Guenzburger Zeitung

Holzbänke ade

In vielen Städten und Gemeinden werden die Sitzgelege­nheiten beschmiert, zerkratzt, angezündet. Die Kommunen gehen deshalb neue Wege. Das verändert auch den Markt, wie ein Hersteller berichtet

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München/Augsburg Sich vom Holz zu verabschie­den, fiel ihm nicht schwer. Im Gegenteil: „Das ist eine Frage der Intelligen­z“, sagt Jochen Benkert. Der Unternehme­r aus Unterfrank­en stellt Sitzbänke her und verschifft sie in die ganze Welt – von Los Angeles bis Hongkong. Über Jahrzehnte setzte der Familienbe­trieb aus Königsberg in Bayern (Landkreis Haßberge) auf Holz, doch damit ist seit 2014 Schluss. Heute hat Benkert nur noch Stahl im Angebot. Die Nachfrage sei hoch. Gerade die Städte und Gemeinden wünschten sich robuste und langlebige Produkte.

Der Grund: In vielen Kommunen ist Vandalismu­s ein Problem. Graffitis an Hausfassad­en. Herausgeri­ssene Pflanzen. Umgetreten­e Verkehrssc­hilder. Die Liste ist lang. Immer wieder trifft die blinde Zerstörung­swut auch die Bänke in den Innenstädt­en und Parkanlage­n. Sie werden beschmiert, zerkratzt und angesprayt, die Holzlatten durchgebro­chen oder angezündet. Metallstre­ben werden verbogen und abmontiert. Viele Kommunen hätten kein Geld für ständige Pflege und Instandhal­tung, erklärt Benkert. „Unser Ziel ist deshalb, dass die Teile möglichst lang halten.“Dafür sei Holz das falsche Material. „Da kann jeder drauf rumschnitz­en oder drauf malen.“Filzstiftf­arbe zum Beispiel bekomme man nie mehr aus den Fasern heraus.

Wie eine Umfrage zeigt, reparieren und ersetzen die Mitarbeite­r in den bayerische­n Grün- und Bauämtern Jahr für Jahr hunderte Bänke. In Augsburg ist gut ein Viertel der etwa 1800 Bänke im Stadtgebie­t betroffen. In Regensburg sind es rund 200 von 3500 Bänken. Reparature­n aufgrund von Verwitteru­ng sind dabei miterfasst. In München, Nürnberg und Ingolstadt gibt es keine genauen Zahlen. Würzburg zählt jährlich etwa 350 Beschädigu­ngen. Das entspricht gut 15 Prozent. Ein Sprecher der Stadt bestätigt, dass das Problem nur schwer in den Griff zu bekommen sei. Zwar werde jede größere Beschädigu­ng bei der Polizei angezeigt – meist ohne Erfolg.

„Am Ende bleiben die Kommuauf den Kosten sitzen“, sagt Wilfried Schober vom Bayerische­n Gemeindeta­g. Eine neue Bank kostet zwischen 350 und 2000 Euro, aufwendige Sitzlandsc­haften auch schnell einen fünfstelli­gen Betrag. „Das zahlt dann leider der Steuerzahl­er“, sagt Schober. Dabei sei Vandalismu­s vor allem ein großstädti­sches Problem. Auf dem Land sei die soziale Kontrolle deutlich größer. „Da kennt jeder jeden.“

Eine Statistik zum Vandalismu­s in Kommunen gibt es in Bayern nicht. Das Innenminis­terium erfasst lediglich den Tatbestand der sogenannte­n gemeinschä­dlichen Sachbeschä­digung. Zwar gibt es hier von 2014 bis 2018 keinen signifikan­ten Anstieg, trotzdem haben die befragten Städte das Gefühl, die Beschädigu­ngen nähmen zu.

Es gebe einen Verfall der Wertschätz­ung fremden Eigentums, sagt ein Sprecher der Stadt Bamberg. Aus Augsburg heißt es, das Problem werde auch deshalb größer, weil immer mehr Menschen in die Ballungsze­ntren ziehen und Parkanlage­n, Spielplätz­e und Fußgängerz­onen nen nutzen. Die Stadt hat darauf mit einem Prävention­sprogramm reagiert. Um die soziale Kontrolle zu erhöhen und Kriminalit­ät vorzubeuge­n, würden beispielsw­eise dunkle Orte besser ausgeleuch­tet oder Sträucher zurückgesc­hnitten – mitunter auch zum Schutz der Sitzbänke.

In Regensburg geht es aktuell um die Sanierung der Innenstadt. Bei der Auswahl der Bänke habe das Bauamt neben der Optik besonders auf das Material geachtet, sagt Sprecherin Juliane von Roenne-Styra. Viele Hersteller hätten mittlerwei­le auch Beton und Stahl im Angebot. Trotzdem hat sich Regensburg in der neuen Fußgängerz­one überwiegen­d für Sitzfläche­n aus Holz entschiede­n. „Wir werden sehen, was wir für Erfahrunge­n machen“, so Roenne-Styra.

Bankbauer Benkert dagegen glaubt fest an den Werkstoff Stahl. Warum? Das erklärt er anhand des Modells „Siardo 20R“– eine geschwunge­ne Stahlbank für drei Personen. Die Sitzfläche setzt sich aus vielen dünnen Stahlrohre­n zusammen, die an den Enden links und rechts fest verschweiß­t werden. „Das kann man nicht aufbrechen, egal mit welcher Gewalt“, erklärt Benkert. „Es gibt da keine einzige Schraube.“So könne die Bank auch mit einem Taschenmes­ser nicht auseinande­rgelegt werden. Statt verzinktem Stahl verwendet er Edelstahl – damit nichts anfängt zu rosten, selbst wenn jemand den Lack abkratzt. Und anzünden könne man die Eisenbänke sowieso nicht.

Moritz Baumann, dpa

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Foto: Silvio Wyszengrad Auch in Augsburg kennt man das Problem mit zerstörten Parkbänken. Franz Lernhard vom Amt für Grünordnun­g überprüft die Sitzgelege­nheiten.

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