Debatte Gabriel macht Schluss – gut für die SPD
Der langjährige Parteichef gibt sein Bundestagsmandat ab und die Genossen atmen auf
Sigmar Gabriel setzt mit seinem Rückzug aus dem Bundestag den Schlussstrich unter die aktive Politik. Gut so. Denn die SPD, der er von 2009 bis 2017 vorstand, steuert auf einen grundlegenden Neuanfang zu. Dem sollte Gabriel nicht im Weg stehen. Seine bissigen Kommentare von der Seitenlinie zum Zustand der Sozialdemokratie haben selbst enge Weggefährten zunehmend genervt. Denn viele Genossen finden, dass auch Gabriel großen Anteil an den zuletzt unterirdischen Wahl- und Umfrageergebnissen seiner Partei hat. Unter seinem Vorsitz gelang es der SPD nicht, etwa bei den Mega-Themen Klimaschutz und Migration überzeugende Antworten zu finden. Gabriels politische Karriere bleibt beeindruckend. Ministerpräsident von Niedersachsen, Bundesumweltminister, Bundeswirtschaftsminister und dann Bundesaußenminister und Vizekanzler. Der Mann aus Goslar zählt noch heute zu den beliebtesten Politikern. Die mögliche Vollendung seiner Laufbahn versagte sich Gabriel jedoch selbst.
Als alle seine Kanzlerkandidatur erwarteten, schickte er als SPDChef einen Europapolitiker namens Martin Schulz ins Rennen. Der löste zunächst ein Strohfeuer der Begeisterung aus und fuhr dann das schlechteste SPD-Ergebnis aller Zeiten bei einer Bundestagswahl ein. Gabriel sei also Teil des Problems der Partei und solle sich mit Lösungsvorschlägen deshalb besser zurückhalten, hieß es nun immer öfter. Zurückgehalten hat sich Gabriel zuletzt eher bei der Arbeit im Bundestag. Andere Aufgaben rückten in den Vordergrund: Lehraufträge an Hochschulen, die Tätigkeit als Publizist und Redner, der ehrenamtliche Vorsitz der AtlantikBrücke. Der Mann, der eigentlich als Russland-Versteher gilt, wird sich künftig also um das angeknackste deutsch-amerikanische Verhältnis kümmern.
Gabriel wird sicher nicht langweilig. Und es ist auch nicht damit zu rechnen, dass es in der Öffentlichkeit still um ihn wird. Er hat noch viel zu sagen. Aber nicht mehr im Bundestag. Dass er sein Mandat Anfang November abgibt, ist konsequent, ehrlich und fair gegenüber seiner Partei.