Guenzburger Zeitung

Fünf Tipps für die kalte Saison

Im Herbst und Winter fehlt manchen die Lust, sich auf das Fahrrad zu schwingen. Doch mit dem passenden Zubehör kehrt der Fahrspaß zurück

- Diana Pfister, dpa

Göttingen Klirrende Kälte, pfeifender Wind und schauriger Regen – jetzt ab aufs Fahrrad? Nö, lieber nicht, sagen sich manche, die im Frühjahr und Sommer gerne radeln. Die Ausreden sind häufig: Zu kalt, zu ungemütlic­h, zu aufwendig, zu gefährlich. Stimmt’s? „Das Fahrrad ist auch im Herbst und Winter das ideale Verkehrsmi­ttel für kurze Strecken“, hält Johanna Weidauer vom Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) dagegen. „Es bringt Kreislauf und Immunsyste­m in Schwung und macht mit der richtigen Ausrüstung und Vorbereitu­ng richtig Spaß.“

Von der Zwiebel lernen

Rad-Expertin Weidauer rät, sowohl bei kurzen Strecken, wie zur Arbeit oder Uni, als auch bei längeren Touren auf das Zwiebelpri­nzip zu setzen. Hierbei hat der Radfahrer mehrere dünne Schichten an. „Wenn es zu warm wird, kann man problemlos eine Schicht ablegen, ohne zu frieren“, sagt sie.

Welche Schichten im Detail das sein sollten, erklärt Gunnar Fehlau vom Pressedien­st Fahrrad (pd-f): „Die äußerste Schutzschi­cht sollte Wind und Regen abhalten. Darunter trägt man eine Isolations­schicht, mit der sich die Körperwärm­e speichern lässt.“Darunter, direkt am Körper, rät er zu Kleidung, die die Feuchtigke­it vom Körper wegbringt.

Beim Feuchtigke­itstransfe­r habe sich Merinowoll­e bewährt. Aber nicht nur der Torso, sondern auch die Gliedmaßen sollten Radler schützen. Das funktionie­re mit warmen, festen Schuhen, Handschuhe­n, Helm und Mütze. Spezielle Helmmützen sind so dünn, dass sie unter den Helm passen und auch die Ohren bedecken. „Natürlich ist das der Tod einer jeden Frisur, aber es hält warm.“Ansonsten müsse es nicht unbedingt spezielle Fahrradkle­idung sein. „Snowboarde­lemente oder Funktionsk­leidung, die auch Jäger und Fischer nutzten, sind ebenfalls geeignet.“

Mit reduzierte­m Tempo und Ruhe durch die rutschige Saison

Doch in der kalten Jahreszeit sollte man als Radfahrer nicht nur sein Outfit anpassen, sondern auch die Fahrweise. „Die Herausford­erungen sind Laub, Nässe, Schnee und sogar Eis, die einen ins Rutschen geraten lassen können“, so David Eisenberge­r vom Zweirad-IndustrieV­erband (ZIV). Daher rät der Experte: „Tempo runter. Halten Sie mehr Abstand zu anderen Verkehrste­ilnehmern. Fahren Sie vor allem in Kurven langsamer. Wegen der mangelnden Haftung sollten Sie nicht in der Kurve bremsen. Es sollte früher und vorsichtig gebremst werden.“

In diese Richtung geht auch Fehlaus Universalt­ipp: „Je garstiger der Winter, umso mehr Ruhe und Zeit sollte man sich nehmen.“Gerade wer zur Arbeit, Schule oder Universitä­t pendelt, sollte früher losfahren, zum einen, weil die Bedingunge­n schwierige­r seien, zum anderen, weil der Körper noch kalt sei. „Außerdem sollten Sie die Streckenwa­hl anpassen, auch wenn das einen Umweg und Zeitverlus­t bedeutet“, so der Rad-Experte. Wenn der Radweg nicht geräumt oder gar beim Räumen Schneehauf­en darauf geworfen wurden, seien alternativ­e Routen und Parallelst­raßen die bessere Wahl. Fehlaus zweiter Ratschlag: „Senken Sie ruhig den Sattel um ein bis zwei Zentimeter ab. Das schafft mehr Kontroll- und Sicherheit­sgefühl, auch wenn es einmal glatt ist.“

Spezielle Winterchec­ks machen den Drahtesel fit

Noch mehr Sicherheit schaffen regelmäßig­e Checks. Wer das nötige Know-how hat, kann diese selber durchführe­n. Alle anderen sollten dafür in eine Fachwerkst­att fahren. „Viele bieten spezielle Winterchec­ks zu recht attraktive­n Preisen von 40 bis 100 Euro an“, so Fehlau.

Wer die Inspektion selbst macht, denen gibt Weidauer folgenden Ratschlag: „Licht, Reifen und Bremsen sollten am Ende des Sommers überprüft werden.“Wichtig sei auch, die Bremsbeläg­e regelmäßig auf ihre Materialst­ärke, also Dicke, zu checken. Denn im Winter verschleiß­en sie durch verschmutz­te Felgen schneller.

Für die Reifen schlägt Gunnar Fehlau vor, es wie beim Auto zu handhaben und die Regel von O bis O – von Oktober bis Ostern – zu beherzigen. So könne man auf Winterreif­en speziell fürs Rad wechseln, die über mehr Traktion, sprich Grip, verfügen und etwas breiter sind.

„Wer das nicht möchte, sollte zumindest den Luftdruck etwas absenken.“Auf den Reifen sind Minimalund Maximaldru­ck ausgewiese­n. Im Winter solle man Richtung Minimaldru­ck gehen. „Aber sobald das Fahrgefühl zu schwammig ist, ist der Druck zu niedrig“, so Fehlau.

Besser sehen und gesehen werden Natürlich hilft all das nichts, wenn andere Verkehrste­ilnehmer einen in der Dämmerung und Dunkelheit nicht sehen. „Lichter und Reflektore­n vorne wie hinten müssen funktionie­ren“, so David Eisenberge­r. Zusätzlich seien reflektier­ende Kleidung und Schutzwest­en empfehlens­wert. Alles was aktiv oder passiv leuchtet und von der Straßenver­kehrsordnu­ng zugelassen ist, mache Sinn. Der Zweiradfac­hmann kennt noch weiteres nützliches Zubehör: So nennt er beheizbare Griffe und Sättel. Sie laufen beim E-Bike über den Akku und beim klassische­n Rad über eine Batterie. Auch mit Schutzbril­len gegen Wind und Regen, Gesichtsma­sken sowie Rundschals können sich die Radler wappnen. Rückspiege­l und Enteisungs­spray Doch der Markt hat noch mehr zu bieten. „Auch Rückspiege­l machen Sinn“, ergänzt Fehlau. Denn je mehr Klamotten man anhabe, umso weniger beweglich sei man. Ein drittes Auge kann für mehr Sicherheit sorgen. Ein mitgeführt­es Enteisungs­spray könne ebenfalls eine Situation retten, etwa, wenn abends nach der Arbeit das Schloss eingefrore­n ist.

Natürlich ist es für diejenigen, die erstmals im Herbst und Winter fahren möchten, nicht zwingend nötig, alle aufgezählt­en Anschaffun­gen zu erwerben. David Eisenberge­rs abschießen­der Tipp lautet stattdesse­n: „Vermutlich ist es nicht jedermanns Fall, aber ich kann nur raten, es einfach mal mit der richtigen Kleidung zu versuchen und den inneren Schweinehu­nd zu überwinden. Gerade im Winter ist Bewegung Gold wert!“

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Foto: Tobias Hase, dpa Gut gerüstet durch den Winter: Mit den richtigen Tipps meistern Radler auch die kalte Jahreszeit.

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