liefen auch ein paar goldene Statuen durch die Stadt. Diese könne man sich angesichts der sich damals schon andeutende­n Kostenexpl­osion für die neue Fußgänger- und Radfahrerb­rücke auch noch leisten, meinten die Narren. Doch im Sommer übertraf die Realität die Satire. Die besagte Brücke, die das neue Wohnquarti­er „Am Papierbach“mit der Altstadt verbinden soll, wurde noch einmal um ein paar Millionen Euro teurer.

Landsberg ist eine wachsende Stadt – in ein paar Jahren wird die einstige graue Garnisonss­tadt die 30 000-Einwohner-Marke überschrei­ten. Das neue Wohnquarti­er am Papierbach – dort, wo einst gegenüber der Altstadt am westlichen Lechufer die Bayerische Pflugfabri­k stand – trägt dazu wesentlich bei. Rund 600 Wohnungen für rund 1500 Menschen sollen dort in den nächsten Jahren hochgezoge­n werden – 30 Prozent sozial gefördert, aber auch luxuriöse Penthouses.

Mit den Einwohnern wächst auch der Verkehr. Deshalb will der Stadtrat die Menschen dazu bewegen, mehr zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren. Deshalb wurde zwischen dem neuen Wohngebiet und der Altstadt die besagte Brücke geplant, als Teil einer Ost-West-Verbindung, die einen wichtigen Beitrag für die angestrebt­e Mobilitäts­wende leisten soll. Weil der Steg aber auch ein Verkaufsar­gument für die neuen Wohnungen sein dürfte, sollte auch der Projektent­wickler einen Teil der Kosten übernehmen.

Das war vor mehr als drei Jahren – und damals war von Baukosten in Höhe von 2,5 Millionen Euro die Rede. Stadt und Investor wollten sich die Kosten teilen, wobei der Anteil des Investors auf 1,3 Millionen Euro gedeckelt wurde. Dieser bewies damit eine erstaunlic­he Weitsicht. Denn inzwischen steht fest: Das Bauwerk wird 8,6 Millionen Euro kosten. Als das im Juli bekannt wurde, herrschte in der Stadt Aufruhr. Man müsse mit dem Investor über einen Nachschlag verhandeln, forderten die einen. Dieser sei ja der Hauptprofi­teur des Lechstegs. Andere verlangten, ein weiteres Mal auszuschre­iben oder eine billigere Brücke zu planen.

Von alledem wollte Oberbürger­meister Mathias Neuner (CSU) nichts wissen. Vertrag sei Vertrag, eine neuerliche Ausschreib­ung oder gar eine Neuplanung brächten angesichts der allgemein rapide steigenden Baukosten keine Einsparung.

Bis die Angebote geöffnet wurden, war man – und damit auch die Landsberge­r Narren – von geschätzte­n Kosten von 4,8 Millionen Euro ausgegange­n. Allerdings war schon zu befürchten, dass es noch etwas teurer werden könnte. Die Firmen rissen sich nicht gerade um den Auftrag: Auf die erste Ausschreib­ung hatte überhaupt kein Unternehme­n reagiert, die zweite brachte gerade mal zwei Angebote.

Schon zuvor hatte die Brücke eine an Wendungen reiche Vorgeschic­hte. In den anfänglich 2,5 Millionen Euro waren noch keine Wegeanbind­ungen an den Lechufern berücksich­tigt. Dann beschloss der Stadtrat, den Steg nicht nur vier, sondern fünf Meter breit zu bauen. Schließlic­h musste noch die Mehrwertst­euer hinzugerec­hnet werden, die bislang außen vor geblieben war. Ebenso waren noch Kosten für Planung, Statik und Baugrundun­tersuchung anzufügen.

Trotz aller Aufregunge­n brachte Oberbürger­meister Neuner das Projekt mit großer Mehrheit durch den Stadtrat: Am Ende gab es unter den 30 Stadträten nur noch fünf Widerständ­ler. Immerhin muss die Stadtkasse nicht sämtliche Mehrkosten tragen. Auch die Regierung von Oberbayern hob ihren Zuschuss von 1,7 auf drei Millionen Euro an.

Anfang September begannen die Bauarbeite­n. Der Lech hat im Herbst und Winter Niedrigwas­ser und derzeit sieht es auch so aus, als ob sich die Wogen geglättet haben. Darauf hatte Neuner schon gehofft, als er den Lechsteg mit der Elbphilhar­monie verglich: Über deren Kosten spreche auch niemand mehr, aber heute sei sie ein Wahrzeiche­n von Hamburg.

 ?? Fotoanimat­ion: Mayr/Ludescher München/DKFS ?? So soll sie einmal aussehen, die Brücke über dem Lech in Landsberg. Sie soll einen bequemen Übergang zu einem neuen Wohnquarti­er mit den schönen Namen „Am Papierbach“schaffen. Der Bau des Stegs erhitzt allerdings seit Monaten schon die Gemüter in der Stadt.
Fotoanimat­ion: Mayr/Ludescher München/DKFS So soll sie einmal aussehen, die Brücke über dem Lech in Landsberg. Sie soll einen bequemen Übergang zu einem neuen Wohnquarti­er mit den schönen Namen „Am Papierbach“schaffen. Der Bau des Stegs erhitzt allerdings seit Monaten schon die Gemüter in der Stadt.

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