Neue Vorwürfe, alte Reflexe
Immer wenn man denkt, es könne nicht mehr schlimmer kommen, beweist die russische Sportpolitik, wie naiv es ist, das zu denken. Jetzt also steht der Verdacht im Raum, Russland habe betrogen, um einen vorher gehenden Betrug zu verschleiern. Die Datensätze aus dem Moskauer Anti-Doping-Labor sollen vor der Übergabe an die Wada frisiert worden sein. Aus Sicht der Russen ein nachvollziehbarer Versuch, flächendeckendes Doping zu verschleiern. Dumm nur, wenn der Versuch auffliegt. Dann wirken die Versuche, neues Vertrauen aufzubauen, wie eine Farce.
Dieser neuerliche Skandal entfaltet sich gerade erst zu seiner ganzen Pracht. Aber schon zeigen die beteiligten Parteien altbekannte Reflexe. Russland vermeidet inhaltliche Beiträge und wirft dem bösen Westen mal wieder vor, er habe sich – warum auch immer? – verschworen. In der Opferrolle lässt sich wunderbar vermeiden, Fehler einzugestehen. Staatsdoping vertuschen? Wir? Unerhört.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) wiederum sagt erst einmal gar nichts, während hinter den Kulissen fieberhaft nach einem Ausweg gesucht wird. Aufgabenstellung: Wie bekommen wir eine der größten Sportnationen nächstes Jahr zu den Sommerspielen nach Tokio, ohne auch noch den letzten Rest unserer Glaubwürdigkeit zu verlieren? 2016 in Rio hat das ja ganz ordentlich geklappt.
Unter dem Druck dieser mächtigen Parteien wird die Wada umkippen. Nicht heute oder morgen. Passieren aber wird es. Es wäre ja naiv zu denken, dass ein Betrug dieses Ausmaßes entsprechende Konsequenzen haben könnte.