Soll der Staat Condor vor der Pleite retten?
Reise Die Insolvenz von Thomas Cook bedroht auch deutsche Tochterfirmen des Konzerns
Augsburg Geplatzte Flitterwochen, gestrichene Flüge, gestrandete Touristen: Die Pleite des britischen Reiseveranstalters Thomas Cook hat hunderttausende von Urlaubern aus ganz Europa kalt erwischt. Alleine aus Deutschland sind im Moment rund 140 000 Urlauber mit Neckermann Reisen, Bucher, Öger Tours und anderen Tochterfirmen des traditionsreichen Konzerns unterwegs, mehrere tausend konnten am Montag nicht wie geplant in ihre Ferien starten. Die Fluglinie Condor, die ebenfalls zu Thomas Cook gehört, will ihr Überleben nun mithilfe eines Überbrückungskredits der Bundesregierung sichern, die Rede ist von 200 Millionen Euro.
Während nach Konzernangaben auch in Deutschland Tochtergesellschaften wie Bucher und Öger die Insolvenz droht, fliegt Condor weiter – und darf offenbar auf Hilfe aus Berlin hoffen. Eine finanzielle Unterstützung müsse genau unter die Lupe genommen werden, betont der CSU-Verkehrsexperte Ulrich Lange gegenüber unserer Redaktion. In diesem Fall sei sie aber vorstellbar. Dass sich die Regierung für Condor engagieren muss, sei ein eindeutiges unternehmerisches Versagen, sekundiert sein Parteifreund, der verbraucherpolitische Sprecher Volker Ullrich. „Wir müssen Flugunternehmen künftig mehr abverlangen bei ihrer Insolvenzabsicherung, aber auch bei der Durchsetzung von Verbraucherrechten.“
Auch die hessische Landesregierung hat der Fluggesellschaft bereits finanzielle Hilfe in Aussicht gestellt: „Grundsätzlich sind wir offen, Condor bei der Überbrückung der aktuellen Krise zusammen mit dem Bund behilflich zu sein.“Dass das Geld auch im Falle einer Pleite nicht verloren sein muss, zeigt das Beispiel von Air Berlin: Das insolvente Unternehmen hat erst vor wenigen Tagen die letzte Rate eines ähnlichen Kredites über 150 Millionen Euro zurückgezahlt. Die Bundesregierung hatte sich zuvor vertraglich zusichern lassen, dass ihr Darlehen vor allen anderen Forderungen aus der Konkursmasse bedient wird.
Selbst die FDP, solchen Rettungsaktionen gegenüber sonst eher skeptisch eingestellt, nennt einen Überbrückungskredit „vertretbar“. Condor schreibe schwarze Zahlen, sagt Fraktionsvize Michael Theurer. Er sei daher vorsichtig optimistisch. Reiner Holznagel, der Präsident des Bundes der Steuerzahler, hält ein solches Darlehen dagegen für falsch: „Der Staat ist nur aufgerufen zu helfen, wenn wirklich Gefahr im Verzug ist oder Menschen in Not sind. Das sehe ich hier nicht.“
Verbraucherschützer bezweifeln, dass alle Urlauber nach der Pleite von Thomas Cook komplett abgesichert sind. Ob die verpflichtende Versicherung von 110 Millionen Euro pro Jahr bei der Insolvenz eines Branchenschwergewichts ausreiche, sei noch nicht klar, warnt der Bundesverband der Verbraucherzentralen.
Britische Regierung startet historische Rückholaktion
Anders als in Deutschland holt in Großbritannien jedoch die Regierung gestrandete Urlauber zurück. Für rund 150000 Betroffene hat die Luftfahrtbehörde die „Aktion Matterhorn“angeworfen, die größte Rückholaktion in Friedenszeiten seit dem Zweiten Weltkrieg. Dazu hat die Behörde dutzende Maschinen gechartert, um Urlauber von 55 verschiedenen Reisezielen heimzubringen, aus Kuba, Spanien, Griechenland oder den USA. Den Anfang machten Urlauber auf den griechischen Ferieninseln Kos, Korfu und Zakynthos.
Ist die Insolvenz von Thomas Cook auch eine Folge veränderter Reisegewohnheiten? Und wie kommen betroffene Urlauber zu ihrem Recht? Lesen Sie dazu auch den Leitartikel und die Wirtschaft.