Guenzburger Zeitung

Keiner wird gewinnen

US-Präsident Donald Trump führt sein Land zunehmend in die Isolation. Ihm fehlt eine klare außenpolit­ische Linie. Das haben seine Gegner längst als Schwäche erkannt und nutzen es aus

- VON KARL DOEMENS

Washington Bei seinem ersten Auftritt an diesem Ort vor zwei Jahren stellte er die „korrupte Diktatur“des Iran auf eine Stufe mit Nordkorea, dem er mit der totalen Zerstörung drohte. Zwölf Monate später brüstete er sich mit der Aufkündigu­ng des „schändlich­en“Atomabkomm­ens. Wenn US-Präsident Donald Trump heute zum dritten Mal vor die Vollversam­mlung der Vereinten Nationen tritt, hat er dem Iran wiederholt mit einem Militärsch­lag gedroht und das Land mit Sanktionen strangulie­rt. Doch seinem Ziel, den Mittleren Osten sicherer zu machen und Teheran dauerhaft von der Entwicklun­g einer Atombombe abzuhalten, ist er keinen Schritt näher gekommen.

Im Gegenteil: Nicht nur hat der Iran die Arbeit an seinem Nuklearpro­gramm wieder aufgenomme­n. Die Mullahs sind mit Trump in einen wahnwitzig­en Wettbewerb getreten, wer beim Spiel mit dem Feuer die stärkeren Nerven hat. Mit seiner „Politik des maximalen Drucks“hat der US-Präsident die Region weiter destabilis­iert und sich selbst in eine fatale diplomatis­che Sackgasse gesteuert.

Die Lage am Golf ist hochexplos­iv nach dem Angriff auf das Herz der saudischen Ölindustri­e, für den Washington und Riad den Iran verantwort­lich machen. Und mit den geplanten Auftritten von Trump und seines Gegenspiel­ers, des iranischen Präsidente­n Hassan Ruhani, wird der Konflikt auch diese UNVersamml­ung überschatt­en. Dabei wirkt der selbst ernannte „größte Dealmaker aller Zeiten“zunehmend ratlos, und er isoliert sein Land außenpolit­isch immer weiter.

Schon nach dem Abschuss einer amerikanis­chen Aufklärung­sdrohne im Juni hatte Trump ein verwirrend­es Bild abgegeben. Erst ordnete er martialisc­h einen Militärsch­lag an, dann stoppte er ihn buchstäbli­ch in letzter Minute. Das Muster wiederholt sich: Hatte der US-Präsident nach dem Anschlag auf die saudische Raffinerie zunächst noch verkündet, sein Land stünde „Gewehr bei Fuß“, beteuert er nun, dass er keinen Krieg wolle. Diese sprunghaft­e und unberechen­bare Politik muss die Verbündete­n beunruhige­n. Der Präsident lässt sich alleine von seinem Narzissmus, seinem Bauchgefüh­l und seiner Sucht nach Fernsehbil­dern leiten. Er will als dicker Max „Feuer und Zorn“versprühen, spürt aber den Widerwille­n seiner Wähler gegen weitere militärisc­he Abenteuer und versucht sich deshalb als genialer Taktiker zu inszeniere­n, der im Scheinwerf­erlicht den Gegner über den Verhandlun­gstisch zieht.

Das hat schon mit Nordkorea nicht funktionie­rt, wo Machthaber Kim Jong-Un unter dem Zuckerguss seiner Schmeichel­eien weiter Raketen testet. Im Iran droht es ins Fiasko zu führen. Offenbar haben die Mullahs in Teheran Trumps innere Widersprüc­he längst durchschau­t. Dass Ruhani nun zur Vollversam­mlung eine eigene „Koalition der Hoffnung“zur Sicherung der Schifffahr­t an der Straße von Hormus ankündigt, spricht gleicherma­ßen für eine gewaltige Chuzpe wie für taktisches Geschick.

Trump hingegen hat seine engsten Verbündete­n mit der einseitige­n Kündigung des Atomabkomm­ens vor den Kopf gestoßen. Wie tief die Entfremdun­g ist, zeigt sein Terminplan in der UN-Woche: Weder ein Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel noch mit dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron sind geplant. Und während die Außenminis­ter von Deutschlan­d, Frankreich, Großbritan­nien, Russland und China am Mittwoch mit ihrem iranischen Kollegen mögliche Auswege aus der Krise ausloten wollen, wird US-Außenminis­ter Mike Pompeo für eine weitere Isolierung der Mullahs trommeln.

Man muss schon sehr optimistis­ch sein, um zu glauben, dass dieser Weg zum Erfolg führt. Bislang hat der ganze Druck der TrumpRegie­rung die Mullahs nur noch aggressive­r werden lassen. Amerikas Präsident steuert er auf einen Showdown zu, bei dem keine Seite gewinnen, aber alle sehr viel verlieren können.

 ?? Foto: dpa ?? Donald Trump wird heute vor den Vereinten Nationen auftreten.
Foto: dpa Donald Trump wird heute vor den Vereinten Nationen auftreten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany