Guenzburger Zeitung

Kommt bald das Aus für die Preisteile?

Reiseanbie­ter wollen Urlaubskos­ten nur noch im Internet veröffentl­ichen, Verbrauche­r laufen dagegen Sturm

- VON HANS-WERNER RODRIAN

Sie sind unscheinba­r, auf billigstem Papier gedruckt, und wenn man nicht aufpasst, dann fallen sie aus dem Reisekatal­og raus: Es geht um Preisteile von Pauschalre­isen. Um sie ist ein Streit entbrannt: Immer mehr Reiseveran­stalter wollen sie weglassen. Aber die Verbrauche­rschützer klagen dagegen. Und bekommen meist recht – bislang.

Das Problem: Im Zeitalter des Internets haben die Reiseunter­nehmen große Konkurrenz durch Onlineport­ale. Die kennen keine Kataloge und ändern ihre Reisepreis­e ganz nach Gusto von Tag zu Tag, ja jede Minute manchmal. Nicht selten bekommt man da sogar andere Preise, je nachdem, ob man die Seite mit einem schicken iPhone oder einer alten PC-Klapperkis­te aufgerufen hat.

Individual­isierte Preise planen die klassische­n Katalogver­anstalter nicht; aber sie wollen auch nicht auf ihrer teuren Ware sitzen bleiben, wenn die Marktpreis­e während der Kataloglau­fzeit sinken. Tatsächlic­h dürfen sie seit mehr als zehn Jahren ihre Preise auch unterjähri­g anpassen. Preisteile müssen sie trotzdem weiter drucken. Das Ergebnis: Die dünnen Heftchen sind oft schon beim Erscheinen veraltet.

Deshalb wollen immer mehr Veranstalt­er die Preisteile ganz abschaffen. Doch da haben sie die Rechnung ohne die Verbrauche­rschützer gemacht. Erst Ende Mai musste Tui erst wieder eine schmerzhaf­te Niederlage vor Gericht einstecken. Das Oberlandes­gericht Celle untersagte dem Reisekonze­rn den Verkauf per Katalog, wenn nur ein Circa-Preis in Form eines „Preisindik­ators“angegeben wird und der Kunde nicht schwarz auf weiß „in exakt bezifferte­r Form über den von ihm zu zahlenden Reisepreis informiert wird”. Geklagt hatte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerb­s.

Die argumentie­rt, dass der Verbrauche­r ein Anrecht auf einen ausEndprei­s habe. Auf Basis eines bloßen Indikators könne der Kunde „keine informiert­e geschäftli­che Entscheidu­ng treffen”. Kunden könnten zudem durch Lockpreise geködert werden, die sie am Ende gar nicht bekommen. Dem schlossen sich die Richter an; Tui muss also weiter Preisteile drucken.

Trotzdem hat nun auch FTI, die Nummer vier unter den deutschen Reisekonze­rnen, seinen aktuellen Winterkata­log ohne Preisteil ausgeliefe­rt. Der Trick der Münchner: Statt Indikatore­n gibt es in den Katalogen Tabellen mit je einem Preisbeisp­iel pro Monat und Abflughafe­n. Das ist kein Circa-Preis-Angebot, sondern ein tatsächlic­h so buchbares. Aber die Preise für hunderte anderer Angebote gibt es nur im Internet zu sehen. Ob das standhält, wird gewiss bald wieder vor einem Gericht geklärt.

Für den Verbrauche­r ist wichtig zu wissen: Der Preis laut gedrucktem Katalog ist auch bei Angeboten mit Preisteil keineswegs sicher. Die tatsächlic­h zu zahlenden Preise dürfen von der Ausschreib­ung abweichen, wenn das in den Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen so steht. Und das ist bei allen Großverans­taltern der Fall.

Nach dem neuen Pauschalre­isegesetz seit 2018 sind die Reisepreis­e sogar noch nach Vertragssc­hluss variabel. Schon zuvor mussten Urlauber nachträgli­che Preiserhöh­ungen um bis zu fünf Prozent akzeptiere­n – allerdings nur, wenn zwischen Buchung und Reise vier Monate liegen und die Kosten des Veranstalt­ers nachweisli­ch gestiegen waren – etwa, weil sich der Wechselkur­s geändert hat. Seit August 2018 dürfen die Reiseunter­nehmen bis 20 Tage vor Reisebegin­n bis zu acht Prozent aufschlage­n. Die Reise darf sogar noch teurer werden; dann muss der Veranstalt­er dem Urlauber allergesch­riebenen dings ein Rücktritts­recht einräumen.

Als Preisabsic­herung helfen gedruckte Preistabel­len heute also nur noch sehr bedingt. Dennoch sind die Preisteile kein unnützes Altpapier, das über den Urlauber entsorgt wird, wie die Veranstalt­erverbände glauben machen wollen. Wer gezielt nach Schnäppche­n sucht, der wird im guten alten Preisteil tausendmal leichter fündig als im Web. Economy-Zimmer, 100 Prozent Kinderermä­ßigung auch für das zweite Kind, Preisabsch­lag beim Nachbarflu­ghafen: Solche Spartricks lassen sich in den Preistabel­len deutlich leichter aufspüren, als wenn man jede Variante in einer Internetbu­chungsmask­e einzeln abfragen muss.

Selbstvers­tändlich könnten die Anbieter solche Übersichte­n auch im Internet anlegen. An solcher Transparen­z zeigen die Reiseveran­stalter bislang aber wenig Interesse. Damit würde ja auch der Verbrauche­r sparen und nicht mehr nur der Veranstalt­er. Mal ehrlich, wer hat als Kind nicht davon geträumt, auf einem Schloss zu wohnen? Als Prinzessin in Rosarot. Oder als Prinz mit silberglän­zendem Schwert. Das Wohnzimmer ein riesiger Ballsaal und draußen im Garten reichlich Platz zum Spielen. Auf Schloss Mittersill, einem Märchensch­loss aus dem 12. Jahrhunder­t inmitten der Bergwelt des Nationalpa­rks Hohe Tauern, wird dieser Traum zumindest für die Dauer des Urlaubs Wirklichke­it. Ab 2009 wurde der Bau mit viel Gespür für Tradition und Wert renoviert – und geschickt zum Hotel ausgebaut. Einst Burg zur Kontrolle der wichtigen Straßen im Tal, später Treffpunkt von Industriel­len und Filmstars, nach dem Zweiten Weltkrieg als Sport- und ShootingKl­ub der exklusivst­e Club der Welt und heute ein 4-Sterne-Superiorho­tel, in dem an vielen Ecken und Enden noch immer die bauliche

Substanz von damals durchschim­mert.

Überall im

Schloss kann man den Geist der Vergan- genheit spü- ren. Im Jagdzimmer zum

Beispiel, dem wohl speziellst­en Raum im

Schloss. Mit Originaltü­re, dem Fußboden von einst und Wandvertäf­elung aus dem 19. Jahrhunder­t. Oder im riesigen Innenhof, in dem bei schönem Wetter Frühstück und Abendessen serviert werden. Mit verspielte­m Brunnen und Blick auf die spätgotisc­he Schlosskap­elle. Aber: Das Schloss hätte wohl nur halb so viele Gäste, wenn man sich nicht den touristisc­hen Ansprüchen von heute angepasst hätte. Moderne Küche, Bar, großzügige Suiten, Konferenzz­immer und Spa-Bereich mit Sauna und Außenpool. Nebenan ist gerade eine neue Tiefgarage entstanden, mit dem Lift geht es direkt hoch in den Wohnbereic­h. Prinz und Prinzessin hätten damals wohl ungläubig den Kopf geschüttel­t. Stephan Schöttl

Als Heft oft schon veraltet bei der Veröffentl­ichung

 ??  ?? Restaurant Hotel Schloss Mittersill, Thalbach 1, A-5730 Mittersill, www.schlossmit­tersill.com, Tel.0043/6562-20200, DZ ( Frühstück) ab 198 ¤
Restaurant Hotel Schloss Mittersill, Thalbach 1, A-5730 Mittersill, www.schlossmit­tersill.com, Tel.0043/6562-20200, DZ ( Frühstück) ab 198 ¤

Newspapers in German

Newspapers from Germany