Mystischer Blick zurück
Tatort: Hüter der Schwelle
ARD, 20.15 Uhr Mit einem Krimi nach Schablone hat „Hüter der Schwelle“nichts zu tun. Vielmehr mit der Art, wie der SWR seine ins Mystische abdriftenden Rätsel aufbaut. Die Stuttgarter Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) wissen hier nicht, ob sich das Jenseits schon längst das menschliche Leben untertan gemacht hat.
Klingt kompliziert, ist es auch. Aber trotzdem spannend. Auf einem Bergplateau oberhalb von Stuttgart wird die Leiche des Studenten Marcel Richter gefunden. Bei dem Toten finden sich Requisiten, die darauf hindeuten, dass Richter Opfer eines Ritualmordes geworden sein könnte. Was sowohl seine Mutter Heide (verstörend gespielt von Victoria Trauttmansdorff) als auch Kommilitonin Diana in Abrede stellen.
Aber da ist der hypnotisch wirkende Privatgelehrte Emil Luxinger, der sich selbst als Magier sieht und Richter mit einem „Schadenszauber“belegt, weil der ihm ein uraltes Buch gestohlen hat. Obwohl das Strafgesetz keinen Schadenszauber kennt, finden sich die Ermittler in Zeiten eines Hexenjägers vor 350 Jahren wieder. Zwangsläufig steigen sie in die Welt der Magie ein. Von nun an zaubert auch Regisseur Piotr J. Lewandowski, der den Zuschauer ein ums andere Mal irritiert.
Als Lannert Luxingers Keller inspiziert, steht die Farbe Blau für die Unterwelt, rot sind die Szenen, als die Kommissare offenbar Zeuge eines Ritualmordes sind. Bootz steht neben sich, kämpft mit einem brutalen Dealer, während Lewandowski Szenen von Bootz‘ Sex mit Diana dazwischenschneidet. Ein schwieriger, formal mutiger Stoff. An der Zeit-Ebene Inquisition werden sich die Geister ohnedies scheiden. Die Schauspieler sind außerordentlich gut, weil der Regisseur sie als Stilmittel sieht. Der brillante André M. Hennicke ist Luxinger, „Shooting Star“Saskia Rosendahl spielt mit Hingabe Diana. Kritik an zu vielen Einsätzen beim „Tatort“geht wie hier oft ins Leere. Die ist doch eher angebracht bei den Degeto-Schnulzen (ARD) und der Inga-Lindström-Reihe (ZDF). Rupert Huber