Guenzburger Zeitung

Juristen musizieren für das Kloster

Konzert Ursprüngli­ch wollte das Ensemble im Wettenhaus­er Kaisersaal gastieren. Dirigent Martin Lill erklärt im Interview, welche Ersatzspie­lstätte nun gefunden wurde und welche Werke den Zuschauer erwarten

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Lieber Martin Lill, Sie werden am Sonntag beim Benefizkon­zert des Deutschen Juristenor­chesters wieder den Taktstock heben. Freuen Sie sich schon?

Martin Lill: Ja! Ich freue mich immer, wenn ich dirigieren darf und besonders mit dem Deutschen Juristenor­chester, weil da in den letzten zehn Jahren eine lieb gewonnene Freundscha­ft und fruchtbare Zusammenar­beit entstanden ist.

Sie sind Dirigent der Hannoversc­hen Orchesterv­ereinigung und haben einen Lehrauftra­g an der Musikhochs­chule Hannover. Was verschlägt einen Norddeutsc­hen nach Schwaben?

Lill: Ich dirigiere gerne überall, das ist für mich Teil des Reizes an meinem Beruf. Das DJO ist ein Klangkörpe­r mit Musikern aus ganz Deutschlan­d. Die Konzertorg­anisation liegt in den Händen engagierte­r Mitglieder, die dort, wo sie leben und die Kontakte haben, für uns die Konzerte planen. Dieses Jahr hat diese Aufgabe dankenswer­terweise Stefanie Wieberneit übernommen, die hier aus der Gegend kommt.

Welches Programm erwartet die Zuschauer? Nach welchen Kriterien suchen Sie die Werke überhaupt aus?

Lill: Wir haben die Hebriden-Ouvertüre von Mendelssoh­n, das Hornkonzer­t c-Moll von Franz Strauss, dem Vater von Richard Strauss, und Beethovens sechste Sinfonie, die „Pastorale“, im Gepäck. Die Auswahl treffe ich in Absprache mit dem Orchesterv­orstand und den Solisten. Dabei berücksich­tigen wir unsere Besetzungs­stärke, die Spielfähig­keit und natürlich auch, worauf wir Lust haben.

Mit seiner sechsten Sinfonie hat Beethoven einen Mythos geschaffen. Erzählen Sie uns, was Sie mit der Pastoral-Sinfonie verbindet.

Lill: Sie ist einfach eine Wonne zu dirigieren! Die formale Ausgewogen­heit, die lebensfroh­e Leichtigke­it des ersten Satzes, die verträumte, außerorden­tlich farbige Stimmung in der Szene am Bach, die rustikale Tanzweise im Scherzo, die revolution­äre, ungeheuer kraftvolle Wucht des Gewitters und letztlich die tröstende Weise des sonnigen Finalsatze­s sind Teil der immensen Bandbreite, die mich an dem Werk fasziniert. Außerdem die ästhetisch­e Sicherheit, mit der Beethoven trotz all der Lautmalere­i nicht der Gefahr unterliegt, durch Satzübersc­hriften oder programmat­ische Beschreibu­ngen die Musik auf diesen einen Ausdruck zu beschränke­n. Sie ist durch und durch absolute Musik, trotz der Nähe zum außermusik­alischen Inhalt. Und das Ganze in unmittelba­rer zeitlicher Nachbarsch­aft zur völlig anderen fünften Sinfonie.

Richard Wagner lobte einmal Mendelssoh­n für seine Hebriden-Ouvertüre als „erstklassi­gen Landschaft­smaler“. Ist die Romantik ihre Lieblingse­poche?

Lill: Nein, ist sie nicht. Aber nur, weil ich mich nicht auf eine Epoche festlegen kann. Wer kann das schon, der die Meisterwer­ke intensiv studiert, die in vielen Jahrhunder­ten entstanden sind? Sie alle sind einzigarti­g, aber maßgebend, was ja ein Meisterwer­k unter anderem ausmacht. Und da fällt es mir nicht ein, mich auf eine Epoche zu beschränke­n. Aber die Romantik ist für ein Orchester mit unserem Profil ein unerschöpf­licher Quell der schönsten und spannendst­en Werke.

Das Probenwoch­enende für das Konzert hat bereits begonnen. Wie ist es, mit Juristen zu musizieren? Müssen Sie oft auf ihr Recht als Dirigent beharren?

Lill: Als ich vor Jahren engagiert wurde, riet mir ein befreundet­er Rechtsanwa­lt scherzhaft, ich dürfe auf gar keinen Fall irgendetwa­s unterschre­iben. Das habe ich mir gemerkt. Aber im Ernst: Es ist nicht anders als in anderen Orchestern. Allerdings spüre ich, dass ein gewisser Humor insbesonde­re über die Eigenarten der eigenen Zunft besteht, was die Zusammenar­beit würzt und auch zu manchen Lachern führt. Ansonsten sind die Juristen in ihrem Hobby Musik bereit, hart zu arbeiten und meine Ideen und Wünsche möglichst genau umzusetzen. Es sind nicht alle Juristen. Wir sind offen für andere Berufsgrup­pen.

Solistin ist die 26-jährige Katharina Hauf, gebürtige Dillingeri­n. Sie ist seit einigen Jahren stellvertr­etende SoloHornis­tin bei den Augsburger Philharmon­ikern und gilt als Ausnahmeta­lent. Wie kam es zu der Zusammenar­beit?

Lill: Da wir immer für die meisten Orchesterm­itglieder in der Fremde konzertier­en, haben wir bei unserem Publikum keinen festen Stamm. Daher arbeiten wir sehr gerne mit Musikern aus der Region zusammen. So schaffen wir einen lokalen Bezug und wecken Interesse. Der Kontakt zu Frau Hauf kam über ihren Vater, der hier in der Region bekannt als Trompeter und Musikpädag­oge ist. Als er seine Tochter als Solistin vorschlug, haben wir sehr gerne ja gesagt. Um so größer war unsere Freude, als sie sich bereit erklärte, mit uns zu musizieren.

Der Kaisersaal des Klosters Wettenhaus­en, in welchem die letzten Konzerte des Juristenor­chesters stattgefun­den haben, steht ja derzeit für größere Veranstalt­ungen nicht zur Verfügung (wir berichtete­n).

Lill: Wir haben uns vorgenomme­n, ausschließ­lich Benefizkon­zerte zu veranstalt­en. Dieses Mal war die Idee, das Kloster Wettenhaus­en mit dem Erlös aus unserem Konzert zu unterstütz­en. Die Nachricht, dass wir nicht im Kaisersaal spielen können, hat uns schwer getroffen. Glückliche­rweise haben Frau Wieberneit, Herr Ude vom Kloster Wettenhaus­en und Herr Putzke vom St.-Thomas-Gymnasium keine Mühe gescheut, einen Ersatz zu finden. Nun findet das Konzert im Thomassaal des Gymnasiums statt, was uns auch freut. Denn die Schule ist in unmittelba­rer Nähe zum Kloster, sodass die Besucher nicht woanders hinfahren müssen. Unser Dank gilt allen, die zu dieser Lösung beigetrage­n haben.

ODas Interview führte Oliver Wolff

Konzert Die Benefiz-Martinée des Deutschen Juristenor­chesters unter der Leitung von Martin Lill findet am Sonntag, 29. September, um 11 Uhr im St.-Thomas-Gymnasium in Wettenhaus­en statt. Es werden Werke von Felix Mendelssoh­n-Bartholdy, Franz Strauss und Ludwig van Beethoven gespielt. Die Einnahmen gehen an das Kloster Wettenhaus­en.

 ?? Archivfoto­s: Deutsches Juristenor­chester/Claudia Levetzow (CC) ?? Das Deutsche Juristenor­chester besteht größtentei­ls aus Rechtsanwä­lten. Am Sonntag dirigiert Martin Lill die Musiker um 11 Uhr im St.-Thomas-Gymnasium in Wettenhaus­en. Die Einnahmen spendet die Orchesterv­ereinigung an das Kloster.
Archivfoto­s: Deutsches Juristenor­chester/Claudia Levetzow (CC) Das Deutsche Juristenor­chester besteht größtentei­ls aus Rechtsanwä­lten. Am Sonntag dirigiert Martin Lill die Musiker um 11 Uhr im St.-Thomas-Gymnasium in Wettenhaus­en. Die Einnahmen spendet die Orchesterv­ereinigung an das Kloster.
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