Guenzburger Zeitung

Erst unbekümmer­t, dann unbequem: Brigitte Bardot wird 85

Brigitte Bardot galt als Inbegriff eines erotischen Stars. Frech, frei, unbekümmer­t. Nach ihrem Rückzug aus dem Filmgeschä­ft wurde die Pariserin vor allem unbequem und umstritten

- VON RUPERT HUBER

Augsburg Sie war die sinnlich-verspielte Französin mit kessem Schmollmun­d. Frech, frei und die fleischgew­ordene Attacke auf das Bürgertum der 50er Jahre. Das heißt, sie war es. Denn man darf die Frau mit den weltberühm­ten Initialen B.B. und ihre sexuelle Ausstrahlu­ng durchaus in der Vergangenh­eit ansiedeln, auch wenn sie an diesem Samstag ihren 85. Geburtstag feiert.

Als Inbegriff eines erotischen Stars sei ihr Leben „grauenerre­gend gewesen, ein Martyrium“, erinnert sich die Bardot selbst in ihrer Biografie „Tränen des Kampfes“. Darum wohl hat sie sich 1973, keine 40 Jahre alt, auch aus dem Filmgeschä­ft zurückgezo­gen.

Und sie hat ihr Verspreche­n wahr gemacht, das sie in einem Interview gab: „Ich werde mein ganzes Leben lang sagen, was ich denke, ob das gefällt oder nicht.“Und da gab es einiges, was nicht nur die Franzosen auf die Palme brachte.

Kompromiss­los widmete sich Brigitte Bardot dem Kampf gegen Tierversuc­he, die Robbenjagd und das rituelle Schächten von Tieren. Ihr Einsatz für den Tierschutz hat schon lange einen Grad von Verbissenh­eit erreicht, der die alten Fans abschreckt.

Mit harten Attacken griff sie zudem illegale Einwandere­r an, die die Kirchen in „Sauställe“verwandeln würden, sowie Muslime und Homosexuel­le. Mehrmals stand sie wegen Anstiftung zum Rassenhass vor Gericht, musste Bußgelder zahlen. Als Sympathisa­ntin des rechtspopu­listischen Front National rief Bardot 2012 zur Wahl von Marine Le Pen („eine bewunderns­werte Frau“) auf. Ins rechte politische Fahrwasser war die Bardot geraten, als sie 1992 Bernard d‘Ormale heiratete, einen Gefolgsman­n von Jean-Marie Le Pen, Vater von Marine Le Pen.

Mit einer eigenen Tierschutz­organisati­on verfolgt sie von Paris aus ihre Ziele. Doch keinen Ort verbindet man so sehr mit B.B. wie St. Tropez. Was natürlich mit dem Film „Und immer lockt das Weib“zu tun hat, in dem sie sich nackt im Sand rekelt. Regisseur Roger Vadim, der ihr erster Ehemann war, ließ darin seinen erotischen Fantasien freien Lauf. Den schwülen Mambo, den Brigitte hier tanzt, kommentier­te die Schriftste­llerin Simone de Beauvoir: „Selbst ein Heiliger würde dem Teufel seine Seele verkaufen, um sie tanzen zu sehen.“Sorglos und unbekümmer­t wie sie ihre Filmrollen anging, war sie auch bei der Wahl ihrer Männer.

1959 heiratete B.B. den Schauspiel­er Jacques Charrier, Vater ihres Sohnes Nicolas-Jacques, der 1960 geboren wurde. Für Aufsehen in deutschen Boulevard-Medien sorgte ihre Ehe mit dem Playboy Gunter Sachs, der Rosen auf das Liebesnest in St. Tropez regnen ließ. Welche Frau träumt nicht von einer solchen Geste? Wichtiger als ihre Filme wie „Das Gänseblümc­hen wird entblätter­t“war allerdings ihre jugendlich­naive Ausstrahlu­ngskraft.

Noch heute kommen Touristen nach St. Tropez, um eine alte Frau zu sehen, die mal einer der begehrtest­en Filmstars war. Brigitte Bardot lebt dort mit ihren Vierbeiner­n, die sie aus Tierheimen und Zirkussen holt. Ganze Generation­en können sich beim Anblick ihres inzwischen verhärmten, verbittert­en Gesichts die Faszinatio­n nicht vorstellen, die einst von der lockenden Blondine ausging. Schöner kann man die Bardot, als sie jung war, nicht beschreibe­n als der Drehbuchau­tor Marcel Achard: „Der einzige Vamp der Welt, der der kleinen Cousine gleicht, in die man einmal verliebt war. Etwas Ungewisses in der Haltung und etwas sehr Gewisses in den Hüften. Das Haar einer Melisande, das Gesicht einer Kolombine.“

Die Jungen bei uns in der Schule dachten da pragmatisc­her. Plötzlich hatten sich die Mädchen in enge Jeans gezwängt, an den Füßen trugen sie Ballerinas und das blonde Haar war hochtoupie­rt. Die Älteren unter uns entzückte die Mischung aus raffiniert­er Unschuld und provoziere­nder Sinnlichke­it. Auch wenn die Mädels mit nicht immer glücklich wattierten BHs an den Schulgocke­ln vorbei stolzierte­n, stellten die fachkundig fest: „Schau mal, die kommt aus Spitzberge­n.“Und Schuld war B.B.

Die demonstrie­rt neuerdings mit den „Gelbwesten“gegen die Sozialund Wirtschaft­spolitik des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron. Das Geld des Staates werde „sinnlos ausgegeben, für Reisen von Politikern in Privatflug­zeugen“, während andere keinen Euro mehr hätten. Sie bleibt eben ihrem Motto treu, dass sie sagt, was sie denkt. Egal, ob das ihren Kritikern passt oder nicht.

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Fotos: UPI, dpa (2); Eric Feferberg, dpa „Der einzige Vamp der Welt, der der kleinen Cousine gleicht, in die man einmal verliebt war. Etwas Ungewisses in der Haltung und etwas sehr Gewisses in den Hüften“– so wurde Brigitte Bardot einmal beschriebe­n.
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Heute ist Bardot wegen ihrer politische­n Aussagen höchst umstritten.
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Ihre Ehe mit Playboy Gunter Sachs sorgte in den 60ern für Schlagzeil­en.

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