Katar und der schöne Schein des Sports
Für das autoritär regierte Emirat am Golf ist ein Großereignis wie die Leichtathletik-WM nur Mittel zum Zweck im ewigen Spiel um Geld und Macht
Zuletzt hat sich Amnesty International zu Wort gemeldet. Im Vorfeld der Fußball-WM 2022 hätten sich die Arbeitsbedingungen auf den Stadionbaustellen in Katar trotz anderslautender Versprechungen nicht geändert. Sie seien weiterhin katastrophal. Tausende Gastarbeiter aus Pakistan, Indien und Nepal müssten in dem hitzeflirrenden Wüstenstaat unter härtesten Bedingungen arbeiten. Viele kehrten ohne Bezahlung in ihre Heimat zurück. Hunderte starben, viele an Herzversagen nach extrem langen Schichten oder durch schwere Arbeitsunfälle. Tausende verletzten sich.
Dort also findet ab diesem Wochenende die Leichtathletik-Weltmeisterschaft statt. Sie ist quasi das Aufwärmprogramm, bevor 2022 die Fußballer anrücken – und mit ihnen das Interesse der Weltöffentlichkeit. Bis dahin werden die acht Stadien stehen. Im Gegensatz zu anderen Gastgebern in der Vergangenheit verfügen die Katarer über das nötige Geld, dieses Großprojekt anzuschieben und pünktlich abzuschließen. Wie genau, ist dann ziemlich schnell ziemlich egal. So war es schon immer, wenn es im Vorfeld eines Großereignisses intransparent zuging.
Mit Katar hat sich allerdings ein besonders interessanter Geselle auf der Weltbühne des Sports breitgemacht. Handballer (2015), Boxer (2015), Radler (2016), Turner (2018) und jetzt Leichtathleten erlagen den Verlockungen der Öl- und Gas-Millionen und vergaben ihre Weltmeisterschaften in die Wüste. Als Krönung folgen abschließend die Fußballer. Diese spielen ihre WM erstmals überhaupt am Jahresende, denn überraschenderweise ist es im katarischen Sommer zu warm dafür. Bei bis zu 50 Grad und Sandsturm lässt sich schlecht kicken. Auch die Leichtathleten veranstalten ihre WM in diesem Jahr deutlich später als gewöhnlich.
All das zeigt, dass es auch im Sport stets den Punkt gibt, an dem es nur noch ums Geld geht. Das Wohl der Athleten? Egal. Die Sinnhaftigkeit eines komplett gekühlten Stadions in Zeiten des Klimawandels? Egal. Die politische Ausrichtung eines Gastgebers? Egal. Dass sich in Katar kaum jemand für Leichtathletik, Handball oder Radsport interessiert, sondern die Mehrheit beim Kamelreiten mitfiebert? Egal. Die Nachhaltigkeit von acht Fußballstadien in einem Land, das gerade mal 2,7 Millionen Einwohner hat – von denen über zwei Millionen ausländische Gastarbeiter sind? Fast egal. Angeblich soll das eine oder andere Stadion abgebaut und verschenkt werden.
Katar will sich mit aller Macht ein schönes Image kaufen. Und nichts, das zeigt ein Blick in die Geschichtsbücher, eignet sich dafür besser als der Sport. Kaum eine Diktatur, die nicht schon Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele veranstaltet hätte. So gesehen sind sich die Funktionäre aus den verschiedenen Sportarten treu geblieben: Als Verkäufer von Glitter, der sich wunderbar über Unpässlichkeiten wie verfolgte Homosexuelle oder lästige Wirtschaftsblockaden der Nachbarn streuen lässt.
Mit der Fußball-WM will sich der Zwerg Katar, der größte Flüssiggas-Exporteur der Welt, als Elite-Ausbildungsund Forschungszentrum im Mittleren Osten präsentieren. Dafür ist keine Milliarde schlecht investiert.
Geld ist im Überfluss vorhanden. Pro Kopf gerechnet ist der Wüstenstaat das reichste Land der Welt. Wäre da nicht die ständige Angst, zwischen den großen Mächten der Region zerrieben zu werden. Ein weiterer Grund, warum es den Interessen Katars dient, die Blicke der Weltöffentlichkeit auf sich zu ziehen. Was all das mit Sport zu tun hat? Nichts. Warum auch. Es ist ein großes Spiel um Geld und Macht. Der Sport liefert dafür nur die Bühne.
In drei Jahren kommen auch noch die Fußballer