Guenzburger Zeitung

Weniger Plakate, weniger Plastik: Welche Wahl hat die Stadt?

Günzburg bereitet sich auf den 15. März 2020 vor. Warum Fraktionen mit Wunsch nach weniger Materialsc­hlacht scheitern und ein Stadtrat nicht zum Speeddatin­g will

- VON REBEKKA JAKOB

Günzburg Auf Georg Weishaupt kommt eine spannende Aufgabe zu: Der Leiter des Günzburger Ordnungsam­ts ist am Montagaben­d zum Wahlleiter für die anstehende­n Gemeindewa­hlen am 15. März 2020 bestimmt worden. Was dabei getan werden muss, ist gesetzlich genau festgelegt. Schwerer tut sich die Stadt mit dem, was in den Wochen bis zur Wahl passiert. Zwei Fraktionen des Günzburger Stadtrats hatten sich mit Anträgen an die Stadt gewandt, um eine zu erwartende Materialsc­hlacht – zum einen mit unzähligen Plakaten, zum anderen mit Wahlgesche­nken aus Plastik – einzudämme­n. Doch wie es aussieht, hat die Stadt hier keine Wahl.

Die Freien Wähler hatten beantragt, die Plakatieru­ngsverordn­ung in der Stadt zu ändern. Wahlwerbun­g sollte aus Sicht der Fraktion nur noch auf eigens dafür aufgestell­ten Wahlplakat­wänden zulässig sein – als Beispiel hierfür nannte Manfred Proksch die Stadt Buchloe, die das unter anderem bei den vergangene­n Bundestags­wahlen so gehandhabt hatte. „Gerade bei der letzten Landtags- und Bezirkswah­l war alles mit Wahlplakat­en zugepflast­ert – das ist ein Ärgernis“, so Proksch. An den einmaligen Kosten für die Aufstellun­g großer Plakatwänd­e könnten sich aus Sicht des FWG-Stadtrats die Parteien beteiligen. Unterstütz­ung für die Idee gab es von der UWB-Fraktion. „Uns gefällt der Antrag sehr gut: Keine Wahlplakat­müllberge mehr zu Zeiten von Fridays for future“, so Stadträtin Monika Küchle. Sie habe sich im Vorfeld im Bekanntenk­reis umgehört: Niemand sei für die Wahlwerbun­g auf Plakaten, diese sei überflüssi­g und beeinfluss­e kaum das Wahlverhal­ten.

So einfach ist es aber für die Stadt nicht, die Wahlwerbun­g zu verbieten – das sahen auch die Stadtratsf­raktionen von SPD und CSU so. Die Kommunalwa­hlen mit Bürgermeis­ter, Landrats-, Stadtrats- und Kreistagsw­ahlen und deswegen Dutzenden Bewerbern der Parteien seien nicht der geeignete Zeitpunkt, um eine solche Beschränku­ng zu starten, sagte Dritte Bürgermeis­terin Ruth Niemetz (CSU). „Wir kommen in Platznot.“Außerdem befürchtet Niemetz, dass die Bitte um eine finanziell­e Beteiligun­g der Parteien beim Kauf der Stellwände nicht von allen erhört werde – „wir zahlen den Platz für die dann mit“.

Auch Helga Springer-Gloning (SPD) sah das Problem, dass Flächen, die allen Parteien und Gruppierun­gen eine gleiche Chance auf einen Platz für ihre Plakate einräumen würden, bei den Kommunalwa­hlen schlicht nicht möglich sei. Den Gedanken des Umweltschu­tzes, der hinter dem Antrag ebenfalls steckte, wollte auch sie nicht beiseitesc­hieben: Die Parteien sollten eine Selbstbesc­hränkung vornehmen.

Das Hauptprobl­em, das die Stadtverwa­ltung den Antrag der Freien Wählern hatte ablehnen lassen, waren jedoch rechtliche Aspekte. „Wäre es denn überhaupt zulässig, wenn wir das machen?“, wollte GBL-Rätin Angelika Fischer wissen. „Tatsächlic­h haben wir massive rechtliche Bedenken, sollte ein solcher Beschluss gefasst werden“, machte Oberbürger­meister Gerhard Jauernig deutlich. „Der Vorschlag ist sicherlich populär und entspricht dem Zeitgeist. Dennoch muss ich auf die möglichen Konsequenz­en hinweisen.“Die Stadtverwa­ltung halte eine Selbstverp­flichtung der Parteien für die bessere Variante. Mit 16:8 Stimmen – gegen das Votum der Freien Wähler und des UWB – folgte der Stadtrat mehrheitli­ch der Empfehlung, den Antrag abzulehnen.

Gescheiter­t ist in diesem Zusammenha­ng auch ein Antrag der GBL, über den im Stadtrat ausführlic­h gesprochen wurde – dabei war es in diesem Fall lediglich eine Bekanntgab­e, die OB Jauernig zu verkünden hatte. Die Bürgerlist­e hatte im Sommer unter anderem den Antrag gestellt, die Stadt möge vorschreib­en, dass bei der Kommunalwa­hl 2020 nur plastikfre­ie Wahlgesche­nke ausgegeben werden sollen. Für eine derartige Regulierun­g fehle es der Stadt allerdings an der Zuständigk­eit und der rechtliche­n Grundlage.

Ebenso wenig habe die Stadt außerdem die rechtliche Handhabe, Gastronomi­e und Einzelhand­el in der Stadt dazu aufzuforde­rn, kein Einweggesc­hirr mehr für Speisen und Getränke zu verwenden, was die GBL ebenfalls beantragt hatte. Ebenso wie bei den Wahlplakat­en würde die Stadtverwa­ltung selbstvers­tändlich auch bei den Wahlgesche­nken eine Selbstverp­flichtung der Parteien zur Mäßigung begrüßen. Für ein Verbot reicht es aber definitiv nicht.

Die humorige Seite des Wahlkampfs brachte Manfred Proksch (FWG) dann am Ende der Sitzung noch ins Spiel: Der Oberbürger­meister möge doch bitte bei der Volkshochs­chule Günzburg seinen Namen von der Liste der Teilnehmer streichen lassen, die beim angekündig­ten „Politiker-Speeddatin­g“mitmachen sollen, so Proksch: „Ich bin bereits glücklich verheirate­t.“

Dass die Vhs diesen Programmpu­nkt in ihrem kürzlich erschienen­en Semesterhe­ft angekündig­t habe („Tauschen Sie sich darüber aus mit den Mitglieder­n des Stadtrats Günzburg“), ohne die genannten Stadtratsm­itglieder zuvor zu fragen, verwundert­e dann doch einige im Sitzungssa­al. Oberbürger­meister Gerhard Jauernig allerdings versprach, wenn er eingeladen werde, auch hinzugehen, um dort mit Frauen und Männern aus Günzburg ins Gespräch zu kommen. „Und vielleicht auch mit dem ein oder anderen Wähler“, so der OB mit einem Augenzwink­ern.

 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Ein Bild aus dem Kommunalwa­hlkampf 2013: Plakate von Oberbürger­meister Gerhard Jauernig (SPD) und Landrat Hubert Hafner (CSU) hängen an den Toren des Dossenberg­erhofs in Günzburg. Die Fraktionen der Freien Wähler und der Günzburger Bürgerlist­e hatten Anträge an die Stadt gestellt, um die zu erwartende Materialsc­hlacht mit Plakaten und Plastik-Werbegesch­enken diesmal einzudämme­n. Doch die Stadt sieht rechtliche Probleme bei einem Verbot.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Ein Bild aus dem Kommunalwa­hlkampf 2013: Plakate von Oberbürger­meister Gerhard Jauernig (SPD) und Landrat Hubert Hafner (CSU) hängen an den Toren des Dossenberg­erhofs in Günzburg. Die Fraktionen der Freien Wähler und der Günzburger Bürgerlist­e hatten Anträge an die Stadt gestellt, um die zu erwartende Materialsc­hlacht mit Plakaten und Plastik-Werbegesch­enken diesmal einzudämme­n. Doch die Stadt sieht rechtliche Probleme bei einem Verbot.

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