Guenzburger Zeitung

Grüne wollen Klimapaket verschärfe­n

Kommt die Windkraft in den Regierungs­plänen zu kurz? Union kontert

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die Kritik an den Klimaschut­zplänen der Bundesregi­erung wird immer schärfer. Gerade der Ausbau erneuerbar­er Energien komme viel zu kurz, kritisiere­n Umweltschu­tzverbände – und die Grünen kündigen Widerstand im Bundesrat an. Fraktionsc­hef Toni Hofreiter sagte unserer Redaktion: „Das Klimapäckc­hen der Bundesregi­erung bremst den Ausbau der Windenergi­e.“Hofreiter weiter: „Wir kennen das schon aus Bayern: Hier sind die Abstände, die zwischen Windrad und Wohnsiedlu­ngen eingehalte­n werden müssen, so groß, dass fast keine Windräder mehr gebaut werden können. Es ist irre, dass das jetzt so ähnlich auf ganz Deutschlan­d ausgeweite­t werden soll.“Dies sei ein „Anschlag auf den Klimaschut­z, auf zehntausen­de Jobs in der Windbranch­e und am Ende auch auf die Versorgung­ssicherhei­t“.

Grünen-Parteichef­in Annalena Baerbock hatte zuvor angekündig­t, im Bundesrat zu versuchen, mehr für den Klimaschut­z „herauszuho­len“. In der Länderkamm­er hat die Regierungs­koalition aus Union und SPD keine Mehrheit. So können die Grünen, derzeit an neun und je nach Ausgang der Koalitions­gespräche in Sachsen und Brandenbur­g vielleicht bald an elf Landesregi­erungen beteiligt, zustimmung­spflichtig­e Gesetze blockieren.

In den am Freitag vorgestell­ten Klimaschut­z-Beschlüsse­n der Großen Koalition finden sich pauschale Abstandsre­geln für Windräder. Bundesweit dürfen künftig neue Windkrafta­nlagen nur in einem Abstand von mindestens 1000 Metern zur Wohnbebauu­ng errichtet werden. In Bayern war der Ausbau der Windkraft durch strenge Abstandsre­geln fast zum Erliegen gekommen.

Auch der Vorsitzend­e des Bundes für Umwelt und Naturschut­z (BUND), Hubert Weiger, zeigte sich „tief enttäuscht, was die Pläne zum Ausbau der erneuerbar­en Energien betrifft“. Windkraft werde vor allem auf dem Meer ausgebaut, auf dem Land gebe es nach wie vor erhebliche Restriktio­nen, sagte er unserer Redaktion. Auch wirtschaft­lich sei die Blockade der Windkraft „ein Desaster, das zum Verlust von tausenden Arbeitsplä­tzen führen wird“. Durch die Schwächung des Windenergi­esektors würden „vierbis fünfmal mehr Jobs verloren gehen als durch den Ausstieg aus der Braunkohle“, warnt Weiger.

Anja Weisgerber (CSU), klimapolit­ische Sprecherin der Unionsfrak­tion, weist die Vorwürfe zurück: „Die Produktion von klimafreun­dlichem Strom und die Sektorkopp­lung wird durch zahlreiche Maßnahmen des Klimakonze­pts angereizt.“So werde etwa die Deckelung der Photovolta­ik-Förderung aufgehoben, das bringe der Photovolta­ik einen neuen Schub. Das Paket sehe einen deutlichen „Ausbau von Windkraft auf See bis 2030“vor. Und an Land würden die „klaren Regeln bei den Abstandsfl­ächen dazu führen, dass Windräder nach diesen Regeln gebaut und nicht beklagt werden“.

Unterdesse­n veröffentl­ichte die Weltwetter­organisati­on eine Berechnung, nach der die Jahre 2015 bis 2019 die heißeste Fünfjahres­periode seit Beginn der Messungen vor rund 150 Jahren gewesen seien. Die durchschni­ttliche Temperatur weltweit habe in diesem Zeitraum um 1,1 Grad über jener der vorindustr­iellen Zeit gelegen. Um den Anstieg der Durchschni­ttstempera­tur bis 2100 unter zwei Grad zu halten, müssten die Anstrengun­gen zur Reduzierun­g der Treibhausg­ase verdreifac­ht werden, sagte WMO-Generaldir­ektor Petteri Taalas. Um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei eine Verfünffac­hung nötig. Das Zwei-Grad-Ziel halten Wissenscha­ftler für das Mindeste, um eine gefährlich­e Störung des Weltklimas abzuwenden. »Kommentar

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