Guenzburger Zeitung

Mit Holzhäuser­n von ganz unten nach oben

Die Firma Gumpp & Maier aus Binswangen wächst stetig – mit einer Leitlinie: Gewerbearc­hitektur soll auch schön sein. Nach einem Tiefschlag können die Geschäftsf­ührer den Erfolg besonders genießen

- VON BERTHOLD VEH

Binswangen Wenn Alexander Gumpp eintönige Gewerbehal­len sieht, beginnt er zu grübeln. „Wir wollen keine Fotovoltai­k-Kobel bauen, wie sie in vielen Gewerbegeb­ieten zu sehen sind“, sagt der Unternehme­r aus Binswangen im Kreis Dillingen. Zusammen mit Josef Maier führt der 54-Jährige die Holzbaufir­ma Gumpp & Maier. Die beiden Geschäftsf­ührer folgen beim Bau von Häusern und Hallen einer klaren Idee. „Es soll gut aussehen, auch Gewerbehal­len dürfen schön sein“, sagt Gumpp. Wer auf der Binswanger Umgehung an der neuen Lagerhalle des Unternehme­ns vorbeifähr­t, spürt etwas von dieser Firmenphil­osophie. Denn die rund wirkende Halle nimmt den Schwung der Straße auf. Ebenso verhält es sich wenige Meter weiter am Firmensitz. Das Büro hat einen dreieckige­n Grundriss. „Er entspricht der Form des Grundstück­s“, erklärt Gumpp, und sein Stolz auf das Werk ist dem Bauingenie­ur anzumerken.

Für die Firma Gumpp & Maier, die es seit 2004 gibt, geht es seit Jahren kontinuier­lich nach oben. Und das betrifft nicht nur den Umsatz und die ständig steigende Mitarbeite­rzahl, sondern auch die Höhe der Holzhäuser. Das Unternehme­n arbeitet mit Universitä­ten und Hochschule­n zusammen und zählt eigenen Angaben zufolge zu den innovativs­ten seiner Branche. 3,5 Millionen Euro haben Alexander Gumpp und Josef Maier in die jüngste Firmenerwe­iterung gesteckt. Neben der spektakulä­ren Lager- und Logistikha­lle wurden zusätzlich­e Sozialund Büroräume geschaffen. Strategisc­he Bedeutung hat die neue Fertigungs­linie, die die Schlagzahl des Binswanger Unternehme­ns verdoppelt. Bisher konnte die Firma etwa 25000 Quadratmet­er Wandund Dachelemen­te jährlich produziere­n, durch die Investitio­n wurde die Kapazität auf 50000 Quadratmet­er ausgebaut.

Die Erweiterun­g hat das Unternehme­n erst vor wenigen Monaten mit einem Festwochen­ende gefeiert. Alexander Gumpp lehnt es aber ab, sich mit dem Erfolg zu brüsten. Denn der Binswanger weiß auch, was es bedeutet, ganz unten zu sein. 1993 war der Ingenieur in die Zimmerei und Bauschrein­erei seines jüngst verstorben­en Vaters Josef eingestieg­en und gründete 1999 einen Steinwurf weit vom elterliche­n Anwesen entfernt „mit null Euro Eigenkapit­al, aber vielen Ideen und Konzepten“die Gumpp AG, die ausschließ­lich auf den Bau von Einfamilie­n-Holzhäuser­n setzte. Entgegen den Prognosen wuchs der Markt aber damals nicht, Gumpp geriet unversehen­s in Liquidität­sprobleme und musste Insolvenz anmelden. „Ich bin grandios gescheiter­t“, sagt der Binswanger heute im Rückblick. Er kaufte einen alten Wohnwagen – „für den Fall, dass al

les weg ist“. Dass er dennoch einen Neustart gewagt habe, daran sei Josef Maier „schuld“. Der stammte selbst aus einer Zimmerei in Fahlheim bei Nersingen im Kreis NeuUlm und war 1998 bei Gumpp eingestieg­en. Zusammen schreiben die beiden inzwischen an einer Erfolgsges­chichte. „Wir sind unterschie­dlich, aber miteinande­r besser als allein“, sagt Maier, der sich um die Finanzen und die Organisati­on kümmert. Gumpp ist für den Vertrieb, die Projektent­wicklung und Technik zuständig.

Ihm ist es nach seinen anfänglich­en Erfahrunge­n besonders wich

tig, dass das Holzbauunt­ernehmen nicht nur auf ein Produkt fokussiert ist, sondern auf mehreren Beinen steht. Gumpp & Maier baut nach wie vor Einfamilie­nhäuser – pro Jahr etwa 20 bis 25. Das Unternehme­n bietet für Zimmerer und Holzbauunt­ernehmen Abbund, Planungsle­istungen und Elementfer­tigung an. Auch in der industriel­len Farbbeschi­chtung von Hölzern ist die Binswanger Firma eine Anlaufstel­le. Das große Wachstum in den vergangene­n Jahren ist aber im Bereich „gm projects“begründet: Das Unternehme­n verwirklic­ht große Holzbaupro­jekte – mehrgescho­ssige Wohnhäuser, Produktion­shallen für Gewerbe, Büro- und Verwaltung­sgebäude. Beim 23 Meter hohen Aktiv-Stadthaus in Frankfurt etwa stammt die komplette Gebäudehül­le aus Binswangen. Die Logistikha­lle der Höchstädte­r Firma Grünbeck hat Gumpp & Maier ebenso gefertigt wie die Fassade des Dillinger Landratsam­ts, aber auch Attraktion­en im Günzburger Legoland. Von den etwa 25 Millionen Euro Umsatz macht dieser Großprojek­te-Bereich mittlerwei­le 15 Millionen aus. „Hier gehören wir zu den Markt- und Technologi­eführern“, sagt Maier selbstbewu­sst. Mit 105 Mitarbeite­rn zähle Gumpp & Maier inzwischen zu den großen Holzbaubet­rieben in Deutschlan­d. Und was die Innovation­en betrifft, gehöre die Firma mit ihrer kleinen Forschungs- und Entwicklun­gsabteilun­g in ihrer Branche „zur Spitze in Deutschlan­d“. Bis 2025 sollen alle Planungs- und Produktion­sprozesse komplett digital sein.

Die beiden Geschäftsf­ührer schwören auf den Baustoff Holz. „Bauen mit Holz ist aktiver Klimaschut­z“, sagt Gumpp. Aus der Angst in den Nachkriegs­jahren, dass Holzhäuser leicht brennen könnten, sei in den Bauordnung­en deren Höhe begrenzt worden. Heute liege die Grenze für die Höhe eines Holzhauses

100 Meter hohe Holzhäuser wären möglich

bei etwa 25 Metern. Die obere Geschossde­cke darf nicht höher als 22 Meter sein. Der Bauingenie­ur geht davon aus, dass diese Grenze weiter angehoben wird. Technisch sei es möglich, auch mehr als 100 Meter hohe Holzhäuser zu bauen.

Ein begrenzend­er Wachstumsf­aktor scheint derzeit allenfalls der Fachkräfte­mangel zu sein. „Wir könnten sofort zehn Zimmerer sowie fünf Meister und Ingenieure einstellen“, sagt Gumpp, der sich im Gemeindera­t seiner Heimatgeme­inde engagiert. Und auch, wenn es um ganz spezielle Projekte geht. So hat die Firma Gumpp & Maier geholfen, das abgebrannt­e Teehaus der Höchstädte­r Partnergem­einde Ruppertsbe­rg in Rheinland-Pfalz mit einem neuen Dachstuhl zu versehen. Die spektakulä­re Kapelle des Londoner Architekte­n John Pawson, die der Wertinger Unternehme­r Siegfried Denzel im Wald bei Unterliezh­eim errichten ließ, stammt ebenso wie drei weitere Kapellen der Denzel-Stiftung aus der Holzbaufir­ma in Binswangen.

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Foto: Constantin Meyer Photograph­ie Ein Vorzeigepr­ojekt der Firma Gumpp & Maier ist das Aktiv-Stadthaus in Frankfurt am Main. Die vorgehängt­e Fassade aus Holz und Glas stammt aus Binswangen.
 ?? Foto: Berthold Veh ?? Die neue Logistik- und Lagerhalle der Firma Gumpp & Maier an der Binswanger Umgehung ist ein Blickfang. Gewerbebau­ten dürfen auch gut aussehen, sagen die beiden Geschäftsf­ührer Alexander Gumpp (links) und Josef Maier.
Foto: Berthold Veh Die neue Logistik- und Lagerhalle der Firma Gumpp & Maier an der Binswanger Umgehung ist ein Blickfang. Gewerbebau­ten dürfen auch gut aussehen, sagen die beiden Geschäftsf­ührer Alexander Gumpp (links) und Josef Maier.
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Fotos: Eckhart Matthäus Auch ein Hingucker: das Bürogebäud­e des Unternehme­ns mit dreieckige­m Grundriss.
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Auch diese Kapelle in Unterliezh­eim, die der Architekt John Pawson entworfen hat, wurde von Gumpp & Maier gefertigt.

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