Marco Reus, oder auch: das böse M-Wort
Darüber konnte Marco Reus gar nicht lachen. Da hatten seine Dortmunder 90 Minuten lang Eintracht Frankfurt munter über den Platz gescheucht – und am Ende stand trotzdem nur ein lausiges Unentschieden. Blöd gelaufen. Dass dann auch noch so ein dahergelaufener Fernsehreporter nach möglichen Mängeln bezüglich der Mentalität fragt: unerhört. „Ihr mit eurer Mentalitätsscheiße. Das 2:2 war ein Mentalitätsproblem? Wir haben uns dumm angestellt beim 2:2, auf jeden Fall. Aber kommt mir jetzt nicht mit eurem Mentalitätsscheiß. Jede Woche immer dieselbe Kacke.“Eine fundierte Replik.
Eine, für die sich Reus anschließend der Zustimmung der ganzen Gilde sicher sein konnte. Viel zu allgemein gefasst sei der Vorwurf der fehlenden Mentalität. Und überhaupt: Was ist diese Mentalität denn eigentlich? Zuletzt pflichteten Reus sowohl der Freiburger Trainer Christian Streich (dem mittlerweile zugetraut wird, Uli Hoeneß zum Anti-Aggressionstraining zu überreden) als auch Sportwissenschaftler Daniel Memmert bei. Der hat „komplettes Verständnis dafür“, dass Spieler sich allein durch die Frage nach eventuell fehlender Mentalität ungerecht behandelt fühlten.
Das Geschwafel von der Mentalität ist also erwiesenermaßen nichts anderes als Stammtischgeblubber. Es soll sich natürlich niemand ungerecht behandelt fühlen. Wer etwas tiefer in die Analyse geht, sieht auch, dass die Dortmunder die Niederlage bei Union Berlin keinesfalls wegen fehlender mentaler Einstellung kassiert haben, sondern schlicht wegen der individuellen Klasse des Gegners. Das ist auch die einzig vernünftige Begründung für das Verspielen des NeunPunkte-Rückstands in der vergangenen Saison. Wie sich die Underdogs aus Dortmund den übermächtigen Augsburgern und Schalkern erwehrt haben: toll. Am Ende hat sich eben deren Qualität durchgesetzt. Mit Mentalität hatte das jedenfalls nichts zu tun.