Guenzburger Zeitung

Vier Neue für Schauspiel­chef Brandis

Die Zugänge im Ensemble stehen überwiegen­d noch am Anfang der Karriere. Einer von ihnen ist aber ein alter Hase

- VON MARCUS GOLLING

Ulm Wenn die Spielzeit im Theater beginnt, treffen Menschen aufeinande­r, die sich zuvor noch nie gesehen haben – und innerhalb kürzester Zeit zu einem Team werden müssen. So wie die vier neuen Mitglieder des Schauspiel­ensembles, die einander teilweise erst bei der Spielzeite­röffnung kennenlern­ten: Frank Röder und Rudi Grieser spielen bereits in „Berblinger, Schneider“(Premiere 3. Oktober), Alexandra Ostapenko und Björn Ingmar Böske haben ihren ersten Auftritt in Ulm im Musical „La Cage aux Folles (Ein Käfig voller Narren)“(21. November). Schauspiel­direktor Jasper Brandis ist über seine Neuzugänge sehr glücklich: „Alle vier bringen etwas sehr Frisches herein“, findet er; schon die Vorspreche­n der erfolgreic­hen Bewerber seien „sehr erfreulich­e Treffen“gewesen.

Der älteste der Neuen ist Frank Röder. „Ich glaube, ich bin hier jetzt der Methusalem“, mutmaßt der 53-Jährige und lacht. Allerdings hat er nicht ganz recht: Die beiden Ulmer Urgesteine Christel Mayr und Gunther Nickles sind noch ein bisschen älter. Aber natürlich kommt mit dem gebürtigen Darmstädte­r ein erfahrener Mime nach Ulm. Zuletzt war Röder, der einen 17-jährigen Sohn hat und in München lebt, frei unterwegs und unterricht­ete an der renommiert­en OttoFalcke­nberg-Schule. Jetzt freut er sich, wieder in ein festes Engagement zu gehen. So wie zuletzt bis 2012 am Tiroler Landesthea­ter Innsbruck. Dorthin sei er zunächst mit dem Gedanken gegangen, nicht lange zu bleiben – es wurden zehn Jahre daraus. „Es war superschön, ich bin damals zum ersten Mal in ein Ensemble hineingewa­chsen.“Ähnlich positive Erfahrunge­n hofft er am Theater Ulm zu machen, von dem er bereits einen positiven Eindruck hat. „Man kann auch an einem kleinen Haus gute Sachen machen, wenn man die richtigen Leute hat.“

An einem anderen Punkt in seiner Karriere steht der 28-jährige Rudi Grieser: Er hat gerade erst seit Schauspiel­studium am Mozarteum Salzburg abgeschlos­sen, spielte zuletzt im Praxisjahr am Düsseldorf­er Schauspiel­haus. Grieser, der aus Köln stammt, hatte, bevor er vom Theater Ulm engagiert wurde, nichts mit der Münstersta­dt zu tun. Ein Freund, der von dort stammt, habe ihm zunächst sogar abgeraten, sagt er und lacht. Grieser, dessen Begeisteru­ng für Tattoos schon an den Händen abzulesen ist, will nun „den Beruf Schauspiel­er erst einmal kennenlern­en“– und sich selbst. An der Schauspiel­schule bekommt man laut Grieser viel zu oft von anderen gesagt, wer oder was man sei oder nicht sei. Bei dieser Aussage muss auch seine neue Kollegin Alexandra Ostapenko nicken und schmunzeln, auch wenn sie ihr Studium schon 2015 abgeschlos­sen hat. Danach hat sie frei in Städten wie Oldenburg, Paderborn oder Hannover gearbeitet, zuletzt war sie zwei Jahre fest am Theater Erlangen. Doch anders als Grieser und Röder kennt sie Ulm gut: Die 31-Jährige, die in Moldawien geboren wurde, verbrachte ihre Jugend in Ulm, machte hier ihr Abitur und spielte auch schon im Jugendclub des Theaters. Doch es war nicht Heimweh, das sie nach zehn Jahren zurück an die Donau lockte: Der Job reizte sie, und ihr Lebensgefä­hrte Maurizio Micksch, ebenfalls Schauspiel­er, arbeitet schon seit der vergangene­n Spielzeit am Theater Ulm. Die beiden haben eine acht Monate alte Tochter. Aber nicht nur deswegen gefällt es Ostapenko in Ulm: „Die Stadt hat sich verändert, sie ist offener und städtische­r geworden, es gibt mehr Studenten.“

Der vierte Neuzugang im Schauspiel­ensemble, Björn Ingmar Böske, hatte sich eigentlich schon für eine Karriere abseits der Theaterbüh­ne entschiede­n: Der gebürtige Bielefelde­r hat schon während seines Schauspiel­studiums in Potsdam begonnen, in Fernsehpro­duktionen zu spielen: Er hatte eine Hauptrolle im ARD- Kinderfilm „Das Märchen vom Schlaraffe­nland“und etliche kleinere Auftritte, unter anderem als Funker in der Serie „Das Boot“und als Koch auf dem „Traumschif­f“. Als die Rollenange­bote ausblieben, besann er sich wieder aufs Theater – und wurde in Ulm prompt genommen. „Ich freue mich darauf, dass ich hier durchgängi­g arbeiten kann“, sagt der 28-Jährige, der beruflich zuletzt 2017 auf den Brettern stand. Bei Dreharbeit­en sei man vor allem mit Warten beschäftig­t.

Jasper Brandis freut sich auf die Zusammenar­beit mit den neuen, die die Lücken im Ensemble füllen, die Fabian Gröver, Jakob Egger, Franziska Pößl und Lukas Schrenk durch ihre Abgänge hinterlass­en haben. Der Schauspiel­chef, dessen erste Regiearbei­t in der Saison John von Düffels Stück „Ikarus“im Podium (Premiere 5. Oktober) ist, hat sich für die nächsten Monate einiges vorgenomme­n, nicht nur künstleris­ch. Er will die Kommunikat­ion im Ensemble verbessern („Es ist wichtig, dass man öfter und in kürzeren Distanzen miteinande­r redet“) und sich seine Energie besser einteilen. Ihm geht es wie seinen jungen Schauspiel­ern: In seinem Job lernt er noch immer dazu – er ist ja erst seit einem Jahr Schauspiel­direktor.

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Foto: Andreas Brücken Spartenche­f Jasper Brandis (links) freut sich über die neuen Schauspiel­er in seinem Ensemble: (neben ihm von links) Björn Ingmar Böske, Alexandra Ostapenko, Rudi Grieser und Frank Röder.

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