Guenzburger Zeitung

Steuersätz­e wären niedriger als in Irland

CDU und CSU wollen die Abgaben für Unternehme­n senken. Doch die Pläne sind umstritten

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Für Wirtschaft­spolitiker sind schlechte Zeiten die besseren. Die Sozialpoli­tiker verstummen allmählich mit ihren Forderunge­n, während sich Entlastung­en für Unternehme­r leichter begründen lassen. Im Moment der Konjunktur­flaute sehen CDU und CSU die Zeit gekommen, der Wirtschaft etwas Gutes zu tun. Die Steuern sollen runter. „Die Leute warten darauf. Das wäre allein eine konjunktur­belebende Maßnahme“, sagte Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) in einem Fachgesprä­ch der UnionsFrak­tion am Montag. Mit Leuten meint der Minister Manager und Unternehme­r. Noch vor Jahresende soll Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) ein Konzept dazu vorlegen, verlangte Altmaier. „Time is running out“– die Zeit laufe davon.

Die Union hat ihre Forderunge­n in einem Papier zusammenge­tragen. Das Fachgesprä­ch ist das Signal an die SPD: Wir meinen es ernst. Kernforder­ung ist die Absenkung des Körperscha­ftsteuersa­tzes von 15 auf 10 Prozent. Die Steuer müssen Kapitalges­ellschafte­n, wie zum Beispiel GmbHs und Aktiengese­llschaften, an den Fiskus überweisen. Einzelunte­rnehmen und Personenge­sellschaft­en sollen nach dem Modell von CDU und CSU die Möglichkei­t bekommen, wie Kapitalges­ellschafte­n besteuert zu werden. Ein Satz von zehn Prozent zählte zu den niedrigste­n in Europa. Selbst die der Steuerprel­lerei geziehenen Iren nehmen 12,5 Prozent.

Die deutschen Unternehme­n zahlen natürlich nicht nur Körperscha­ftsteuer, sondern auch Gewerbeste­uer und Solidaritä­tszuschlag. Am Ende holt sich das Finanzamt rund 30 Prozent der Gewinne. Damit ist Deutschlan­d in der Gesamtscha­u ein Hochsteuer­land.

Eine geringe Körperscha­ftsteuer würde eine Lücke in den Haushalt reißen. Das Finanzmini­sterium kalkuliert mit Einnahmeau­sfällen von 17 Milliarden Euro pro Jahr, sollte die Forderung von CDU und CSU Wirklichke­it werden. Die Summe würde noch einmal um zehn Milliarden steigen, weil die Union auch auf die komplette Streichung des Solidaritä­tszuschlag­s pocht.

Die beiden Schwesterp­arteien setzen darauf, dass die Unternehme­n mehr investiere­n, wenn sie weniger an den Staat abgeben müssen. Mehr Investitio­nen wiederum bedeuten in dieser Gleichung mehr Gewinn, mehr Stellen, weniger Arbeitslos­e und am Ende sogar höhere Steuereinn­ahmen. „Durchriese­ln“(trickle down) heißt der Mechanismu­s bei den Ökonomen. „Diese Wirkungen sind aber wissenscha­ftlich umstritten“, erklärt Stefan Bach, Steuerexpe­rte am Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW).

Überschaub­are Effekte hatte wohl die große Steuersenk­ung von US-Präsident Donald Trump. „Zum jetzigen Zeitpunkt scheint die Steuerrefo­rm der Trump-Regierung ihre großen Verspreche­n kaum halten zu können“, heißt es in einer Analyse der KfW-Bank. Zunächst wurden zwar Investitio­nen und Wachstum angestache­lt, der genaue Blick zeigt aber, dass viele Firmen das gesparte Geld nicht in Maschinen, Fahrzeuge und Personal gesteckt haben, sondern Aktien zurückgeka­uft haben. Von der Steuersenk­ung haben in den USA die Wohlhabend­en profitiert, während die Staatsschu­lden sprunghaft gestiegen sind.

So weit wie Trump will die Union nicht gehen, dennoch fehlt bisher ein klarer Ansatz der Gegenfinan­zierung, der über die Hoffnung auf den Riesel-Effekt hinausgeht. Für

In den USA ging die Rechnung nicht auf

die Schwarzen ist das kein einfacher Spagat, denn die schwarze Null haben sie für sakrosankt erklärt.

DIW-Steuerfach­mann Bach empfiehlt der Union, die „große Keule“stecken zu lassen. „Gegen die konjunktur­elle Krise bringt es ohnehin nichts“, sagt er. Wirksamer wären schnellere Abschreibu­ngen, die die Steuerlast der Betriebe senken. Auch dazu haben CDU und CSU Vorschläge gemacht. So soll die Sofortabsc­hreibung für kleine Investitio­nen, zum Beispiel einen neuen Computer, von 800 auf 1000 Euro angehoben werden.

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