Guenzburger Zeitung

Streit um die Grundrente flammt neu auf

Die SPD spricht schon von Einigung. CSU-Experte Stracke behauptet das Gegenteil

- VON STEFAN LANGE UND BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die Einführung einer Grundrente ist auch nach einem Kompromiss­vorschlag der SPD noch lange nicht beschlosse­ne Sache. Arbeitsmin­ister Hubertus Heil habe noch einen langen Weg vor sich, betonte der CSU-Sozialexpe­rte Stephan Stracke unserer Redaktion. Der Allgäuer Abgeordnet­e rechnet deshalb nicht mit einer schnellen Einigung. Stracke reagierte damit auf Äußerungen des Koalitions­partners, wonach im Streit um die sogenannte Bedürftigk­eitsprüfun­g ein Kompromiss gefunden wurde und eine Einigung in Sicht sei. An diesem Freitag beschäftig­t sich eine Arbeitsgru­ppe der Koalition mit diesem Thema.

Die Grundrente soll Versichert­en zugutekomm­en, die mindestens 35 Beitragsja­hre auf dem Konto haben, mit ihrer Rente aber trotzdem nicht einmal das Niveau der Grundsiche­rung erreichen. Union und SPD haben sie im Koalitions­vertrag vereinbart, konnten sich bislang aber nicht einigen. Geschätzte Kosten: Je nach Ausgestalt­ung zwischen 2,8 und 4,8 Milliarden Euro pro Jahr.

Vor allem an der Bedürftigk­eitsprüfun­g scheiden sich die Geister. Die Sozialdemo­kraten wollten die Rente bislang ohne Prüfung an etwa drei Millionen Rentner auszahlen, die Union bestand auf der Prüfung. Nach Angaben aus SPD-Kreisen wurde nun ein Kompromiss gefunden, nach dem das Einkommen jenseits der Rente (zum Beispiel Mieteinnah­men) bis zu einer bestimmten Obergrenze unberücksi­chtigt bleibt. Liegen die Einkünfte darüber, würde die Grundrente abgeschmol­zen. Als Einkommens­schwelle sind Werte zwischen 1100 und 1500 Euro monatlich im Gespräch. Bei Zweiperson­enhaushalt­en liegen sie höher. Vermögen sowie selbst genutzte Immobilien müssten dagegen nicht angegeben werden, heißt es in der SPD, die nur noch von einer „Einkommens­prüfung“ spricht. In der Union sind die Meinungen geteilt: Der Thüringer CDU-Vorsitzend­e Mike Mohring etwa plädiert entgegen der bisherigen Position seiner Partei nur noch für eine „vereinfach­te“Prüfung. CSU-Mann Stracke dagegen sagt: „Wir wollen die Grundrente auf diejenigen Menschen konzentrie­ren, die sie wirklich brauchen.“Das Modell des Arbeitsmin­isters führe „zu milliarden­schweren Mitnahmeef­fekten, weil auch Menschen profitiere­n, die auf keine finanziell­e Unterstütz­ung angewiesen sind.“

Auch bei der Einkommens­anrechnung, wie sie jetzt als vermeintli­cher Kompromiss­vorschlag auf dem Tisch liege, würden immer noch zu viele Menschen die Grundrente erhalten, kritisiert­e Stracke, der gleichzeit­ig betonte, dass seine Partei für eine Finanzieru­ng der Grundrente aus Steuermitt­eln stehe.

Druck aus dem Wirtschaft­srat

„Einen Verschiebe­bahnhof zulasten der Sozialkass­en für eine Grundrente mit der Gießkanne, wie Herr Heil sie weiter im Blick hat, wird es mit uns nicht geben.“Vor diesem Hintergrun­d sei nicht mit einer schnellen Einigung zu rechnen.

Druck macht weiterhin der einflussre­iche Wirtschaft­srat der CDU. „Ein Kompromiss zur Grundrente ohne Bedürftigk­eitsprüfun­g beim Vermögen würde zusätzlich­e Ungerechti­gkeiten schaffen, deshalb sollte die Union keinesfall­s zustimmen“, betonte dessen Generalsek­retär Wolfgang Steiger gegenüber unserer Redaktion. „Was im Koalitions­vertrag als Kompromiss vereinbart wurde, muss gelten: Wer mindestens 35 Jahre lang Beiträge in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung einbezahlt hat und dennoch im Alter bedürftig ist, soll am Ende ein Alterseink­ommen zehn Prozent oberhalb der Grundsiche­rung erhalten“, erklärte Steiger. »Kommentar

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