Guenzburger Zeitung

Aus dem Ruder gelaufen

Die Bayern-Bosse gehen für Manuel Neuer in die Offensive. Uli Hoeneß ist der Meinung, man solle den Konkurrent­en Marc-André ter Stegen „in die Ecke stellen“

- VON TILMANN MEHL

München Es war ein Abend, an dessen Ende normalerwe­ise über den Chancenwuc­her gesprochen worden wäre. Oder den vielverspr­echenden Auftritt von Philippe Coutinho. Vielleicht auch noch darüber, dass Thomas Müller mit nun 106 Auftritten in der Champions League den bisherigen Münchner Rekordhalt­er Philipp Lahm abgelöst hat und seinen Auftritt mit dem Tor zum 3:0-Endstand gegen Roter Stern Belgrad gekrönt hat. Als die Uhr aber gen Mitternach­t voranschri­tt, waren all diese Themen nicht mehr als ein bisschen Begleitmus­ik zum großen Auftritt von Uli Hoeneß.

Der Präsident des FC Bayern sucht sich seine öffentlich­en Auftritte mittlerwei­le genau aus – was nicht zwingend zu erwarten ist, wenn man die aus dem Ruder gelaufene „Grundgeset­z“-Pressekonf­erenz aus dem vergangene­n Jahr als Maßstab anlegt. Wenn Hoeneß vor die Medien tritt, sind ihm die Fragen recht egal, er möchte dann schlicht sein Anliegen vortragen. Diesmal der seiner Meinung nach unfaire Umgang mit Manuel Neuer. „Dass man das zulässt, dass ein Mitspieler in die Öffentlich­keit geht für ein Thema, das er nur mit dem Jogi Löw zu besprechen hat, das ist nicht in Ordnung. Wir werden uns das in Zukunft nicht mehr gefallen lassen, dass unsere Spieler hier beschädigt werden ohne Grund.“Der Mitspieler, das ist Marc-André ter Stegen und der hatte vor wenigen Tagen dezent darauf hingewiese­n, dass er mit seiner Rolle als klare Nummer zwei im DFB-Tor nicht zufrieden ist. Inwieweit Neuer durch diese Aussage beschädigt wurde, erörterte Hoeneß nicht.

Schon vor der Partie hatte sich das Grollen der Bayern-Bosse angekündig­t. Ehe die Münchner dank der Treffer von Kingsley Coman, Robert Lewandowsk­i und eben Müller ihren ersten ChampionsL­eague-Auftritt in dieser Saison ohne größere Probleme bestritten, gab bereits Karl-Heinz Rummenigge bei Sky seine Meinung zum Besten. Er forderte „ein Stück weit Dankbarkei­t“für Neuer ein.

Die Verantwort­lichen der Nationalma­nnschaft haben eine etwas andere Sicht auf die Angelegenh­eit. Oliver Bierhoff konterte die bajuwarisc­hen Aussagen am Donnerstag kühl. Neuer sei „entgegen einiger kritischer Stimmen die Nummer eins in Russland“gewesen. Er sei auch nach dem eingeleite­ten Umbruch „unser Kapitän“und habe in den zwölf Länderspie­len seit der WM zehnmal komplett durchgespi­elt. „Das sind doch eindeutige und ganz entscheide­nde Statements der Trainer“, schlussfol­gerte Bierhoff. „Man muss sich da schon die Fakten anschauen.“

Mit derartigen Nebensächl­ichkeiten hielt sich Hoeneß allerdings nicht auf. Kurz nach dem Sieg gegen Belgrad hatte er angekündig­t, dem DFB „etwas Feuer machen“zu wollen. Eine Nacht später löste er sein Verspreche­n ein. Er erwarte, „dass man dem Herrn ter Stegen schon mal in die Ecke stellt und ihm klar sagt, dass es so nicht geht“, sagte er während eines Termins, der eigentlich den Basketball­ern des FC Bayern galt.

Die beiden Hauptdarst­eller wider Willen nehmen derweilen eine passivere Rolle als die Münchner Macher ein. „Ich will hier nicht großartig eine Debatte führen und darüber reden, was wer wie gut kann. Ich will einfach meinen Job erledigen“, sagte Neuer nach dem Erfolg gegen Belgrad. „Unterstütz­er zu haben, ist natürlich immer gut.“Die Unterstütz­er hat er. Ob sie der Sache dienlich sind, ist fraglich.

» Randbemerk­ung Bayern München Neuer – Kimmich, Süle, Pavard, Lucas Hernández – Thiago – Tolisso (65. Javi Martinez), Philippe Coutinho (83. Müller) – Coman, Lewandowsk­i, Perisic (66. Gnabry) Roter Stern Belgrad: Borjan – Gobeljic, Milunovic, Degenek, Jander – Garcia (83. Vukanovic), Jovancic (62. Vulic), J. Canas, van La Parra – Marin – Pavkov (70. Boakye) Tore 1:0 Coman (34.), 2:0 Lewandowsk­i (80.), 3:0 Müller (90.+1) Zuschauer 70000 Schiedsric­hter Madden (Schottland)

 ?? Foto: Peter Schatz ?? Manuel Neuer befindet sich seit Wochen in hervorrage­nder Form. Die Nummer eins des FC Bayern ist auch die Nummer eins der Nationalma­nnschaft. Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge wünschen sich, dass das noch klarer kommunizie­rt wird. Auf welche Art die beiden vorgehen, ist zumindest diskussion­swürdig.
Foto: Peter Schatz Manuel Neuer befindet sich seit Wochen in hervorrage­nder Form. Die Nummer eins des FC Bayern ist auch die Nummer eins der Nationalma­nnschaft. Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge wünschen sich, dass das noch klarer kommunizie­rt wird. Auf welche Art die beiden vorgehen, ist zumindest diskussion­swürdig.

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