Erst unbekümmert, dann unbequem: Brigitte Bardot wird 85
Brigitte Bardot galt als Inbegriff eines erotischen Stars. Frech, frei, unbekümmert. Nach ihrem Rückzug aus dem Filmgeschäft wurde die Pariserin vor allem unbequem und umstritten
Augsburg Sie war die sinnlich-verspielte Französin mit kessem Schmollmund. Frech, frei und die fleischgewordene Attacke auf das Bürgertum der 50er Jahre. Das heißt, sie war es. Denn man darf die Frau mit den weltberühmten Initialen B.B. und ihre sexuelle Ausstrahlung durchaus in der Vergangenheit ansiedeln, auch wenn sie an diesem Samstag ihren 85. Geburtstag feiert.
Als Inbegriff eines erotischen Stars sei ihr Leben „grauenerregend gewesen, ein Martyrium“, erinnert sich die Bardot selbst in ihrer Biografie „Tränen des Kampfes“. Darum wohl hat sie sich 1973, keine 40 Jahre alt, auch aus dem Filmgeschäft zurückgezogen.
Und sie hat ihr Versprechen wahr gemacht, das sie in einem Interview gab: „Ich werde mein ganzes Leben lang sagen, was ich denke, ob das gefällt oder nicht.“Und da gab es einiges, was nicht nur die Franzosen auf die Palme brachte.
Kompromisslos widmete sich Brigitte Bardot dem Kampf gegen Tierversuche, die Robbenjagd und das rituelle Schächten von Tieren. Ihr Einsatz für den Tierschutz hat schon lange einen Grad von Verbissenheit erreicht, der die alten Fans abschreckt.
Mit harten Attacken griff sie zudem illegale Einwanderer an, die die Kirchen in „Sauställe“verwandeln würden, sowie Muslime und Homosexuelle. Mehrmals stand sie wegen Anstiftung zum Rassenhass vor Gericht, musste Bußgelder zahlen. Als Sympathisantin des rechtspopulistischen Front National rief Bardot 2012 zur Wahl von Marine Le Pen („eine bewundernswerte Frau“) auf. Ins rechte politische Fahrwasser war die Bardot geraten, als sie 1992 Bernard d‘Ormale heiratete, einen Gefolgsmann von Jean-Marie Le Pen, Vater von Marine Le Pen.
Mit einer eigenen Tierschutzorganisation verfolgt sie von Paris aus ihre Ziele. Doch keinen Ort verbindet man so sehr mit B.B. wie St. Tropez. Was natürlich mit dem Film „Und immer lockt das Weib“zu tun hat, in dem sie sich nackt im Sand rekelt. Regisseur Roger Vadim, der ihr erster Ehemann war, ließ darin seinen erotischen Fantasien freien Lauf. Den schwülen Mambo, den Brigitte hier tanzt, kommentierte die Schriftstellerin Simone de Beauvoir: „Selbst ein Heiliger würde dem Teufel seine Seele verkaufen, um sie tanzen zu sehen.“Sorglos und unbekümmert wie sie ihre Filmrollen anging, war sie auch bei der Wahl ihrer Männer.
1959 heiratete B.B. den Schauspieler Jacques Charrier, Vater ihres Sohnes Nicolas-Jacques, der 1960 geboren wurde. Für Aufsehen in deutschen Boulevard-Medien sorgte ihre Ehe mit dem Playboy Gunter Sachs, der Rosen auf das Liebesnest in St. Tropez regnen ließ. Welche Frau träumt nicht von einer solchen Geste? Wichtiger als ihre Filme wie „Das Gänseblümchen wird entblättert“war allerdings ihre jugendlichnaive Ausstrahlungskraft.
Noch heute kommen Touristen nach St. Tropez, um eine alte Frau zu sehen, die mal einer der begehrtesten Filmstars war. Brigitte Bardot lebt dort mit ihren Vierbeinern, die sie aus Tierheimen und Zirkussen holt. Ganze Generationen können sich beim Anblick ihres inzwischen verhärmten, verbitterten Gesichts die Faszination nicht vorstellen, die einst von der lockenden Blondine ausging. Schöner kann man die Bardot, als sie jung war, nicht beschreiben als der Drehbuchautor Marcel Achard: „Der einzige Vamp der Welt, der der kleinen Cousine gleicht, in die man einmal verliebt war. Etwas Ungewisses in der Haltung und etwas sehr Gewisses in den Hüften. Das Haar einer Melisande, das Gesicht einer Kolombine.“
Die Jungen bei uns in der Schule dachten da pragmatischer. Plötzlich hatten sich die Mädchen in enge Jeans gezwängt, an den Füßen trugen sie Ballerinas und das blonde Haar war hochtoupiert. Die Älteren unter uns entzückte die Mischung aus raffinierter Unschuld und provozierender Sinnlichkeit. Auch wenn die Mädels mit nicht immer glücklich wattierten BHs an den Schulgockeln vorbei stolzierten, stellten die fachkundig fest: „Schau mal, die kommt aus Spitzbergen.“Und Schuld war B.B.
Die demonstriert neuerdings mit den „Gelbwesten“gegen die Sozialund Wirtschaftspolitik des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Das Geld des Staates werde „sinnlos ausgegeben, für Reisen von Politikern in Privatflugzeugen“, während andere keinen Euro mehr hätten. Sie bleibt eben ihrem Motto treu, dass sie sagt, was sie denkt. Egal, ob das ihren Kritikern passt oder nicht.