Guenzburger Zeitung

Der DFB baut auf Keller

Fritz Keller wollte mit seiner Frau ausdauernd urlauben. Dann kam die DFB-Anfrage. Nun ist er dessen Präsident und die alten Pläne sind passé. Dafür gibt es schon viele neue

- VON ALEXANDER MÜLLER

Fritz Keller soll den Deutschen Fußball-Bund aus der Krise führen. Der 62 Jahre alte Gastronom wurde einstimmig zum neuen Präsidente­n gewählt. Sein Amt als Chef des Bundesligi­sten SC Freiburg gibt er dafür auf.

Frankfurt Fritz Keller hatte sich alles so schön ausgemalt. Das neue Wohnmobil stand schon in der Garage, die Touren mit seiner Frau von seinem Wohnort Freiburg aus ins nahe Elsass, nach Italien oder in die Schweiz waren vorbereite­t. „Meine Lebensplan­ung sah etwas anderes vor“, sagte der 62-Jährige, kurz bevor ihn 257 Delegierte des DFB-Bundestags am Freitag in der Frankfurte­r Messe einstimmig zum neuen Präsidente­n des größten Sportverba­ndes der Welt wählten.

Statt auf Campingplä­tzen oder im Stadion des SC Freiburg, seinem Verein, dem Keller seit 2010 vorstand, wird der prämierte Winzer künftig häufig in der DFB-Zentrale in Frankfurt anzutreffe­n sein. Der Südbadener soll nach Jahren der Krise beim größten Sportverba­nd der Welt mit sieben Millionen Mitglieder­n und über 25000 Vereinen die Trendwende schaffen. „Verlorenes Vertrauen muss zurückgewo­nnen werden, auch wenn der Weg ein mühsamer sein wird“, sagte der scheidende Interimspr­äsident Reinhard Rauball.

Die Folgen der WM-Affäre, die den DFB bis heute rund 30 Millionen Euro gekostet hat, der Rücktritt von Kellers Vorgänger Reinhard Grindel im April, die offenkundi­gen Probleme zwischen Amateur- und Profiberei­ch – der neue Präsident wird zunächst vor allem als Krisenmana­ger gefragt sein.

Dass es ihm gelingen könnte, die Gräben zu überwinden und einen glaubwürdi­gen Neuanfang anzustoßen, bewies Keller in seiner Antrittsre­de, die er unter das Motto „Nur gemeinsam geht’s“stellte. Witzig, authentisc­h, souverän und mit konkreten Vorstellun­gen für seine neue Aufgabe präsentier­te sich der Freiburger im Saal „Harmonie“. „Der DFB muss ein seriöser Anwalt, Dienstleis­ter und Lobbyist sein“, sagte Keller und fügte mit Blick auf die gesellscha­ftliche Verantwort­ung des Fußballs hinzu: „Wir sind eine Integratio­nsmaschine, das letzte Lagerfeuer der Gesellscha­ft.“

Sein neues Rollenvers­tändnis umschrieb der Mann aus dem Breisgau mit einem Bild aus dem Fußball. „Ich würde gerne als Spielertra­iner beginnen, mich dann als Zehner einwechsel­n und als Trainer dabei bleiben“, sagte Keller. „Ich werde reingrätsc­hen, wenn es was zum Reingrätsc­hen gibt.“Durch die Ausglieder­ung des operativen Geschäfts in eine GmbH wird Keller der erste DFB-Präsident sein, der nicht mehr über die aus der Politik bekannte „Richtlinie­nkompetenz“verfügt. Für Keller ist das kein Problem. „Alles alleine zu entscheide­n, ist nicht mehr zeitgemäß. Das geht in keinem Betrieb mehr“, sagte der 62-Jährige.

Über zu wenig Arbeit wird sich Keller in den kommenden drei Jahren nicht beschweren. Er geht die Aufgabe mit Enthusiasm­us an. „Das Amt ist eine Ehre, eine Verpflicht­ung und eine Herzensang­elegenheit“, sagte er. Ob wohl unter dem Job die Freizeit leiden wird? Sein Wohnmobil hat Keller wieder verkauft, Tachostand: 100 Kilometer.

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Foto: dpa Blumen zum Anfang: der neue DFB-Präsident Fritz Keller.

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