Guenzburger Zeitung

Hirschhaus­en hinter Gittern

Er ist Mediziner und Moderator. Und auch der Mann für spannende TV-Experiment­e. Eckart von Hirschhaus­en über seine Tage im Knast und im Hospiz und Tipps für ein langes Leben

- Medizin, den Humor als Wunderwaff­e. Sind existenzie­lle Situatione­n wie Hospiz und Knast aber nicht Lebenslage­n, in denen es nichts mehr zu lachen gibt? Hirschhaus­en: Von Karl Valentin stammt der weise Satz: „Wenn es regnet, freue ich mich. Denn wenn ich m

Für Ihre neue TV-Reportage „Hirschhaus­en im Knast“, die am heutigen Montagaben­d in der ARD gesendet wird, haben Sie sich zwei Tage in ein Gefängnis einsperren lassen. Was haben Sie bei dem Aufenthalt hinter Gittern für sich persönlich gelernt?

Eckart von Hirschhaus­en: Dass es Türen gibt, die man nicht von innen öffnen kann. Und wie seltsam es ist, nicht nur Gitter vor dem Fenster zu haben, sondern auch vor der Dachluke. Ich wollte ein Gefühl dafür bekommen, wie das ist, eingesperr­t zu sein, isoliert, weg vom Fenster. Was macht das mit einem selber, wie verändert das Menschen, Beziehunge­n, Lebensläuf­e. Da kann man schon ins Grübeln kommen, wie sinnvoll manche Strafmaßna­hme ist. Ich hatte ja Zeit nachzudenk­en, denn ich musste wie jeder andere auch mein Handy abgeben, was einem ja sonst pausenlos das eigene Denken abnimmt.

Für eine andere Reportage haben Sie mehrere Tage in einem Hospiz verbracht. Was hat Sie dort besonders bewegt?

Hirschhaus­en: In meiner Ausbildung­szeit hatte ich als angehender Arzt in der Kinderneur­ologie wenig mit dem Tod zu tun, und daher war das Hospiz für mich echtes Neuland. Mich hat beeindruck­t, dass dort keine durchgehen­de Grabesstim­mung herrscht, sondern es viele herzliche und auch leichte Momente gibt, die wir erleben und einfangen konnten. Vor allem hat mich berührt, mit welcher Liebe und Hingabe dort Ärzte, Pflegekräf­te, Ehrenamtli­che und Angehörige zusammenar­beiten, um der letzten Lebensphas­e Würde und Fülle zu geben.

Verdrängen wir den Tod zu sehr aus unserem Alltag?

Hirschhaus­en: Wir kommen aus Staub, wir werden zu Staub, deshalb meinen die meisten, es müsse im Leben darum gehen, viel Staub aufzuwirbe­ln. Angesichts des Todes wird sehr viel von dem, wonach wir alle lange streben und womit wir unglaublic­h viel Zeit verdödeln, total unwichtig. Und davor haben wir Angst: dass wir einsehen müssten, die falschen Prioritäte­n gehabt zu haben. Keiner hat doch auf dem Sterbebett jemals gesagt: Ich hätte mehr Zeit im Büro verbringen sollen oder mit Social Media. Alles was am Ende zählt, ist nicht mit Geld aufzuwiege­n.

Glauben Sie selber an ein Leben nach dem Tod?

Hirschhaus­en: Ich glaube an ein Leben nach dem Tod, zumindest in Teilen, und bin deshalb erklärter Organspend­er.

Sie propagiere­n stets das Lachen als können, nicht verrückt werden oder verzweifel­n.

Sie haben in einer aktuellen Umfrage als beliebtest­er Quizmaster nach Günther Jauch abgeschnit­ten. Wollten Sie eigentlich schon immer ins Fernsehen? Hirschhaus­en: Ganz im Gegenteil. Mit vier wollte ich Feuerwehrm­ann werden, dann Lokführer und Zoodirekto­r und während des Studiums Entwicklun­gshelfer. Heute unterstütz­e ich die Welthunger­hilfe und Ärzte ohne Grenzen, bin mit der Bahn unterwegs, arbeite zwar nicht gegen Feuer, aber gegen Burnout und setze mich für seelische Gesundheit ein, stehe auf der Bühne und mache mich zum Affen, bin dabei aber mein eigener Direktor. Ich finde, ich habe ziemlich viel von meinen Kindheitst­räumen verwirklic­ht. Zumindest keinen verraten.

Sind die Leute heute dank des Internets in Gesundheit­sfragen aufgeklärt­er als früher?

Hirschhaus­en: Mein elftes Gebot: Du sollst nicht googeln! Das Netz macht nur die Schlauen schlauer. Man muss wissen, wonach man sucht, und die Quellen einordnen können. Jede Pharmafirm­a und jeder Quacksalbe­r kann alles behaupten, ohne Beweise liefern zu müssen. Deswegen sich unbedingt an vertrauens­würdige Institutio­nen wenden, zum Beispiel den Krebsinfor­mationsdie­nst, die Verbrauche­rzentralen oder die Krankenkas­sen, die manchmal besser sind als ihr Ruf.

Welches sind Ihre wichtigste­n Tipps für ein langes, gesundes Leben? Hirschhaus­en: Ganz einfach, lassen Sie einfach alles weg, was es verkürzt. 15 Jahre unseres Lebens hängen am Lebensstil. Es gibt keine Tablette, keine Operation und erst recht keine Creme, die uns besser schützen als ganz einfache Dinge des Alltags: nicht rauchen, bewegen, Gemüse – erwachsen werden und Kind bleiben.

Interview: Cornelia Wystrichow­ski

 ?? Foto: WDR, Bilderfest GmbH ?? Zwei Tage im Gefängnis: Was macht das mit einem Menschen? Eckart von Hirschhaus­en hat versucht, es in einem Experiment herauszufi­nden.
Foto: WDR, Bilderfest GmbH Zwei Tage im Gefängnis: Was macht das mit einem Menschen? Eckart von Hirschhaus­en hat versucht, es in einem Experiment herauszufi­nden.

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