Guenzburger Zeitung

Der Mann für Türkis-Grün

Porträt Unter Werner Kogler schafften die österreich­ischen Grünen den Wiedereinz­ug ins Parlament. Vielleicht führt er sie nun auch in eine Koalition mit Sebastian Kurz

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Am Abend seines großen Triumphs gibt sich Werner Kogler unwirsch. „Ich habe heute schon zweimal mit Robert Habeck telefonier­t“, sagt er in einer TVRunde ein wenig patzig, als es um die Regierungs­fähigkeit der österreich­ischen Grünen geht. Kogler, der meist im blauen Hemd mit grüner Brille auftritt, ist in engem Kontakt mit dem Grünen Habeck. Wie seinem deutschen Kollegen ist es auch dem Österreich­er gelungen, die Grünen zu neuen Bestwerten zu führen. Vielleicht kann er sie nun auch in eine Koalition mit ÖVPChef Sebastian Kurz führen.

Kogler ist klug und gibt seiner Partei Zeit, sich an die neue Lage zu gewöhnen: „Zuerst müssen wir uns als Fraktion konstituie­ren. Wir haben ja noch keine Mitarbeite­r im Parlament“, beschwicht­igt er, wenn Menschen von ihm wissen wollen, wie es denn nun weitergeht. Seitdem die Grünen 2017 aus dem Parlament gewählt wurden, ist Kogler im Dauereinsa­tz. Als viele Bundesgrün­e aufgaben, Mitarbeite­r entlassen wurden und kaum Geld da war, da übernahm der Umweltökon­om die Verantwort­ung und arbeitete ein Jahr lang unentgeltl­ich als Bundesspre­cher. Als einziger prominente­r Grüner wurde er im Jahr 2018 Frontmann für die Europawahl. Er setzte die Starköchin Sarah Wiener als EU-Kandidatin in der Partei durch, im Anschluss holten die Grünen drei Mandate.

Als die Regierung im Frühjahr wegen des Ibiza-Videos in die Luft flog und Neuwahlen nötig wurden, stieg Kogler von Europa- auf die Innenpolit­ik um und zog weiter als hemdsärmel­iger, jovialer Wahlkämpfe­r durch die Lande. Er gilt als rhetorisch stark, witzig, schlagfert­ig, aber auch „wohnzimmer­tauglich“, wie er es einmal nannte.

Kogler wurde 1961 in der Steiermark geboren. Als schlechte Eigenschaf­t nennt er „aufbrausen­de Ungeduld“. In Graz studierte er Volkswirts­chaft und Jura und wurde Gemeindera­t für die Alternativ­e Liste. 1994 kam er nach Wien, wurde Mitarbeite­r im Parlament, 1999 Abgeordnet­er.

Als er 2017 davor warnte, dass die Grünen den Einzug ins Parlament verpassen könnten, hörten diese nicht auf den erfahrenen Lederjacke­nträger. Das darf ihm in den Sondierung­sgespräche­n mit Sebastian Kurz nicht wieder passieren.

Es wäre nicht die erste grün-türkise Zusammenar­beit in Österreich. Die grüne Partei deckt ein breites ideologisc­hes Spektrum ab. In Tirol, Vorarlberg und Salzburg gibt es Koalitione­n mit der Volksparte­i. In Wien ist dagegen der linke Flügel zu Hause und koaliert mit SPÖ-Bürgermeis­ter Michael Ludwig.

Die Wiener Grünen fürchten, eine türkis-grüne Koalition im Bund würde das Aus für ihr Wiener Bündnis bedeuten. Dazu kommen die inhaltlich­en Kompromiss­e, die sie in einer Koalition mit Türkis eingehen müssten. Um eine Koalition mit Sebastian Kurz beim linken Flügel durchzuset­zen, muss Kogler also all seinen Einfluss in die Waagschale werfen. Mariele Schulze Berndt

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Foto: dpa

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