Günzburg und die trügerische Favoritenrolle
Auch in Heidingsfeld gilt: Erfolg wird jenes Team haben, das mehr investiert
Günzburg Im Norden des Freistaats gibt es – anders als in Schwaben – ein dichtes Netz hochklassiger Handballvereine, in dem sich das Gros des bayerischen Spitzenhandballs tummelt. Umso schwerer ist es, sich dort als besserer Amateurverein zu etablieren. Die TG Heidingsfeld hat sich dieser Aufgabe angenommen. Hier tritt am Samstag ab 19.30 Uhr der VfL Günzburg zum Bayernliga-Duell an.
Unter der Patenschaft von WMHeld Carsten Lichtlein haben die sogenannten „Hätzfelder Bullen“einen schnellen Aufstieg hinter sich. Als Ursprung darf das Jahr 2014 gesehen werden, in welchem mit der Meisterschaft in der siebten Liga der Grundstein gelegt wurde. Die Verantwortlichen strebten danach mit aller Kraft immer weiter nach oben. Zu schaffen ist so ein ambitioniertes Ziel in der Regel nur mithilfe von auswärtigen Spielern und einem hochprofessionellen Umfeld. Das wurde spätestens in der zurückliegenden Saison mit der Verpflichtung des ehemaligen Großwallstadter Trainers Heiko Karrer erreicht. Prompt folgte ein nie gefährdeter Aufstieg ins bayerische Oberhaus.
Fast schon als Gegenentwurf hierzu kann der „Günzburger Weg“gesehen werden. Auch in dieser Saison konnte die Mannschaft fast ausschließlich mit Spielern aus der eigenen Jugend besetzt werden. Die neuen Zuschauerlieblinge David Pfetsch und Frieder Bandlow stehen sinnbildlich für das Funktionieren des Konzepts, spielen sie doch seit den Minis im weinroten Trikot. Leicht ist dieser Weg nie. Die Verantwortlichen um Sportleiter Fabian Schoierer müssen Jahr für Jahr viel Zeit und Geld in die in Bayern herausragende Jugendarbeit investieren. Auch mit der Verpflichtung von Trainer Gábor Czakó wurde ein weiteres Stück dem immer komplexer werdenden Günzburger Puzzle hinzugefügt.
Für Samstag sind das alles nur Gedankenspiele. Auf dem harten Hallenboden der Tatsachen haben Diskussionen über die Philosophie hinter der jeweiligen Mannschaft nichts verloren. Nach zwei unglücklichen Niederlagen brennen die Gastgeber darauf, die ersten Punkte zu holen. Es werden zwei Teams antreten, die sich sportlich auf Augenhöhe bewegen. Nuancen machen in solchen Spielen den entscheidenden Unterschied. Ob das der eine Ball mehr ist, nach dem gehechtet wurde, eine bessere Chancenverwertung oder eine konsequentere Abwehr. Erfolgreich wird auch diesmal sein, wer bereit ist, mehr zu investieren. Die ersten beiden Spiele war das aus Günzburger Sicht jeweils die richtige Mannschaft. Ein fast schon sicherer Garant für eine Niederlage am Wochenende wäre in dieser Konstellation allerdings, sich selbst in der Favoritenrolle zu sehen. Die Vergangenheit hat schmerzhaft bewiesen, dass gerade solche Spiele sehr schnell in einem Desaster für das junge VfL-Team endeten. Unvergessen ist die Niederlage gegen Haunstetten vor fast genau einem Jahr, als sich im Vorfeld der Partie der eine oder andere Spieler in der gefährlichen Sicherheit der Favoritenrolle gesuhlt hatte.