Kühltürme bieten Heimat für seltene Wanderfalken
In 80 Meter Höhe nisten die Tiere auf dem Gelände des Kernkraftwerks Gundremmingen
Gundremmingen Energieversorgung und Vogelschutz vertragen sich aufs Beste. Denn auf dem Gelände des Kernkraftwerks Gundremmingen leben seltene Wanderfalken. Wer mehr über die beiden Kühltürme als Falkenheimat wissen möchte, befragt am besten einen Experten, einen begeisterten Vogelkundler und Hobby-Ornithologen. Gerhard Walburger, im Kernkraftwerk Gundremmingen über die Partnerfirma Securitas beschäftigt und im Eingangsgebäude des Kraftwerkes für Schlüsselsysteme und Unterweisungsfilme zuständig, ist seit zwei Jahren der Zweite Vorsitzende des Landesbundes für Vogelschutz der Ortsgruppe Günzburg. Bereits seit seiner Jugend begeistert sich Gerhard Walburger für den Naturschutz.
Gefragt, was es denn mit den seltenen Wanderfalken auf sich habe, antwortet der Hobby-Ornithologe: „Der aufmerksame Beobachter sieht, dass an beiden Kühltürmen, jeweils auf der Höhe von 80 Metern, die die Mitte der Kühltürme markiert, Falkenkästen vorhanden sind.“Diese Kästen bestehen aus Holz und sind seit 24 Jahren dort angebracht, um den äußerst seltenen Wanderfalken eine Heimat zu bieten. „Es handelt sich hier um einen von mittlerweile zwei bekannten Brutplätzen im Landkreis Günzburg.“
Es handelt sich dabei um ganz besondere Nistplätze: „Aufgrund der Lage auf unserem Gelände handelt es sich zweifellos um die am besten bewachten Horste in ganz Bayern.“In den 1980er Jahren gab es in Bayern und Baden-Württemberg nur noch etwa 60 Brutpaare. Aufgrund eines intensiven Artenschutzprogrammes hat sich die Population nun wieder auf circa 250 Paare erholt, die allein in Bayern verzeichnet werden konnten. „Diese sensiblen Vögel sollten speziell während der Brutphase nicht gestört werden“, betont Gerhard Walburger.
Damit die seltenen Wanderfalken die Nistplätze akzeptieren und sich wohlfühlen, wird eine besondere Ausstattung benötigt: „Die Brutkästen sind innen mit einem Kiesbett versehen.“Sie wurden erst vor zwei Jahren erneuert. Der Wanderfalke ist von Haus aus ein Felsenbrüter und baut keine Nester. Ursprünglich hat er gern in Steinbrüchen gebrütet. Baumbrut ist bei dieser Vogelart eher selten. Ausweichquartiere zum Brüten fand der Wanderfalke auch oft in Kirchennischen; allerdings sei er dort wegen der Verschmutzung der Fassaden nicht gern gesehen, weiß Gerhard Walburger.
Da es sich beim Werksgelände des Kernkraftwerkes und den umliegenden Gebieten um sehr ruhiges und geschütztes Terrain handle, seien hier auch andere seltene Vogelarten gern zu Gast: „Beispielsweise überwintert der Hausrotschwanz bei uns. Ursprünglich war er ein Zugvogel. Er fühlt sich aber durch die etwas wärmeren Winter in den Fassadennischen bei uns sehr wohl und findet ganzjährig Insekten als Futter.“
Eine wahre Rarität war der Kuhreiher, den Walburger im letzten Winter im direkten Umland des Kraftwerkes entdeckt hatte. „Es kamen interessierte Ornithologen von weit her angereist, um den Kuhreiher zu sichten.“Weitere Aktivitäten im Bereich Vogelschutz unternimmt Walburger in seiner Freizeit: „Über die Ortsgruppe Günzburg des Landesbundes für Vogelschutz gibt es interessante vogelkundliche Führungen, um Vogelstimmen in der freien Natur zu hören und unterscheiden zu lernen. Ich begleite gern solche Gruppen.“Auch in Krumbach/Stadt gebe es Führungen zu Vogelpopulationen mit entsprechender Vogelstimmenkunde oder auch Eulenexkursionen, die dann in Krumbach nachts mit einem Förster stattfinden. Es gehe aber nicht nur um Erkundungsgänge, sondern auch darum, Nistkästen zu inspizieren, zu reinigen oder als Ersatzmaßnahmen anzubringen, zum Beispiel beim Bau von Umgehungsstraßen. „Zuletzt ging es um etwa 150 Nistkästen, manchmal auch um Fledermauskästen.“Seitdem das Hobby von Gerhard Walburger den Gundremminger Kollegen geläufig ist, interessieren sich auch verstärkt Mitarbeiter des Kernkraftwerkes für die Führungen.