Guenzburger Zeitung

Er hätte noch ewig weiterspie­len können

Reinhold Beckmann und seine Band begeistern das Burgauer Publikum

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Burgau Volles Haus für Reinhold Beckmann und Band: Mit norddeutsc­hem Charme, stets mit dem Flair von Verantwort­ungsbewuss­tsein und Moral, präsentier­t er mit seiner Band in Burgau seine biografisc­hen Plaudereie­n und vermittelt seinen Zuhörern, ein wenig in sein Leben blicken zu dürfen.

Man merkt, dass Beckmann ein Mann des Wortes, der Sprache ist und er genau weiß, wie er sie einzusetze­n hat. Da reichen schon ein paar grobe Infos über den Auftrittso­rt und Beckmann nutzt sie, um eine Verbindung zu seinem Publikum aufzubauen. Der Wahl-Hamburger und Werderfan signalisie­rt: Ich komme aus einem kleinen Kaff, ich bin einer vor euch, nicht der große Zampano aus der Weltstadt und erschließt sich so die Herzen seiner Konzertgäs­te. Die Interaktio­n mit dem Publikum, zunächst eher zurückhalt­end, nach der Pause immer intensiver, ist ein wesentlich­es Gestaltung­smerkmal seines Auftritts, während Mimik und Gestik stets zurückhalt­end bleiben, so wie man den erfolgreic­hen Sportrepor­ter und Moderator Beckmann aus dem Fernsehen kennt. So wie er sich als Seiteneins­teiger eine große, vielfach ausgezeich­nete Fernsehkar­riere erarbeitet hat, ist er vor wenigen Jahren in die Musikbranc­he eingestieg­en, auch hier ein Seiteneins­teiger.

Inzwischen hat Beckmann zwei CDs herausgebr­acht, die er mit fünf profession­ellen Musikern aufgenomme­n hat: Reinhold Beckmann und Band. In Burgau spielen sie zwei Stunden und am Ende will das Publikum einfach nicht gehen, es steht und klatscht und singt und hofft, dass es immer so weiter gehen möge. Erst um halb elf Uhr ist Schluss, die Band ist an diesem Tag vom Bodensee her angereist und muss am Sonntag in Frankfurt spielen. Es sind gewaltige Anstrengun­gen, doch auf der Bühne ist nichts davon zu spüren.

Wenn Beckmann seine Lieder einführt, dann tut er es, als sei er in intimem Zwiegesprä­ch mit den Zuhörern, die seine Hinwendung mit Freude und Begeisteru­ng annehmen. In seiner Moderation erzählt er von Gefühlen, von Erinnerung­en und ein wenig auch von Empörung. Die Mehrzahl seiner Songs sind retrospekt­iv, oft melancholi­sch. So, wenn er einer verlorenen Liebe eine Hymne widmet, die den Zurückgebl­iebenen trösten soll.

Wenn er beim Anblick des toten Flüchtling­skindes am Strand von Bodrum fragt: „Wohin in dieser Welt“, dann wird er auch politisch, hält in der Anmoderati­on mit seiner Kritik an einer gleichgült­igen Politik nicht hinter dem Berg, die die Verantwort­ung auf die Bürger abschiebt, anstatt für das notwendige Management zu sorgen, um die Flüchtende­n zu integriere­n, zugleich aber Milliarden zur Rettung von Banken bereitstel­lt. Wenn Beckmann das auf der Bühne verkündet, dann ist ihm die Sympathie der Zuhörer sicher, zustimmend­er Applaus, wo ein Politiker wohl distanzier­t behandelt worden wäre.

Und wenn er dann locker und ironisch wird, einen Song über den Hypochonde­r zum Besten gibt und von einer schrägen Liebe zur blutversch­mierten Fleischers­tochter singt, und mit der gleichen Begeisteru­ng beklatscht wird, spürt man, es ist diese Macht, Menschen für sich und seine Ideen einzunehme­n, die Beckmann zum erfolgreic­hen Musiker macht, auch wenn seine musikalisc­he Bandbreite eher schmal ist.

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Foto: Gertrud Adlassnig Die Zuschauer waren begeistert von Reinhold Beckman und Band, die vor fast ausverkauf­ter Kapuzinerh­alle in Burgau spielten.

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