Guenzburger Zeitung

Rechtsnati­onale kriegen alle Posten in AfD-Fraktion

Partei tief gespalten. Abgeordnet­e bleiben Neuwahl fern und erheben Vorwürfe

- VON HENRY STERN

München Auf kritische Journalist­enfragen haben Katrin Ebner-Steiner und ihr neuer Co-Fraktionsc­hef Ingo Hahn sichtlich keine Lust: Ob die Wahl einer neuen Fraktionss­pitze denn demokratis­ch sei, wenn vierzig Prozent der Fraktion aus Protest fehlen? „In der Demokratie, wissen Sie, da zählen Mehrheiten“, erklärt Hahn schmallipp­ig. Ob sich die Rechtsauße­n in der Partei die knappe Mehrheit tatsächlic­h erkauft hätten, wie ihnen interne Kritiker vorwerfen? „Kompletter Blödsinn“, grantelt Ebner-Steiner. Weitere Fragen bleiben unbeantwor­tet – weil beide sich umdrehen und gehen.

Fakt ist: Nur zwölf der zwanzig AfD-Abgeordnet­en waren zu einer kurzfristi­g einberufen­en Sondersitz­ung erschienen, um die Fraktionss­pitze neu zu wählen – fast alle zählen zum rechtsnati­onalen „Flügel“der Rechtsauße­n-Partei. Die anderen acht blieben aus Protest fern: Man habe nicht erneut „als Statisten in einem abgekartet­en Spiel“fungieren und an „pseudodemo­kratischen Wahlen“teilnehmen wollen, teilen Franz Bergmüller, Christian Klingen und Anne Cyron in einer schriftlic­hen Erklärung mit.

In einer geheimen „Blitz-Aktion“habe der harte Kern des Ebner-Steiner-Lagers bereits am Montag die Posten-Verteilung zu eigenen Gunsten ausgemacht, erzählen die schwäbisch­en AfD-Abgeordnet­en Gerd Mannes und Markus Bayerbach, die der Abstimmung ebenfalls fernbliebe­n. Auf einen Antrag auf Verlegung der Sitzung habe er nicht einmal eine Antwort erhalten, so Bayerbach.

Entspreche­nd eindeutig ist das Ergebnis: Die Flügel-Leute, darunter der Schwabe Christoph Maier als parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer, besetzen alle Posten. Ebner-Steiner habe mit dieser Aktion „die Möglichkei­t verschenkt, auf die Kritiker zuzugehen und die zwei Lager zu befrieden“, kritisiert Mannes. Dass die umstritten­e Fraktionsc­hefin nach der Wahl öffentlich beteuert, sie wolle jetzt versuchen, „alle mitzunehme­n“, entlockt Bayerbach ein müdes Lächeln: „Das sind schöne Worte, aber mir fehlt jedes ernsthafte Anzeichen.“

Mehr noch: Ganz offen wird in der AfD der Vorwurf erhoben, EbnerStein­er habe sich ihre Mehrheit durch üppige finanziell­e Zulagen aus staatliche­n Fraktionsm­itteln erkauft – im Juli war eine interne Kampfabsti­mmung noch zehn zu zehn ausgegange­n. Von 1800 bis zu 4000 Euro für Funktionst­räger ist die Rede – zusätzlich zur Abgeordnet­en-Diät. Er habe sich kürzlich mit anderen für die Streichung aller Zulagen ausgesproc­hen, berichtet Mannes – ohne Erfolg: Dabei sollte doch gerade die AfD „mit Steuervers­chwendung nicht in Zusammenha­ng gebracht werden“, findet er.

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